Bundesrat fordert Strafen für "bösartige" Deepfakes
Der Bundesrat hat am vergangenen Freitag einen Gesetzentwurf zum strafrechtlichen Schutz von Persönlichkeitsrechten vor sogenannten Deepfakes beschlossen. Vorgesehen ist dabei eine Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Nun muss der Bundestag darüber entscheiden.
Unter Deepfakes werden realistisch wirkende Bilder, Videos und Audioaufnahmen verstanden. Diese gefälschten Inhalte werden mithilfe von Techniken wie sogenannter künstlicher Intelligenz (KI) erstellt. Der Bundesrat erklärte, es könnten beispielsweise Videos eines Ereignisses so manipuliert werden, dass sie Personen zeigen, die nicht zugegen waren.
Der nun beschlossene “Entwurf eines Gesetzes zum strafrechtlichen Schutz von Persönlichkeitsrechten vor Deepfakes” geht auf eine Initiative des Bundeslandes Bayern zurück.
Neuer Straftatbestand
Der Entwurf sieht die Einführung einer neuen Vorschrift im Strafgesetzbuch (StGB) vor, die auf “Deepfakes und vergleichbare technische Manipulationen” zugeschnitten ist. Konkret vorgesehen ist eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe, wenn das Persönlichkeitsrecht einer anderen Person verletzt wird, indem ein “mit computertechnischen Mitteln” manipulierter Medieninhalt einer dritten Person zugänglich gemacht wird. Der gefälschte Inhalt muss dabei “den Anschein einer wirklichkeitsgetreuen Bild- oder Tonaufnahme des äußeren Erscheinungsbildes, des Verhaltens oder mündlicher Äußerungen” der betroffenen Person erwecken – das gilt auch für bereits Verstorbene.
Wird ein solch manipulierter Inhalt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, soll das sogar mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldbuße geahndet werden. Das gilt auch für Inhalte, die “einen Vorgang des höchstpersönlichen Lebensbereichs zum Gegenstand” haben.
Ausnahmen sind unter anderem für Kunst, Wissenschaft, Forschung oder die “Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens” vorgesehen.
Gefälschte Nacktaufnahmen
Begründet wird die vorgeschlagene Neuregelung damit, dass Deepfakes erhebliche Gefahren für individuelle Persönlichkeitsrechte und Vermögenswerte, aber auch den demokratischen Willensbildungsprozess bergen.
Im Entwurf wird darauf verwiesen, dass beispielsweise Frauen und Mädchen durch die Manipulation von Bildern und Videos – in denen etwa Gesichter oder andere Körperteile ausgetauscht sowie Gestik, Mimik und Stimme nachgeahmt werden – in einen nicht gewollten, sexuellen Kontext gesetzt werden (sogenannte Deepnudes). Dabei handle es sich um den bisher häufigsten Einsatzbereich von missbräuchlichen Deepfakes: 90 Prozent der im Internet verbreiteten Deepfakes stammen demnach aus dem Bereich der Pornografie. Als Ausgangsmaterial für die Fälschungen wird etwa unverfängliches Bildmaterial aus sozialen Netzwerken missbraucht.
Weil Täter häufig von einem Bedürfnis nach Rache und Macht geleitet seien, würden die Aufnahmen vielfach im Internet veröffentlicht – und so eine “breitenwirksame Schädigung” erzeugt. Für die betroffenen Frauen würden sich die Auswirkungen kaum von einer Situation unterscheiden, in der reale Nacktaufnahmen unbefugt verbreitet werden.
Betroffene müssten damit rechnen, noch jahrelang mit dem Material in Verbindung gebracht zu werden. Außerdem könnten sie sich nie sicher sein, dass die Bilder oder Videos nicht mehr im Internet verfügbar sind.
Zudem ließen sich mit Deepfakes beispielsweise Personen diskreditieren. Auch Schockanfrufe durch künstlich imitierte Stimmen ließen sich durchführen – etwa zu Betrugs- oder Erpressungszwecken wie dem “Enkeltrick”. Betrüger geben sich dabei am Telefon als Verwandte aus, täuschen eine Notlage vor und bitten um kurzfristige Geldzahlungen.
Der neue Straftatbestand für Deepfakes soll nach dem Willen des Bundesrates geschaffen werden, weil das bestehende Strafrecht das Phänomen bisher nur in Teilaspekten erfasse.
Verbreitung gefälschten Videos wurde gerichtlich untersagt
Anfang des Jahres hatte bereits das Landgericht Berlin zu einem fingierten Video, das mithilfe von sogenannter künstlicher Intelligenz erstellt wurde, entschieden. Die Künstlergruppe “Zentrum für politische Schönheit” darf demnach das von ihr erstellte Video mit einem gefälschten Bundeskanzler Olaf Scholz nicht mehr verbreiten. Das fingierte Video hatte den Anschein einer offiziellen Erklärung von Scholz an die Öffentlichkeit vermitteln sollen. Der falsche Kanzler verkündete darin, einen Verbotsantrag gegen die AfD initiiert zu haben.
Ebenso wie die Bundesregierung und der Bundestag kann der Bundesrat Gesetzentwürfe vorschlagen. Der aktuelle Gesetzentwurf wird nun in den Bundestag eingebracht, der dann darüber entscheidet. Zuvor bekommt die Bundesregierung Gelegenheit zur Stellungnahme. Es ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, wie schnell sich der Bundestag mit dem Entwurf befassen muss.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung in einer begleitenden Entschließung außerdem, Programme zur Erkennung und Kennzeichnung von Deepfakes auf den Weg zu bringen und zu unterstützen. Zudem sei die regelmäßige Evaluierung der Gesetze zu künstlicher Intelligenz und die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle für kleine und mittlere Unternehmen für Fragen zur Erkennung, Kennzeichnung und Beratung in rechtlichen Fragen wünschenswert. (js)