Erdüberlastungstag : Menschheit verbraucht 1,74 Planeten
Am heutigen Donnerstag hat die Welt den sogenannten Erdüberlastungstag erreicht: Die Menschheit hat so viele Ressourcen verbraucht, wie alle Ökosysteme der Erde in diesem Jahr erneuern können. Über das gesamte Jahr nutzt die Menschheit 74 Prozent mehr als regeneriert werden kann. Hoffnungsschimmer, dass infolge der Pandemie weniger CO2 ausgestoßen wird, seien bereits erloschen, sagen Umweltschützer.
Der weltweite Ressourcenverbrauch nähert sich nach Schätzungen von Wissenschaftlern wieder dem Stand vor Beginn der Corona-Pandemie an. Das geht aus Berechnungen des Global Footprint Networks mit Sitz in den USA und der Schweiz hervor.
Zur Berechnung des Überlastungstags werden Faktoren gegenüber gestellt: zum einen die biologische Kapazität der Erde zum Aufbau von Ressourcen sowie zur Aufnahme von Müll und Emissionen, zum anderen die durch den Menschen verbrauchten Wälder, Flächen, Wasser, Ackerland und Fischgründe.
Nur kurze Verschnaufpause
Im Vorjahr fiel der “Erdüberlastungstag” den Berechnungen zufolge auf den 22. August, mehr als drei Wochen später als 2019 – damals war er schon am 26. Juli erreicht. “Das ist tatsächlich eine Auswirkung von Corona gewesen”, erklärte Rolf Buschmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) der dpa. So seien vor allem in den ersten Wellen der Pandemie deutlich weniger Ressourcen verbraucht worden. “Und das hat viel damit zu tun, dass wir im Lockdown waren.”
Für Germanwatch-Sprecher Vogel bestätigen die Berechnungen die Befürchtung, dass die Emissionen nach dem Höhepunkt der Pandemie wieder rapide steigen: “Dieser Effekt ist drastisch: Um 6,6 Prozent, so die Prognose des Global Footprint Networks, steigen die CO2-Emissionen dieses Jahr an.” Parallel werde wichtige Biokapazität in Wäldern vernichtet. “Vor allem der Amazonas-Regenwald wird aktuell im Rekordtempo zerstört. Allein im Mai ist er um eine Fläche geschrumpft, die größer ist als die gesamte Landesfläche Berlins.”
Wirtschaftliches Umdenken
Nach Informationen der Organisation WWF lag der sogenannte Erdüberlastungstag vor 20 Jahren noch im September. Heutzutage gehen demnach knapp 60 Prozent des ökologischen Fußabdrucks der Menschheit auf den Ausstoß von Kohlenstoff zurück. “Das können wir ändern, indem wir zügig unsere Wirtschaft hin zu einer nachhaltigen, kreislaufbasierten und kohlenstofffreien Produktionsweise umgestalten. Deutschland kann das”, so WWF-Naturschutzvorstand Christoph Heinrich.
“Wir haben aber nur eine [Erde]”, stellte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) gegenüber der dpa klar, “und auf diese kommen jedes Jahr 80 Millionen Menschen neu hinzu – einmal die Bevölkerung Deutschlands – die alle das Recht auf ein Leben ohne Armut und Hunger haben.” Nachhaltigkeit müsse der neue globale Standard sein. Müller mahnte: “Wir brauchen ein entschiedenes Umdenken bei unserem Konsum. Immer mehr, immer billiger ist ein Auslaufmodell.”
Deutschland bräuchte drei Erden
Deutschland steht in der Statistik schlecht dar und hat 2021 einen Ressourcen-Hunger, der auf einem ähnlichem Niveau liegt wie der anderer Wirtschaftsnationen wie Frankreich, Japan oder Slowenien. “Wenn alle Länder so wirtschaften würden wie Deutschland, bräuchten wir nicht einen, sondern knapp drei Planeten”, betonte Germanwatch-Sprecher Vogel. “Unsere Lebens- und Wirtschaftsweise ist alles andere als nachhaltig.” Zum Vergleich: Mit der Lebensweise der USA würde die Menschheit ganze fünf Erden benötigen, mit der Indiens nur 0,7.
Negativer “Spitzenreiter” in der Aufstellung ist Katar. Würden sich alle anderen Nationen so verhalten wie der Wüstenstaat, wären die regenerativen Ressourcen bereits am 9. Februar aufgebraucht gewesen. Kurz dahinter folgt Luxemburg mit dem 15. Februar als Deadline.
Deutlich länger können Nicaragua, Ecuador und Indonesien nachhaltig wirtschaften. Die Welt würde erst im Dezember an ihre regenerativen Grenzen stoßen, wenn sich alle Staaten so verhalten würden wie die drei. (dpa / hcz)