Mauritius sperrt zeitweise soziale Medien
Die Regierung des Inselstaates Mauritius hat zeitweise den Zugang zu sozialen Netzwerken sperren lassen. Eigentlich sollte die Blockade bis zum Tag nach der Parlamentswahl am 10. November bestehen bleiben – doch noch am Wochenende wurde die Entscheidung zurückgenommen.
Medienberichten zufolge hatte die Telekommunikationsbehörde des Landes am Abend des 31. Oktobers die Internetprovider angewiesen, den Zugang zu sozialen Netzwerken zu blockieren.
Am Freitag bestätigte die Organisation NetBlocks, dass die Blockade umgesetzt wurde: Demnach waren die Plattformen Facebook, X (ehemals Twitter), TikTok, YouTube sowie LinkedIn über verschiedene mauritische Internetprovider nicht mehr erreichbar.
Doch bereits am Samstag erklärte die mauritische Aufsichtsbehörde, die Anordnung sei nach einer “umfassenden Überprüfung der Situation” wieder aufgehoben worden. Der Internetproviders Emtel teilte am Montag mit, der Zugang zu den Plattformen sei wieder vollständig hergestellt worden.
Felicia Anthonio von der NGO Access Now nannte die revidierte Sperranordnung einen “Sieg für die Menschenrechte”.
Ursprünglich hatte die Telekommunikationsbehörde angekündigt, die Sperre solle bis zum 11. November aufrechterhalten werden. Am 10. November finden in dem Inselstaat mit etwa 1,2 Millionen Einwohnern Wahlen statt. Der amtierende Premierminister Pravind Jugnauth strebt dabei eine zweite Amtszeit an. Er hat das Amt seit 2017 inne – zuvor war sein Vater Premierminister.
Online veröffentliche Gesprächsmitschnitte
Die Telekommunikationsbehörde hatte die Pläne für die Sperre der Plattformen mit “illegalen Postings” begründet, die eine “ernsthafte Bedrohung für die nationale Sicherheit und öffentliche Ordnung” darstellen würden.
Berichten zufolge nahm sie damit Bezug auf einen Abhörskandal im Vorfeld der Wahlen: So sollen im Oktober aufgezeichnete Unterhaltungen von Politikern, Geschäftsleuten und Mitgliedern der Zivilgesellschaft in den sozialen Medien veröffentlicht worden sein.
Laut der Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) wurden auch Telefongespräche von fünf bekannten Journalisten aus Mauritius veröffentlicht. Während der Premierminister und die Polizei behaupten, die veröffentlichten Gespräche seien mithilfe sogenannter künstlicher Intelligenz manipuliert worden, haben die betroffenen Journalisten die Echtheit gegenüber RSF bestätigt. Einer von ihnen sagte: “Die Behörden verstecken sich hinter dem Argument der künstlichen Intelligenz, weil es ihnen peinlich ist.”
Kritik an Netzsperre
Die Opposition hatte die angeordnete Social-Media-Sperre Berichten zufolge kritisiert und darin ein politisches Manöver der Regierungspartei gesehen, um eine Wahlniederlage zu verhindern.
Auch die NGO Access Now hatte Kritik geübt und gemeinsam mit weiteren Organisationen die Aufhebung der Blockade gefordert.
Access Now dokumentiert seit dem Jahr 2016 weltweit Internetsperren – Mauritius hatte demnach zuvor noch nie Dienste blockiert oder das Internet komplett abgeschaltet. Vielmehr sei das Land dafür bekannt, politische und bürgerliche Freiheiten aufrechtzuerhalten. Im März hatte die Afrikanische Menschenrechtskommission außerdem eine Resolution verabschiedet, in der zum Verzicht auf Internetsperren in Wahlzeiten aufgerufen wurde. Auch die anstehenden Wahlen in Mauritius sind darin erwähnt – das Land ist Vertragsstaat der Afrikanischen Menschenrechtserklärung.
Die NGOs kritisierte, die Blockade sozialer Medien vor der Wahl berge die Gefahr, die Menschenrechte und den demokratischen Fortschritt des Landes zu untergraben. Wähler, Medienschaffende, die Opposition und Wahlbeobachter würden daran gehindert, wichtige Informationen zu erhalten und zu verbreiten. Somit könne die Berichterstattung im Wahlzeitraum kontrolliert werden. Die Regierung könne außerdem Einfluss auf die Möglichkeit der Wählerinnen und Wähler nehmen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Das könnte die Fairness, Glaubwürdigkeit und Transparenz der Wahl beeinträchtigen.
Die Organisationen erinnerten zudem die Regierung daran, dass die Rechte auf freie Meinungsäußerung und den Zugang zu Informationen in der Verfassung des Landes garantiert werden.
Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen haben in der Vergangenheit ebenfalls auf die “dramatischen Auswirkungen” von Netzsperren aufmerksam gemacht. Die Expertinnen und Experten haben im Jahr 2022 in einem Bericht gewarnt, Netzsperren in Wahlzeiten schränkten die öffentliche Diskussion ein und erschwerten die Überwachung des Wahlprozesses. Nur “sehr selten” sei eine Blockade des Internets überhaupt verhältnismäßig. (js)