Bundesregierung muss Facebook-Seite schließen

Facebook-Seite der Bundesregierung
Die Facebook-Seite der Bundesregierung hat über eine Million Follower. (Screenshot: facebook.com/Bundesregierung)

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hat die Schließung der Facebook-Seite der Bundesregierung angeordnet. Ein entsprechender Bescheid sei Anfang dieser Woche an das zuständige Bundespresseamt versendet worden, teilte die Datenschutzbehörde am Mittwoch in Berlin mit. Aus Kelbers Sicht ist ein datenschutzkonformer Betrieb der Seite nicht möglich. Bereits seit Jahren fordert der Datenschützer deswegen Bundesbehörden auf, ihre Facebook-Präsenzen abzuschalten.

In dem Bescheid untersagt Kelber dem Bundespresseamt den Betrieb der Facebook-Seite der Bundesregierung. Diese müsse innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Schreibens geschlossen werden.

Kelber kommentierte: “Ich habe lange darauf hingewiesen, dass der Betrieb einer Facebook-Fanpage nicht datenschutzkonform möglich ist.” In diesem Zusammenhang verwies er auf Untersuchungen seiner Behörde sowie ein Kurzgutachten der Datenschutzkonferenz, in der auch die Landesdatenschutzbeauftragten vertreten sind.

Kelber erklärte, das Bundespresseamt müsse als Verantwortlicher nachweisen können, dass die Grundsätze des Datenschutzrechts eingehalten werden. Einen solchen Nachweis habe das Amt im Verfahren “nicht zur aufsichtsbehördlichen Überzeugung erbringen” können.

DSGVO-Verstöße

In dem Bescheid wirft die Datenschutzbehörde dem Bundespresseamt einen Verstoß gegen die in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) festgeschriebene Rechenschaftspflicht vor. Seit mindestens Mai 2018 betreibe das Bundespresseamt die Facebook-Fanpage der Bundesregierung, ohne die Einhaltung der Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten nachweisen zu können.

Das Bundespresseamt habe außerdem gegen die DSGVO verstoßen, weil auf der Facebook-Seite personenbezogene Daten erhoben und an den Facebook-Anbieter Meta übermittelt werden. Kelber sieht hierfür keine “wirksame Rechtsgrundlage” gegeben.

Weiterhin habe das Bundespresseamt “fahrlässig” gegen das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) verstoßen. Demnach müsse für die Verwendung nicht unbedingt erforderlicher Cookies und ähnlicher Trackingtechnologien eine Einwilligung der Nutzerinnen und Nutzer eingeholt werden. Nach Ansicht des Datenschutzbeauftragten wird diese Einwilligung bei den Facebook-Fanpages aber nicht wirksam eingeholt.

Bundespresseamt kann Klage einreichen

Das Bundespresseamt hat nun vier Wochen Zeit, um die Anordnung umzusetzen oder dagegen zu klagen – dann müsste ein Gericht entscheiden.

Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sieht für den vorliegenden Fall keine Vollstreckungsmaßnahmen für den Bundesdatenschutzbeauftragen vor. Ein Behördensprecher erklärte auf Anfrage von Posteo, man sei “genau zu diesem Punkt bei der Überarbeitung des BDSG auch mit dem Innenministerium im Gespräch, um diese (vermutlich europarechtswidrige) Lücke zu schließen”.

Eine Sprecherin des Bundespresseamtes sagte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, der Bescheid werde eingehend und sorgfältig geprüft. “Auf Grundlage dieser Prüfung werden wir innerhalb der vom Bundesdatenschutzbeauftragten gesetzten Frist über die nächsten Schritte entscheiden.” Der Facebook-Auftritt sei ein wichtiger Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung, an dem man zunächst bis zum Abschluss der Prüfungen festhalten werde.

Die sozialen Medien ermöglichten einen unmittelbaren und schnellen Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern, der gerade in Krisenzeiten besonders wichtig sei, sagte die Sprecherin weiter. “In dem Verfahren (…) geht es um die Klärung grundsätzlicher, komplexer Sach- und Rechtsfragen zum europäischen Datenschutzrecht, die im Ergebnis jeden Betreiber einer Facebook-Seite in der EU betreffen können: nicht nur staatliche Stellen, sondern auch private Unternehmen.” Das Bundespresseamt werde sich an diesem Klärungsprozess beteiligen.

Kelber erklärte: “Ich finde es wichtig, dass der Staat über soziale Medien erreichbar ist und Informationen teilen kann.” Das dürfe er aber nur, wenn die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger gewahrt bleiben.

Kelber hatte Bundesministerien bereits im Mai 2019 darauf hingewiesen, dass ein datenschutzkonformer Betrieb der Facebook-Seiten nicht möglich sei. Im Sommer 2021 hatte der Datenschutzbeauftragte dann alle öffentlichen Stellen des Bundes aufgefordert, ihre Facebook-Seiten bis zum Ende des Jahres zu schließen. Schon damals hatte Kelber angekündigt, von in der DSGVO geregelten “Abhilfemaßnahmen” Gebrauch zu machen, sollten die Behörden seiner Empfehlung nicht nachkommen.

Facebook hatte daraufhin auf Wunsch des Bundespresseamtes die Statistikfunktion “Facebook-Insights” deaktiviert – das reichte Kelber aber nicht aus. Denn die Nutzungsdaten würden weiterhin verarbeitet, es würden den Seitenbetreibern lediglich keine daraus erstellten Statistiken mehr ausgespielt. (dpa / js)