Bürgerrechtler reichen Beschwerde gegen Werbung für Stalking-Apps ein
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hat am Montag bei der Bundesnetzagentur und der Europäischen Kommission Beschwerde gegen Google eingereicht – weil das Unternehmen nicht genug gegen Werbeanzeigen für sogenannte Cyberstalking-Apps unternehme. Mit solchen Apps können Personen heimlich überwacht werden. Häufig trifft das Frauen.
Die GFF hat die Beschwerden gemeinsam mit der Organisation “Ein Team gegen digitale Gewalt” eingereicht, die unter anderem Mitarbeitende von Frauenhäusern schult. Sie werfen Google vor, Bestimmungen aus dem europäischen Digital Services Act (DSA) nicht zu erfüllen. Dieser verpflichte Plattformen wie Google, “effektive Maßnahmen zu ergreifen, um das Risiko geschlechtsspezifischer Gewalt zu verringern”.
Die Organisationen kritisieren, bei der Suche nach Möglichkeiten zum Überwachen von Personen spiele Google bezahlte Werbung für sogenannte Stalking-Apps aus. Diese Werbung werde in den Suchergebnissen ganz oben angezeigt und sei explizit auf die Suchanfragen und die Nutzerinnen und Nutzer zugeschnitten.
Werbung soll zu Verbreitung von Apps beitragen
Der Google-Konzern verdiene mit Werbeanzeigen Milliarden und trage zur Verbreitung solcher Überwachungsprogramme bei – obwohl entsprechende Anzeigen auch gegen die Richtlinien von Google verstoßen würden.
Die NGOs werfen dem Unternehmen vor, es Stalkern zu erleichtern, entsprechende Apps zu finden – und “Cyberstalking und Gewalt gegen Frauen damit Tür und Tor” zu öffnen. Sogenannte Stalking-Apps werden beispielsweise verwendet, um (Ex-) Partnerinnen oder Partner heimlich zu überwachen. Vor allem treffe das Frauen.
Eingriff in Privats- und Intimsphäre
Mit den auch als Stalkerware bezeichneten Programmen können beispielsweise Chat-Nachrichten heimlich mitgelesen oder der Browserverlauf ausgelesen werden. Einige Anbieter solcher Produkte werben auch damit, den Standort eines Smartphones verfolgen zu können. Es handle sich dabei um einen massiven Eingriff in die Privats- und Intimsphäre. Eine solche Überwachung ist in Deutschland strafbar.
Laut GFF werden die Apps häufig vordergründig als Kinderschutz-Apps beworben – echte Kinderschutz-Apps hätten aber ganz andere Funktionen und seien auf dem Gerät sichtbar. Vor allem aber Die Stalking-Apps würden hingegen heimlich installiert und seien auf dem Smartphone für Betroffene nicht ersichtlich. Betroffene wüssten daher oft gar nicht, dass sie ausgespäht werden.
Das mache es schwer, gegen solche Software rechtlich vorzugehen. Die Anbieter würden in ihren Nutzungsbedingungen zudem darauf hinweisen, dass eine ausdrückliche Einwilligung der zu überwachenden Personen notwendig sei und sich damit aus der Verantwortung ziehen.
Wie die Organisationen erklären, ermöglichen entsprechende Apps Stalkern, Personen psychisch unter Druck zu setzen – was oft eine Vorstufe zu physischer Gewalt sei.
Gewalt gegen Frauen
Simone Ruf, Juristin bei der GFF und Verfahrenskoordinatorin, konstatierte: “Stalking-Apps sind ein wesentliches Instrument zur Ausübung von Gewalt gegen Frauen.” Digital ausgeübte Gewalt ende dabei oft nicht online. Sie forderte: “Große Plattformen und Suchmaschinen sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein und müssen Maßnahmen treffen, um zu verhindern, dass Stalking-Apps über ihre Dienste beworben werden.”
Isa Schaller von “Ein Team gegen digitale Gewalt” sagte: “Es ist nicht nachvollziehbar, dass Stalking-Apps überhaupt legal sind. Wer ihren Vertrieb unterstützt, spielt Stalkern und Unternehmen in die Hände. Gleichzeitig geht der Beratungsaufwand zu digitaler Überwachung durch die Decke. Betroffene und Beratungsstellen brauchen jetzt Solidarität und Unterstützung – auch von großen Tech-Firmen!”
Die Organisationen wollen mit ihren Beschwerden erreichen, dass die Europäische Kommission ein Verfahren gegen Google eröffnet. Damit soll die Bewerbung von Stalking-Apps über die Suchmaschine verhindert und so ihre Auffindbarkeit und Nutzung signifikant verringert werden.
Nach Angaben der Organisationen wächst die Zahl der Menschen, die solche Überwachungsprogramme verwenden. Sie verweisen dabei unter anderem auf Berichte von Antivirus-Anbietern. Medienberichte und Leaks bei Stalkerware-Entwicklern hätten zudem aufgedeckt, dass vor allem Männer solche Anwendungen nutzen, um ihre (Ex-) Partnerinnen zu überwachen.
Die Opferschutzorganisation Weißer Ring empfiehlt, das eigene Smartphone nicht aus der Hand zu geben – und auch keine geschenkten Geräte anzunehmen. Neue Geräte sollten selbst eingerichtet und dabei sichere Passwörter verwendet werden. (js)