Streaming-Tipp: Die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi
Die iranische Aktivistin Narges Mohammadi hat den diesjährigen Friedensnobelpreis erhalten. Sie ist eine der bekanntesten Menschenrechtsaktivistinnen im Iran. Das norwegische Nobelkomitee zeichnete sie unter anderem für ihren “Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen” im Iran aus. Bei der Verleihung Anfang Dezember in Oslo konnte die 51-Jährige jedoch nicht selbst anwesend sein – denn sie sitzt in ihrer Heimat seit 2021 erneut im Gefängnis.
“Mir ist heiß, es ist so stickig. Das Atmen fällt mir schwer. Ich bin nicht gesund. Ist es Tag, Nacht? Die Zeit steht still. Ihr habt alles getan, um mich zu brechen. Meinen Willen, meinen Kampf zu unterdrücken. Mich zum Schweigen zu bringen. Es wird euch nicht gelingen.” Mit diesen Worten beschreibt Mohammadi ihre Haft im berüchtigten Ewin-Gefängnis. Und mit dieser Nachricht beginnt auch die neue Dokumentation “Unbreakable – Mein Freiheitskampf im Iran” von Katja Deiß und Narges Mohammadi selbst, die derzeit in der ARD-Mediathek angeschaut werden kann.
Der Film ist einerseits ein Porträt der Menschenrechtsaktivistin, das beispielsweise Rückblenden in eine Zeit umfasst, als sie noch vereint mit ihrer Familie in Teheran lebte. Zugleich dokumentiert der Film Mohammadis Engagement und illustriert so ihren Mut. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den vergangenen Jahren und ihrer Arbeit zur sogenannten “Weißen Folter”. Dabei kommen Wegbegleiter, ihre Familie und Folteropfer zu Wort.
Ausschnitte aus Mohammadis Dokumentarfilm
Mindestens 13 Mal hat das iranische Regime Narges Mohammadi inzwischen verhaften lassen. Fünfmal wurde sie verurteilt – zu insgesamt 31 Jahren Gefängnis. Als sie im Oktober 2020 nach mehr als fünf Jahren Haft gegen Kaution aus dem Gefängnis entlassen wurde, nahm sie ihre Arbeit direkt wieder auf, obwohl sie damit eine erneute Inhaftierung riskierte: Sie verabredete sich mit anderen ehemaligen Häftlingen, um eine Dokumentation über “Weiße Folter” zu drehen – Foltermethoden, die auf die Psyche der Opfer abzielen. Sie selbst war dieser in Einzelhaft ausgesetzt.
In den letzten Filmaufnahmen in Freiheit berichtet Mohammadi, wie sie mit anderen Aktivistinnen und Aktivisten gegen die Verhängung von Einzelhaft klagt. Bevor sie und ihre Begleiter die Justizbehörde erreichen, müssen sie mit dem Filmen aufhören. Denn ohne Genehmigung darf im Iran nicht einfach gefilmt werden. Auch das verdeutlicht welche Gefahr ihre Arbeit birgt.
Mohammadi hatte Regimegegner interviewt, die Opfer der “Weißen Folter” wurden. Diese Arbeit störte die Behörden: Die Wohnungen aller Team-Mitglieder in Teheran wurden durchsucht. Von den Dokumentarfilmern gemachte Aufnahmen zeigen die durchwühlten Zimmer. Das Filmmaterial konnte schließlich aus dem Iran ins Ausland geschmuggelt werden, doch Mohammadi selbst blieb in ihrer Heimat – und wurde erneut inhaftiert.
Folteropfer berichten
In der Dokumentation berichtet Mohammadi über die Bedingungen in den kleinen Einzelzellen, in denen es häufig kein Tageslicht gibt. Die Häftlinge sollen zu falschen Geständnissen gezwungen werden, aufgrund derer ihnen teils die Todesstrafe droht – und gegen die sich Mohammadi ebenfalls einsetzt.
Auch Folteropfer sprechen selbst in der Dokumentation und zeigen eindrucksvoll, welche Folgen diese haben kann: Die britisch-iranische Aktivistin Ghoncheh Ghavami berichtet beispielsweise, im Gefängnis sei die Türe ihrer Zelle immer wieder unvorhersehbar geöffnet worden, sodass keine Privatsphäre geblieben sei. Auch in Freiheit habe sie danach ständig gefürchtet, jemand würde in ihr Zimmer kommen. Sie war im Jahr 2014 verhaftet worden, weil sie bei einem Volleyballturnier von Männermannschaften zusehen wollte.
Im Laufe der Dokumentation werden außerdem wiederholt Mohammadis eigene Nachrichten aus dem Gefängnis verlesen und vermitteln den Zuschauerinnen und Zuschauern ein persönliches Bild der Friedensnobelpreisträgerin. Denn sie erklärt beispielsweise, sie habe sich bewusst entschieden, im Iran zu bleiben – auch wenn das Regime sie gern loswerden würde. Sie bedaure aber auch, nicht bei ihren Kindern sein zu können, die gemeinsam mit ihrem Mann in Frankreich im Exil leben.
In der Dokumentation kommt auch Mohammadis Familie zu Wort. Ihre Tochter Kiana sagt beispielsweise, sie sei froh, dass ihre Mutter am Leben sei – habe aber nicht die Hoffnung, sie noch einmal wiederzusehen. Sie und ihr Bruder Ali haben zuletzt vor einem Jahr mit ihrer Mutter sprechen können.
Mohammadi macht Misshandlung von Demonstrierenden öffentlich
Neben diesem persönlichen Porträt steht auch die Arbeit der Frauenrechtsaktivistin im Mittelpunkt der Dokumentation. Neben ihrem Einsatz gegen psychische Folter kommt dabei auch ihr Kampf für Frauenrechte zur Sprache. Als sie beispielsweise im November 2023 aus der Haft ins Krankenhaus muss, will die Gefängnisleitung sie zwingen, auf der Fahrt dorthin ein Kopftuch zu tragen. Mohammadi tritt in den Hungerstreik – und darf letztlich ohne Kopftuch ins Krankenhaus. Ein kleiner Sieg gegen das Regime, wird im Film konstatiert.
Dass Mohammadi ihr Engagement selbst in Haft nicht aufgegeben hat, zeigt auch ein weiteres Beispiel: So gelang es ihr, im Dezember 2022 Misshandlungen von Frauen öffentlich zu machen, die während der landesweiten Proteste verhaftet wurden. Der Film macht klar: Auch wenn sie weggesperrt wird, ist sie nicht bereit zu schweigen.
Mit “Unbreakable” ist eine Dokumentation gelungen, die Mohammadis Geschichte erzählt und dabei sehr aktuell ist. Gleichzeitig kommt sie in Form von älteren Interviews und von ihr verfassten Notizen selbst zu Wort. Und so endet der Film auch mit ihrer Botschaft: “Ich erwarte von euch allen, Menschen von autoritären Regimen zu befreien, von religiösen und frauenfeindlichen.”
Die knapp 30-minütige Dokumentation “Unbreakable – Mein Freiheitskampf im Iran” ist noch bis zum 10. Dezember 2025 in der ARD-Mediathek verfügbar. (js)