Erdüberlastungstag: Menschheit hat Ressourcen für dieses Jahr verbraucht

Holzstämme
Deutschland hat seinen eigenen Erdüberlastungstag bereits am 4. Mai erreicht.(Quelle: IMAGO / dieBildmanufaktur)

Seit Mittwoch hat die Weltbevölkerung die eigentlich für das gesamte Jahr zur Verfügung stehenden ökologischen Ressourcen der Erde aufgebraucht: Der sogenannte Erdüberlastungstag fiel in diesem Jahr auf den 2. August. Er wird von der amerikanischen Umweltorganisation Global Footprint Network berechnet. Der deutsche Erdüberlastungstag war bereits Anfang Mai. Würden alle Menschen auf der Welt so leben wie wir, wären die natürlichen Ressourcen schon im Mai aufgebraucht.

Der globale Überlastungstag ist in diesem Jahr zwar mehrere Tage nach hinten gerutscht. Aber die Organisation weist darauf hin, dass dies vor allem auf eine modifizierte Datengrundlage zurückzuführen ist. Doch immerhin: Die Überlastung nimmt seit einigen Jahren kaum noch zu. Der Trend sei flach – und das schon seit rund zehn Jahren, sagte Amanda Diep, Sprecherin des Global Footprint Network. 2023 sei bereinigt aber nur ein Tag gewonnen worden. “Wie viel davon auf einen Rückgang der Wirtschaftsaktivitäten (wegen Corona) oder auf Anstrengungen zur Dekarbonisierung zurückzuführen ist, ist schwer zu sagen”, so Diep.

Global Footprint Network berechnet, was die Natur ohne Verluste im Jahr produzieren und absorbieren kann. Dabei geht es unter anderem um Rohstoffe, Trinkwasser und Nahrungsmittel sowie um menschengemachten Müll und CO2-Emissionen. Das stellt sie dem gegenüber, was die Menschen mit ihrer Lebens- und Wirtschaftsweise verbrauchen. So legt sie den Tag fest, an dem alle Ressourcen des Jahres verbraucht sind. Ein Großteil geht auf die Treibhausgasemissionen zurück.

Um die Lebensgrundlagen zu erhalten und die Treibhausgase wie vom Weltklimarat (IPCC) empfohlen zurückzufahren, müsste der Erdüberlastungstag in den kommenden sieben Jahren jedes Jahr um 19 Tage nach hinten verschoben werden, sagte Diep. Alleine wenn es gelingen würde, die Lebensmittelabfälle weltweit zu halbieren, würden nach Angaben von Diep schon 13 Tage gewonnen.

Politische Maßnahmen erforderlich

“Seit mehr als 50 Jahren werden die natürlichen Ressourcen der Erde ununterbrochen jedes Jahr übernutzt. Die Menschheit lebt, als hätte sie [die Ressourcen von] 1,7 Erden zur Verfügung.”, erklärte Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch.

Einer der größten Treiber der Klimakrise ist laut Germanwatch der Verkehrsbereich. Das Flugzeug sei das klimaschädlichste Fortbewegungsmittel. Die Organisation mahnt daher zu einer dringenden Verringerung des Flugverkehrs. "Bahnfahrten sind je nach Strecke bis zu 28-mal klimafreundlicher als Flüge, aber bisher oft doppelt so teuer", sagte der Referent für klimafreundliche Mobilität bei Germanwatch, Jacob Rohm. “Die unfairen Steuerausnahmen für den Luftverkehr zu streichen, würde schon heute jährlich vier Milliarden Euro in den Bundeshaushalt spülen. Damit könnten Bahnnetz und -angebote in Europa massiv ausgebaut werden.”

Die Nachfrage nach Futtermitteln wie Soja für die industrielle Tierhaltung oder Biokraftstoffe für die EU sind laut Germanwatch zudem entscheidende Treiber für die Abholzung der Wälder weltweit. Das bedrohe erheblich die biologische Vielfalt und beschleunige den Klimawandel. Alleine die deutschen Importe trügen jährlich etwa zur Abholzung von 43 000 Hektar Tropenwälder bei, das entspreche ungefähr der Größe einer Millionenstadt wie Köln.

Der BUND wies darauf hin, dass der Ressourcenverbrauch bis 2050 um 85 Prozent reduziert werden muss, um die Grenzen des Planeten nicht zu überschreiten. Myriam Rapior, stellvertretende Vorsitzende des BUND, erklärte am Montag: “Unsere Art zu leben, zu arbeiten, zu produzieren und zu konsumieren, verschlingt die Ressourcen des Planeten schneller, als dieser sich erholen kann.” Dem müsse die Bundesregierung entschieden entgegentreten.

Die Organisation forderte die Bundesregierung auf, zügig ein Ressourcenschutzgesetz mit verbindlichen Zielen auf den Weg zu bringen. “Ein solches Gesetz muss sowohl sämtliche nicht erneuerbaren Ressourcen wie Metalle und Mineralien, aber auch Böden und Flächen, Acker- und Weideland, Fischgründe, Wald und Holz schützen”, so der BUND.

Wieviele Ressourcen schon durch einzelne Maßnahmen eingespart werden könnten, machte der BUND am Beispiel von Plastikverpackungen deutlich: In Deutschland würden für die Herstellung von Plastik rund ein Viertel des industriellen Gases, 42 Prozent des industriellen Öls und 18 Prozent des industriellen Stromes verbraucht. Dabei seien fast die Hälfte des produzierten Plastiks kurzlebige Verpackungen, sprich Wegwerfprodukte. Eine aktuelle Studie zeige, dass der jährliche Gas- und Ölbedarf von Tschechien eingespart werden könnte, wenn EU-weit die Hälfte der Plastikverpackungen eingespart und 90 Prozent tatsächlich stofflich recycelt würden.

Industrieländer haben das größte Problem

Besonders hoch ist der ökologische Fußabdruck von Industriestaaten. Im internationalen Vergleich verbraucht den Angaben des Global Footprint Networks zufolge Katar pro Kopf die meisten Ressourcen: Der berechnete Erdüberlastungstag des Emirats war bereits am 10. Februar erreicht. Dicht dahinter folgt Luxemburg, am 14. Februar. Kanada, die USA, die Vereinigten Arabischen Emirate und Dänemark haben im März ihre Ressourcen aufgebraucht.

Allerdings gibt es auch Gegenbeispiele: Indonesien, Ecuador und Jamaika werden den Erdüberlastungstag voraussichtlich erst im Laufe des Dezembers erreichen. Und 51 Staaten wie Kenia, Indien und die Philippinen werden 2023 ihr ökologisches Budget sogar einhalten. Die verbrauchsärmeren Staaten befinden sich vor allem in Südamerika, in Teilen Asiens und Afrikas. (dpa / hcz)