Belgien plant Atomkraftwerke bis 2025 abzuschalten
Belgien will seine Atomkraftwerke (AKWs) bis zum Jahr 2025 abschalten. Die Regierungskoalition habe sich in der vergangenen Nacht auf die Abschaltung geeinigt, berichtet die Deutsche Welle unter Berufung auf Regierungskreise. Die beiden belgischen AKWs Doel und Tihange mit insgesamt sieben Reaktoren sollen bis 2025 endgültig vom Netz gehen.
Der schrittweise Atomausstieg war in Belgien im Jahr 2003 gesetzlich festgelegt worden. Die aktuelle Regierung von Ministerpräsident Alexander De Croo (Open VLD) hatte bei ihrem Amtsantritt im Oktober 2020 angekündigt, die AKWs bis spätestens 2025 abzuschalten.
Doch im November 2021 bildete sich innerhalb der Regierung Widerstand gegen die Pläne, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) damals berichtete. Die an der Regierungskoalition beteiligte Partei Mouvement Réformateur hatte demnach dafür geworben, die Laufzeit von zwei Reaktoren um mindestens zehn Jahre zu verlängern. Auch der Bau neuer Atomkraftwerke wurde angeregt.
Die Grünen hingegen hatten auf den vereinbarten Atomausstieg bestanden. Eine Verlängerung der Laufzeit von bis zu zwei Reaktoren sei nach dem belgischen Gesetz nur möglich, wenn ansonsten die Versorgungssicherheit gefährdet sei oder ein starker Anstieg des Strompreises drohe. Dieser Fall sei jedoch nicht gegeben, hatten von der Regierung beauftragte Fachleute geurteilt.
Klage gegen Thiange 2
Nun einigte sich die Regierung auf einen Kompromiss: Etwa 100 Millionen Euro sollen in die Forschung an erneuerbaren und klimaneutralen Energien fließen – moderne Technologien für Atomkraft eingeschlossen.
In den beiden belgischen AKWs war es in der Vergangenheit wiederholt zu Störfällen gekommen. So wurden bei einer Inspektion im Jahr 2012 Risse im Druckbehälter des Reaktors Tihange 2 gefunden. Daraufhin war der Reaktor stillgelegt und erst Ende 2015 wieder hochgefahren worden. Im Jahr 2016 hatte die Städteregion Aachen zusammen mit den Städten Maastricht (Niederlande) und Wiltz (Luxemburg) sowie Personen aus den drei Staaten in Brüssel gegen den Betrieb des Reaktors Tihange 2 geklagt – sie wollten die sofortige Stilllegung erreichen, weil von dem Reaktor eine Gefährdung von Leib, Leben und Gesundheit ausgehe. Die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hatten sich der Klage im folgenden Jahr angeschlossen. Im Jahr 2020 hatte ein belgisches Gericht die Klage jedoch abgewiesen.
Streit um Atomkraft in der EU
Die Energiegewinnung aus Atomkraft ist auch in der Europäischen Union wieder Streitthema: Frankreich, Finnland und einige osteuropäische Länder wollen sowohl Atomkraft als auch Erdgas als nachhaltig einstufen lassen. Dadurch könnten öffentliche Subventionen auch für neue Atomkraftwerke und Gasprojekte genutzt werden, die bislang für regenerative Energieprojekte vorgesehen sind. Auch private Investitionen könnten dann über als nachhaltig gekennzeichnete Fonds in Atomkraft und fossiles Gas fließen.
Die Umweltministerinnen und -minister von Deutschland, Dänemark, Luxemburg, Österreich und Portugal sprachen sich gegen eine Aufnahme der konventionellen Technologien aus. Und auch Umweltverbände befürchten, eine solche Entscheidung würde die Klimaziele der EU untergraben und das Geld würde gleichzeitig bei dem Ausbau und der Förderung der regenerativen Energiegewinnung fehlen. In einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatten 129 Organisationen im November konstatiert, Atomenergie sei schon wegen der Sicherheitsrisiken, der Umweltverschmutzung und des ungelösten Abfallproblems nicht nachhaltig. (js)