England: Algorithmus sollte Abschlussnoten festlegen

Gavin Williamson
Bildungsminister Gavin Williamson hat sich bei den Schülerinnen und Schülern entschuldigt. (Quelle: Kuhlmann – CC BY 3.0)

Aufgrund der Corona-Pandemie wurden die Abschlussprüfungen an englischen Schulen abgesagt. Die Noten für die höheren und mittleren Abschlüsse (A-Levels und GCSE) sollte ein Algorithmus anpassen. Nach Protesten gegen diese Entscheidung hat Bildungsminister Gavin Williamson am Montag erklärt, dass nun doch die Lehrkräfte die Noten vergeben. Mehr als Hunderttausend englischen Schülern hätte der Algorithmus schlechtere Noten gegeben.

Da die Schulen in den vergangenen Monaten geschlossen waren und die Prüfungen abgesagt wurden, hatte die für die Prüfungen zuständige Behörde Ofqual Bewertungen der Lehrkräfte eingeholt. Sie sollten angeben, welche Noten ihre Schülerinnen und Schüler voraussichtlich erreichen würden. Diese Noten hatten laut Ofqual allerdings über den durchschnittlichen Ergebnissen der vergangenen Jahre gelegen. Deshalb sollte ein eigener Algorithmus sie automatisch anpassen. Als Basis dafür dienten außer der Lehrereinschätzung frühere Prüfungen der einzelnen Schüler sowie der Notendurchschnitt der Schulen in den vergangenen drei Jahren.

Fast 40 Prozent aller A-Level-Noten fielen daraufhin schlechter aus, hatte der Guardian Anfang August berichtet. Fast 300.000 Abschlüsse wurden somit angepasst. Viele Schülerinnen und Schüler hatten sich zuvor mit den Vorabnoten erfolgreich bei Universitäten beworben, hatten nach der Korrektur aber nicht mehr die erforderlichen Noten.

Algorithmus bevorzugt Privatschüler

Der Algorithmus hatte vor allem Schüler von Privatschulen bevorzugt. In sozial schwächeren Gebieten hingegen wurden Noten häufiger nach unten korrigiert. So hatte der Algorithmus mehr als 10 Prozent dieser Schüler, die von ihren Lehrern mit C bewertet wurden, mindestens eine Note schlechter eingestuft. Zwar hatte die Ofqual Kriterien veröffentlicht, nach denen Schüler und Schulen Widerspruch einlegen konnten, diese Möglichkeit aber wenig später wieder zurückgezogen.

In England hatte sich Widerstand gegen das als ungerecht empfundene Vorgehen der Regierung geformt. Nach Bekanntgabe der angepassten Noten am vergangenen Donnerstag protestierten Schülerinnen und Schüler vor dem Bildungsministerium. Außerdem wurden Klagen gegen Ofqual vorbereitet.

Schottland verzichtet auf Algorithmus

Bildungsminister Williamson und die zuständige Behörde haben sich inzwischen bei Schülern und Eltern entschuldigt. Die Noten für A-Level und GCSE werden nun aufgrund der von Lehrkräften eingereichten Bewertungen vergeben, schreibt der Guardian. Vergangene Woche hatte schon Schottland die automatische Anpassung der Noten zurückgenommen, Wales folgte. Auch in Nordirland werden nun die mittleren Schulabschlüsse auf Basis der Benotungen durch die Lehrkräfte vergeben. Die A-Level-Ergebnisse sollen unverändert bleiben.

Die Entscheidung der Regierung dürfte viele Schülerinnen und Schüler erleichtern. Doch das verursachte Chaos ist offenbar noch nicht vorbei: Viele Schüler, die ihren Studienplatz aufgrund der Notenanpassung bereits aufgeben mussten, wollen ihn nun wieder. Doch Universitäten warnen, dass sie nicht mehr alle ursprünglichen Angebote für Studienplätze erfüllen können. (js)