Netzbetreiber sollen Pornoportal sperren

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Bereits im Jahr 2020 hatte die Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen Internetprovider gebeten, xHamster freiwillig zu sperren – weil die Altersverifikation auf der Seite fehlt. (Quelle: IMAGO / Panthermedia)

Die Medienanstalten der Bundesländer haben eine Netzsperre für das Pornoportal xHamster beschlossen. Das teilte die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) der Medienanstalten am Donnerstag mit. Auf der Seite seien pornografische Inhalte frei zugänglich – auch Kinder und Jugendliche könnten darauf zugreifen. Das verstoße gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) und sei damit rechtswidrig.

Die Bescheide mit der Aufforderung zur Sperre seien den fünf größten deutschen Internetprovidern bereits zugestellt worden. Diese können noch Rechtsmittel dagegen einlegen.

Der Vorsitzende der KJM, Marc Jan Eumann, kommentierte: “Ein Porno-Angebot für Erwachsene ist so lange kein Problem, wie technische Schutzvorkehrungen die gesetzlichen Standards zum Schutz von Kindern und Jugendlichen sicherstellen. Da xHamster das nicht tut, greifen wir als letztes Mittel auf Sperrverfügungen zurück.”

Der Deutschen Presse-Agentur (dpa) hatte der Betreiber von xHamster, die Hammy Media Ltd., mitgeteilt, Netzsperren seien “weit von einer optimalen Lösung entfernt”. Durch sie würden junge Menschen lediglich auf kleinere Seiten ausweichen, bei denen extremere Inhalte zu sehen seien. Das Unternehmen sei bereit, mit den deutschen Behörden zusammenzuarbeiten. Derzeit seien Altersüberprüfungen die einzige Möglichkeit, um junge Menschen von Erwachseneninhalten fernzuhalten. Man könne eine solche Technologie einsetzen – dies müsse aber branchenweit geschehen.

Provider prüfen Sperraufforderung

Ob die Provider die Sperre umsetzen oder Rechtsmittel einlegen, ist noch offen. Die Telekom, 1&1 sowie Telefónica bestätigten am Freitag auf Anfrage von Posteo, Sperraufforderungen erhalten zu haben und diese derzeit zu prüfen. Ein Telefónica-Sprecher fügte hinzu: “Grundsätzlich stehen wir Netzsperren aber eher skeptisch gegenüber.”

Vodafone hatte der dpa am Donnerstag ebenfalls mitgeteilt, nach einer Prüfung über das weitere Vorgehen zu entscheiden. Netzanbieter wie Vodafone seien in dem Verfahren eigentlich unbeteiligte Dritte. Sie stünden in keinem vertraglichen Verhältnis zu dem Anbieter mit Sitz auf Zypern und erbrächten für ihn auch keinerlei Dienstleistungen.

Auch Tele Columbus teilte auf Anfrage von Posteo mit, die Bewertung der Aufforderung laufe noch. Zuvor hatte die Nachrichtenseite Heise Online berichtet, das Unternehmen wolle die Sperre umgehend umsetzen – behalte sich aber vor, die “Entscheidung mit Blick auf die gesetzlichen Regelungen der Netzneutralität von einem unabhängigen Gericht juristisch prüfen zu lassen.”

KJM hatte mehrere Angebote beanstandet

Die Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen hatte bereits im Jahr 2019 begonnen, Pornoseiten zu prüfen. Im Jahr 2020 hatte die KJM dann mehrere Pornoportale beanstandet, weil diese kein sogenanntes Altersverifikationssystem nutzen. Zu diesen Systemen hat die KJM Vorgaben festgelegt – etwa, wie die Altersprüfung erfolgen soll.

Im September 2020 hatte die Landesmedienanstalt die Provider gebeten, freiwillig mehrere Pornoseiten wie xHamster in Deutschland zu sperren. Doch die Provider hatten abgelehnt, Webseiten “auf behördlichen Zuruf” zu sperren und wollten eine förmliche Sperrverfügung abwarten.

Grundsätzlich können Provider dazu verpflichtet werden, den Zugang zu bestimmten Webseiten zu sperren. Allerdings hatte der Bundesgerichtshof im Jahr 2015 entschieden, dass eine Störerhaftung der Provider beziehungsweise “Zugangsanbieter” an die Verhältnismäßigkeit gebunden ist. Bevor die Provider in die Pflicht genommen werden können, muss der Rechteinhaber in zumutbaren Maß gegen die Betreiber der illegalen Angebote vorgehen. Damals ging es um illegale Musikangebote.

Im Falle der Pornoseiten musste sich die Landesmedienanstalt daher zunächst mit deren Betreibern auseinandersetzen. Die unternommenen Versuche blieben jedoch erfolglos – wohl auch, weil xHamster und andere Portale ihren Sitz innerhalb der EU in Zypern haben. Die KJM hatte 2020 mitgeteilt, die Rechtsdurchsetzung sei bei Anbietern mit Sitz im Ausland “grundsätzlich schwieriger” – in Deutschland ansässige Anbieter kämen den gesetzlichen Verpflichtungen zum Jugendschutz in der Regel nach.

Umstrittenes Mittel

Netzsperren gelten als außergewöhnlich und sind höchst umstritten. Denn sie verletzen den Grundsatz der Netzneutralität, wonach alle Daten im Internet gleichbehandelt werden müssen – unabhängig von Inhalt, Absender oder Empfänger. In autoritären Staaten sind sie zudem ein Werkzeug für Zensur. Kritiker argumentieren, die Sperren ermöglichten auch hierzulande solche Zensursysteme. So könnten Seiten beispielsweise aus politischen Gründen gesperrt werden, um unliebsame Meinungen zu unterdrücken und politischen Gegnern die Plattform zu nehmen.

Netzsperren seien ein “fatales politisches Signal” sagte der digitalpolitische Sprecher der SPD, Jens Zimmermann, im Dezember der Nachrichtenseite netzpolitik.org mit Blick auf eine drohende Sperre von xHamster. Er sehe diese kritisch und als wenig wirksam an; zudem sei sie mit “erheblichen Kollateralschäden” verbunden. Dennoch seien Netzsperren als Ultima-Ratio-Instrument zulässig. Die digitalpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Anke Domscheit-Berg, hatte den Einsatz von Netzsperren durch Jugendschützer gegenüber der Nachrichtenseite als “nicht verhältnismäßig und angemessen” bezeichnet.

Zudem lassen sich Sperren, wie sie nun von der KJM angeordnet wurden, mit einfachen Mitteln umgehen. Das räumt auch die Kommission selbst auf ihrer Internetseite ein. Sie argumentiert, die Sperren seien dennoch eine Hürde, weil sie bewusst umgangen werden müssten.

Die Medienanstalten gehen auch gegen weitere Betreiber von Pornoportalen vor – diese klagen derzeit noch vor dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte der Landesanstalt für Medien NRW am 1. Dezember in erster Instanz Recht gegeben. Die Verbreitung frei zugänglicher pornografischer Inhalte sei zu Recht untersagt worden.

Nachtrag vom 10. März: Tele Columbus hat die Pornoseite am 9. März vorläufig gesperrt, wie der Provider Posteo mitteilte. Die förmliche Sperrverfügung sei am 7. März zugestellt worden – wegen der “sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts” sei die Netzsperre daraufhin eingerichtet worden. Zugleich kündigte das Unternehmen an, vor dem Verwaltungsgericht Berlin Klage gegen den Bescheid einzureichen und die Rechtmäßigkeit prüfen zu lassen. Die Frist für die Klageerhebung betrage ab Zustellung des Bescheids einen Monat. (dpa / js)