Polens Präsident legt Veto gegen Mediengesetz ein
Polens Präsident Andrzej Duda hat sein Veto gegen das umstrittene Rundfunkgesetz eingelegt. Er weigerte sich am Montag, die Regelung zu unterzeichnen – so wie es ihm gesetzlich zusteht. Somit tritt das umstrittene Gesetz vorerst nicht in Kraft.
Duda begründete seine Entscheidung in einer Fernsehansprache mit abzusehenden negativen Auswirkungen auf die polnische Wirtschaft. Das Gesetz schade dem Ruf des Landes als Unternehmensstandort.
Auch sprach er die aktuelle Diskussion um die Meinungs- und Pressefreiheit an. “Menschen, mit denen ich spreche, machen sich wegen der Situation Sorgen”, sagte er. “Die meisten meiner Landsleute, die meisten meiner Mitbürger wollen keine weiteren Streitigkeiten.”
Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) begrüßte die Entscheidung. RSF-Geschäftsführer Christian Mihr stellte gegenüber Posteo fest: “Präsident Andrzej Dudas Veto ist ein gutes Zeichen angesichts der schwierigen Lage für die Pressefreiheit in Polen.” Das Projekt solle vollständig zu den Akten gelegt werden. Oppositionsführer Donald Tusk erklärte, der Druck der Straße und der Verbündeten habe etwas bewirkt.
Das Parlament hatte die umstrittene Gesetzesvorlage Mitte Dezember in einer überraschend einberufenen Sitzung verabschiedet. Rundfunklizenzen sollten dem Entwurf nach nur noch an Ausländer vergeben werden, wenn diese ihre Zentrale beziehungsweise ihren Wohnsitz im Europäischen Wirtschaftsraum haben. Der Lizenznehmer hätte auch von niemanden abhängig sein dürfen, dessen Zentrale oder Wohnsitz außerhalb des Wirtschaftsraums liegt.
Daraufhin hatten sich Zehntausende Menschen auf den Straßen polnischer Städte versammelt, um gegen die Entscheidung zu demonstrieren. Sie befürchteten eine Einschränkung der Pressefreiheit und forderten, die Medienpluralität zu bewahren.
Kritik kam auch von der EU und den USA, die das Gesetz als Bedrohung der Pressefreiheit kritisierten.
Gegen demokratische Widerstände
Duda erklärte am Montag, er stimme grundsätzlich der Intention der Regierung zu, die polnische Medienlandschaft vor Akteuren aus dem Ausland zu schützen. Doch dürften bei dem Unterfangen keine bestehenden Verträge mit Firmen und Investoren in Frage gestellt werden.
Der von der national-konservativen PiS-Partei dominierte Sejm, das Unterhaus des Parlaments, hatte das Gesetz schon einmal im August abgenickt. Im September war der Entwurf aber zunächst im von der Opposition kontrollierten Senat gescheitert. Rechtsexperten und der juristische Dienst hatten ihn zuvor als Verstoß gegen die polnische Verfassung, EU-Verträge und ein polnisch-amerikanisches-Handelsabkommen eingestuft.
Der Sejm hatte Mitte Dezember den Senat dennoch mit einfacher Mehrheit überstimmt – und das Gesetz dem Präsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt.
Angriff auf kritische Medien
Kritiker warfen der Regierung vor, gezielt gegen die private Sendergruppe TVN vorzugehen. Deren Nachrichtensender TVN24 ist einer der erfolgreichsten des Landes, gilt als regierungskritisch und steht im Kontrast zu dem staatsnahen Programm von TVP.
TVN gehört zum US-amerikanischen Medienkonzern Discovery und wäre somit unter die geplante Regelung gefallen. Bei Inkrafttreten des Gesetzes hätten die Inhaber innerhalb von sechs Monaten ihre Kontrollmehrheit verkaufen müssen.
Duda begründete seine Entscheidung auch mit Streit in den polnisch-US-amerikanischen Beziehungen. Die Regierung in Washington begrüßte sein Veto. Der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, bezeichnete das Vorgehen als “positives Signal”.
Ausgang unklar
Das von Kritikern “Lex TVN” genannte Gesetz war Teil der von der Regierungspartei PiS propagierten “Repolonisierung” der Medien. Duda forderte nun den Sejm auf, geeignete Lösungen zu finden, um den Einfluss ausländischer Unternehmen auf die Medien in Polen zu begrenzen. Die Gesetzgebung dürfe nicht auf bestehende Verträge mit Unternehmen und Investoren angewandt werden.
Der Sejm könnte das Veto des Präsidenten mit einer Dreifünftelmehrheit zwar überstimmen. Duda erklärte diese Möglichkeit aber für nicht denkbar angesichts der aktuellen Kräfteverhältnisse.
In der Rangliste der Pressefreiheit fiel Polen innerhalb von fünf Jahren seit dem Regierungsantritt der PiS-Partei um zahlreiche Ränge zurück: von ehemals Platz 18 auf nun Platz 64 von 180. (hcz)