Club of Rome: Drastische Schritte zur Rettung des Planeten notwendig

Jakarta
Geld müsste in der Gesellschaft gleichmäßiger verteilt werden, wenn die Erderwärmung 2 Grad Celsius nicht überschreiten soll. (Quelle: IMAGO / NurPhoto)

Als “Survivalguide für unseren Planeten” soll der neue Bericht im Auftrag der Denkfabrik Club of Rome dienen. Das Autoren-Team beschreibt darin Maßnahmen, wie die Klimakatastrophe noch abgemildert werden kann: Soziale Ungleichheiten müssten weltweit abgebaut und Vermögen gleichmäßiger verteilt werden. Dann könnten Gesellschaften die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels noch in den Griff bekommen – und die weltweite Erderwärmung könnte unter der kritischen 2-Grad-Marke gehalten werden.

Eine zentrale These des am Dienstag vorgestellten Berichts "Earth for All" lautet, dass die Klimakrise und soziale Ungleichheiten im Zusammenhang stehen. Zu beobachten sei, dass vom Klimawandel verursachte Katastrophen wie Dürren, Überschwemmungen und Hungersnöte zunehmend Armut verursachen. Die Umweltprobleme verschärften sich in ärmeren Staaten noch, wenn diesen das Geld für Klimaschutzmaßnahmen fehle.

Auch in wohlhabenden Ländern wie Deutschland würde die ungleiche Verteilung von Vermögen den Klimawandel antreiben: Menschen mit niedrigem Einkommen würden eine klimafreundliche Politik ablehnen, wenn sie die Kosten dafür tragen müssen.


"Wir stehen am Scheideweg", erklärte Mitautor und Klimastrategieforscher Jørgen Randers. Entweder werde weitergemacht wie bislang, also “zu wenig, zu spät” gehandelt. Oder die Menschheit vollzöge unverzüglich einen “Riesensprung”. Gemeint ist damit ein tiefgreifender Wandel, unter anderem in den Bereichen Wirtschaft, Energie und Nahrungsmittel.

Die Studie wolle Regierungen “klare Empfehlungen” für die Bekämpfung des Klimawandels und den miteinander verknüpften Krisen der Welt geben, sagte Mitautorin Dixson-Declève gegenüber der Deutschen Welle.

“Kehrtwenden” nötig

An dem Bericht haben außer dem Club of Rome auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, die gemeinnützige schwedische Forschungseinrichtung Stockholm Resilience Centre und die private norwegische Wirtschaftshochschule Norwegian Business School mitgewirkt.

Zwar sprechen die Autoren viele Warnungen aus, etwa vor dem Zusammenbruch gesellschaftlicher und staatlicher Strukturen auf regionaler Ebene, doch lautet die Botschaft auch, dass die anstehenden Probleme zu bewältigen sind, wenn der nötige Wandel einsetzt.

Es gehe darum, “eine Wirtschaft aufzubauen, die innerhalb der planetarischen Grenzen funktioniert”, erklärte Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Der Umbau müsse “noch in diesem Jahrzehnt” beginnen.

Es müsse “Kehrtwenden” in fünf Schlüsselbereichen geben: bei Armut, Ungleichheit, Ernährung, Energie und der Ermächtigung von Frauen. Konkret heißt das beispielsweise, dass fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Erdgas durch erneuerbare Energien ersetzt werden müssten. Bis 2050 müsse ein Netto-Null-Emissions-Ziel erreicht werden. Lebensmittel sollen aus lokaler Produktion stammen und weniger verschwendet werden.

Grundeinkommen, Bildung und Gesundheit müssten von Staaten stärker gefördert werden. Durch Bürgerfonds sollen größere Teile der Bevölkerung am Reichtum beteiligt werden. Frauen müssten gefördert werden, um bis 2050 die volle Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen.

Auf internationaler Ebene müssten Weltbank, Internationaler Währungsfonds und Welthandelsorganisation so reformiert werden, dass sie Investitionen in Klima, Nachhaltigkeit und Wohlergehen unterstützen. Vermögende Staaten müssten ärmeren die Schulden erlassen.

Laut Autoren könnte auf diesem Weg nicht nur die Armut reduziert, sondern auch die Erderwärmung unter 2 Grad Celsius gehalten werden.

Reiche zur Kasse

Zu den nötigen Maßnahmen gehöre auch, dass “die Reichen die Rechnung zahlen”, so Randers. Gemeint sind die wohlhabendsten 10 Prozent der Weltbevölkerung, die etwa die Hälfte des weltweiten Einkommens auf sich vereinen. Etwa zwei bis vier Prozent des globalen Einkommens würden ausreichen, um die nötigen Klimaschutz- und Sozialmaßnahmen zu finanzieren.

Die Autoren schlagen unter anderem höhere Steuern für die reichsten Menschen in allen Ländern vor, um die soziale Ungleichheit zu mindern: auf Immobilien, Vermögen, Erbschaften, Firmengewinne und hohe Arbeitseinkommen. So könne sichergestellt werden, dass die reichsten 10 % nicht mehr als 40 % des nationalen Einkommens erhalten.

Wenn alles so bleibt

Sollten diese Veränderungen nicht stattfinden, würden Gesellschaften dysfunktional und es drohten politische Destabilisierung und Stagnation, warnen die Autoren. Extreme Armut würde sich ausbreiten, Populismus und autoritäre Regierungen bekämen weiter Aufwind. Um den Folgen des Klimawandels zu entgehen, würden mehr Menschen migrieren.

Gesellschaften wären in diesem Szenario unfähig, auf den Klimawandel angemessen zu reagieren, prognostiziert der Bericht. Staaten würden sich in dieser Situation eine strikte Sparpolitik auferlegen. Die Erderwärmung würde 2 Grad Celsius überschreiten.

50 Jahre “Die Grenzen des Wachstums”

Der Club of Rome ist ein weltweiter Zusammenschluss von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen und Länder. Aufmerksamkeit erregte die Organisation im Jahr 1972, als sie den Bericht "Die Grenzen des Wachstums" veröffentlichte – und darin die Grundfesten des ständigen Wachstums der Wirtschaft, der Bevölkerung und des Konsums in Frage stellte. Die Autoren warnten damals davor, dass Lebensqualität, Umwelt und Ökonomie im 21. Jahrhundert einbrechen würden, sollte sich die globale Wirtschaftsweise nicht verändern.

Nicht alle Prognosen der damaligen Untersuchung sind exakt eingetreten, doch Tendenzen haben sich bestätigt: Unter anderem gehörten Nahrungsmittel- und Ressourcenknappheit zu den 1972 prognostizierten Negativszenarien.

Mit dem neuen Bericht hat der Club of Rome seine Warnungen wiederholt und aktualisiert. Doch besteht nun dringlicherer Handlungsbedarf als noch vor 50 Jahren. (hcz)