EU verbietet russische Staatsmedien
Die Europäische Union (EU) hat am heutigen Mittwoch ein Verbot für die russischen Staatsmedien Russia Today (RT) und Sputnik verkündet. Die Verbreitung ihrer Programme ist somit über jegliche Kanäle wie Kabel, Satellit oder Internet untersagt. Die Entscheidung betrifft unter anderem die Angebote auf Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch.
Die Maßnahme trat mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union sofort in Kraft. Nun müssen sie die Medienregulierer der EU-Staaten umsetzen.
“Wir alle stehen für die Redefreiheit, aber sie darf nicht zur Verbreitung von Kriegspropaganda missbraucht werden. Der Kreml hat Informationen zur Waffe gemacht”, erklärte EU-Kommissionsvize Vera Jourova am Dienstagabend nach einem Gespräch mit Vertretern der Gruppe europäischer Regulierungsstellen für audiovisuelle Mediendienste (ERGA).
Die Maßnahmen seien eine Reaktion auf die Aggressionen gegen die Ukraine. Sie sollen zeitlich befristet gelten und beendet werden, wenn die Russische Föderation die Angriffe und “ihre Medien ihre Propagandaaktionen gegen die Union und ihre Mitgliedstaaten eingestellt haben”, sagte ein EU-Beamter.
Bereits in der vergangenen Woche wurde die RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan von der EU mit einem Einreiseverbot belegt und ihre Vermögenswerte in der EU eingefroren. Mitarbeiter der betroffenen Medien könnten aber weiter ungehindert ihrer Arbeit in der EU nachgehen, betonten EU-Beamte laut Spiegel.
Reporter ohne Grenzen sprach sich gegen Verbot aus
Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) hatte im Vorhinein in einer Stellungnahme auf die Negativfolgen eines Verbots russischer Medien aufmerksam gemacht – weil aus Russland Gegenmaßnahmen zu erwarten sind, die Berichterstattung aus dem Land weiter erschweren oder gar verhindern würden.
“RSF ist nicht davon überzeugt, dass der mögliche Nutzen eines Verbots der Medien RT und Sputnik […] die Kosten aufwiegt. Die Auswirkungen auf die Arbeit internationaler Korrespondentinnen und Korrespondenten in Russland und, allgemeiner, auf das Recht des freien Zugangs zu Informationen wären immens”, hatte die Organisation am Montag mitgeteilt.
RSF-Geschäftsführer Christian Mihr hatte auf den Umgang Russlands mit der Deutschen Welle verwiesen. Der Fall habe gezeigt, dass auch aktuell mit Gegenmaßnahmen zu rechnen ist. Die russischen Behörden hatten dem Medium am 3. Februar ein Sendeverbot erteilt und den Mitarbeitern in Moskau ihre Arbeitserlaubnis entzogen – in Reaktion auf die Entscheidung der deutschen Regulierungsbehörde ZAK, die Verbreitung von RT aufgrund einer fehlenden Sendelizenz zu untersagen.
Gleichzeitig stehe außer Frage schrieb RSF, dass RT und Sputnik Propagandakanäle eines zutiefst repressiven Staates sind. “Der russische Medienapparat zensiert, verbreitet Desinformation und wähnt sich in einem Informationskrieg. Kritik an Putin oder der Regierung kommt in den Programmen nicht vor”, hatte Mihr erklärt. “Trotzdem sehen wir ein Verbot von RT und Sputnik kritisch.” Der Einfluss dieser Medien auf die Meinungsbildung in Europa sei nur begrenzt.
Die zu erwartenden russischen Gegenmaßnahmen wiederum könnten eine unabhängige Berichterstattung aus Russland erschweren. Schon jetzt geht der russische Staat massiv gegen unabhängige Medien vor: Mitte Januar hatte das Justizministerium mehr als hundert Medien und Einzelpersonen zu angeblichen “ausländischen Agentinnen und Agenten” erklärt und ihre Arbeit und Finanzierung nahezu unmöglich gemacht.
Viele Redaktionen hätten laut RSF daraufhin ihre Arbeit eingestellt. Immer mehr Medienschaffende würden das Land verlassen. Die mediale Vielfalt schrumpfe bereits stark und es gäbe immer weniger Quellen, um sich unabhängig zu informieren.
Sendeverbot in Deutschland
Die zuständige Medienanstalt Berlin-Brandenburg hatte die Ausstrahlung von RT via Satellit bereits Ende des vergangen Jahres unterbunden. Das Staatsmedium hatte erst Mitte Dezember damit begonnen, sein deutschsprachiges TV-Programm über seine Webseite und via Satellit zu senden.
Auch die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) bei den Medienanstalten beanstandete und untersagte Anfang Februar die Verbreitung des Fernsehprogramms des russischen Staatsfernsehens in Deutschland. Denn dem Sender fehlte es an der erforderlichen Zulassung. Diese war laut Medienaufsicht auch nicht beantragt worden.
Aktuell war das Programm des Senders hierzulande nur über seine Webseite zu sehen. Gegen die Entscheidung der Medienaufsicht hat RT vor dem Verwaltungsgericht Berlin Klage eingereicht.
Auch YouTube hatte den Kanal von RT wenige Stunden nach Sendestart im Dezember gesperrt. Die Videoplattform berief sich dabei auf Verletzung der Nutzungsbedingungen. Facebook-Mutterkonzern Meta und TikTok beschränkten den Zugang zu Inhalten von Sputnik und RT in der EU bereits seit Dienstag. Facebooks Politik-Chef Nick Clegg begründete die Entscheidung mit entsprechenden Anfragen von mehreren Regierungen und der EU.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht Russland auf Platz 150 von 180 Staaten. Die Organisation schreibt, das russische Fernsehen sei in staatlicher Hand, das Internet werde zensiert und Autoren regierungskritischer Kommentare im Netz drohe jahrelange Haft. (hcz)