DUH geht erfolgreich gegen vermeintliche Klimaneutralität vor

Label CO2-neutral
Die Drogeriekette dm will künftig auf den Begriff “klimaneutral” in der Werbung verzichten. (Quelle: IMAGO / Panthermedia)

Die Umweltschutzorganisation Deutsche Umwelthilfe (DUH) konnte diese Woche zwei juristische Erfolge gegen falsche Klimaschutzversprechen für sich verbuchen: Vor dem Landgericht Hamburg hat der Konsumgüterkonzern Beiersdorf am Dienstag eine einschlägige Unterlassungserklärung unterzeichnet. Die Drogeriemarktkette dm hat sich am Mittwoch vor dem Landgericht Karlsruhe ebenfalls dazu bereit erklärt, eine Unterlassungserklärung wegen der Nutzung des Begriffs “klimaneutral” abzugeben.

In beiden Fällen hatte die DUH den Unternehmen sogenanntes Greenwashing vorgeworfen, also das Vortäuschen umwelt- und klimafreundlichen Verhaltens. Sie hätten die Verbraucherinnen und Verbraucher “irreführend und unzureichend” darüber informiert, wie die beworbene Klimaneutralität jeweils zustande kommt, so die DUH.

Beiersdorf hat sich nun dazu verpflichtet, den Kundinnen und Kunden mehr Informationen zu seinen verwendeten CO2-Kompensationsprojekten zur Verfügung zu stellen. In der Werbung sollen Links die Verbraucher auf Informationsseiten führen, die Auskunft über die zur Kompensation verwendeten Projekte geben.

Der DUH zufolge ist der Konzern mit seiner Unterlassungserklärung einer vom Gericht angekündigten Verurteilung in drei von vier Klageanträgen zuvor gekommen. Die Firma habe nun bis Ende August Zeit, Produktlabels anzupassen.

In dem Verfahren gegen die Drogeriekette dm ging es ebenfalls um das Werben mit vermeintlicher Klimaneutralität. Der Konzern will sich nun dazu verpflichten, auf den Begriff in seiner Werbung zu verzichten. Die DUH erklärte, sie habe zuvor im Verfahren umfangreich unter Beweis gestellt, dass ein von dm unterstütztes Waldschutzprojekt in Peru nicht die versprochene CO2-Kompensation erbringt.

“Umweltneutral”

Der Streit zwischen der DUH und dm ist damit aber noch nicht beigelegt. Denn die Ladenkette möchte weiterhin den Begriff “umweltneutral” auf seinen Produkten verwenden dürfen. Er ist laut der DUH inzwischen auf rund 100 Produkten zu finden. Bei der Produktion entstandene Umweltschäden sollen angeblich durch Naturschutzprojekte ausgeglichen werden.

“Tatsächlich werden aber nur einige Umweltbestandteile betrachtet”, kritisiert die Organisation. Die Nachteile für die Umwelt würde dm real nicht vollumfänglich kompensieren.

“Mit der Bewerbung von Produkten als ‘umweltneutral’ betreibt die Drogeriemarktkette dm eine noch dreistere Verbrauchertäuschung, die wir nicht akzeptieren können und werden”, kündigte der Bundesgeschäftsführer der DUH, Jürgen Resch, an. Vor Gericht sei deutlich geworden, dass dm die behauptete Kompensation nicht nachweisen kann. "Wer mit Umweltneutralität wirbt, muss die Umweltauswirkungen der eigenen Produkte auch tatsächlich neutralisieren. Statt das zu tun, wird für den Verbraucher weder klar, wie hoch die Umweltbelastung durch das Produkt selbst ist, noch wie die Umweltauswirkungen und ihre Kosten berechnet und welche Auswirkungen tatsächlich berücksichtigt werden“, so Resch weiter.

Am 19. Juli soll das Gericht seine Entscheidung in dem Fall verkünden – sofern dm bis Ende Juni zu dieser Aussage nicht auch eine Unterlassungserklärung abgibt.

Weitere Verfahren anhängig

Im Mai 2022 hatte die DUH Unterlassungsaufforderungen an Beiersdorf, dm und sechs weitere Unternehmen verschickt: darunter unter anderem die Ölkonzerne TotalEnergies, BP und Shell. Drei der kontaktierten Firmen hätten sich daraufhin dazu verpflichtet, ihr Werbeverhalten zu unterlassen. Fünf Fälle übergab die DUH an Gerichte.

Mitte Januar 2023 hatte die DUH dann auch Unterlassungsaufforderungen an den Lebensmittel-Lieferdienst HelloFresh, die Fluggesellschaft Eurowings, den Büromaterialvertreiber Faber-Castell, die Supermarktkette Netto, das Lebensmittelunternehmen Danone, den Flüssiggasanbieter Tyczka Energy und die GmbH des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln versendet. Ihnen warf oder wirft die DUH ebenfalls vor, Produkte oder das gesamte Unternehmen als “klimaneutral” beziehungsweise “CO2-neutral” zu bewerben, ohne nachvollziehbar zu erklären, wie dies erreicht wird. Zudem bewertet die DUH einige unterstützte Klimaprojekte als untauglich.

Im Mai versendete sie entsprechende Aufforderungen auch an die Füchse Handball Berlin GmbH, den Lieferdienst Gorillas, die Intelligent Apps GmbH, sowie an die Kaffee-Unternehmen Lavazza Deutschland und UniCaps sowie an den Brennstoffhändler Beer Energien. Insgesamt hat die DUH inzwischen gegen 21 Unternehmen juristische Verfahren eingeleitet, um sie daran zu hindern, weiterhin mit vermeintlicher Klimaneutralität zu werben.

EU will neue Regeln festlegen

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sieht eigentlich die Politik in der Pflicht, gegen falsche Klimaschutzversprechen und mangelhafte Transparenz vorzugehen. Er sagte: “Während wir uns vor Gericht für den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern einsetzen, lassen Bundesministerin Steffi Lemke und minister Marco Buschmann nicht erkennen, dieses Ziel ernst zu nehmen. EU-Kommission und EU-Parlament haben strengere Vorgaben zum Schutz vor Greenwashing mit vermeintlicher Klimaneutralität vorgeschlagen, denen die Bundesregierung im Rat folgen sollte.”

Nach dem Willen des EU-Parlaments müssen Unternehmen in Zukunft anhand einheitlicher Kriterien beweisen, dass Werbeversprechen wie “umweltfreundlich” und “klimaneutral” der Wahrheit entsprechen. Zudem sollen Behauptungen zur Umweltfreundlichkeit eines ganzen Produkts, die aber nur auf einen Produktteil zutreffen, ganz verboten werden. Es sollen auch nur noch Nachhaltigkeitssiegel zugelassen werden, die auf offiziellen Zertifizierungssystemen beruhen oder von staatlicher Seite eingeführt wurden. Das Parlament verhandelt aktuell noch mit den EU-Staaten über die letzten Details der Regelung. Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen wie Foodwatch befürchten, dass das Verbot noch scheitern könnte. (hcz)