EuGH: Bestimmte Mobilfunktarife verstoßen gegen Netzneutralität

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Bereits 2020 hatte der EuGH entschieden, dass der Zero-Rating-Tarif eines ungarischen Anbieters gegen die Netzneutralität verstoßen hatte. (Quelle: Deutsche Telekom)

Die sogenannten Zero-Rating-Tarife der Deutschen Telekom und von Vodafone verstoßen gegen den Grundsatz der Netzneutralität. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in drei Urteilen entschieden. Verbraucherschützer begrüßten die Entscheidungen.

Konkret hat sich der höchste Gerichtshof der EU mit den Mobilfunktarifen “Vodafone Pass” sowie “Stream On” der Telekom befasst. Nach Ansicht der Richter verstoßen sie gegen die EU-Verordnung “über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet”. Darin ist der Grundsatz der Netzneutralität verankert: Demnach müssen alle Daten im Internet diskriminierungsfrei gleichbehandelt werden – unabhängig von Inhalt, Absender oder Empfänger.

Bei den beanstandeten Tarifen hingegen werden beispielsweise die beim Streaming übertragenen Daten nicht vom monatlichen Datenvolumen abgerechnet. Damit werde “auf Grundlage kommerzieller Erwägungen” eine “Unterscheidung innerhalb des Internetverkehrs” vorgenommen, so die Richter. Auf Druck der Bundesnetzagentur hatten beide Anbieter ihre Tarife zuvor schon angepasst und einige Einschränkungen aufgehoben, die Verfahren gingen aber weiter.

Langsameres Videostreaming und Inlandnutzung

In dem Tarif der Telekom werden bestimmte Streaming-Dienste vom Datenvolumen ausgenommen. Mit der Buchung des Tarifs willigten Kunden ursprünglich auch in eine generelle Bandbreitenlimitierung für Video-Streaming ein – unabhängig davon, ob es sich um ein Partnerangebot handelte oder nicht. Die Telekom hatte dies im Jahr 2019 geändert.

Bei Vodafone galt der Zero-Rating-Tarif nur im Inland, obwohl Verbraucher im europäischen Ausland laut EU-Regeln zu denselben Konditionen surfen sollen wie zu Hause. Vodafone hatte diese Einschränkung später fallen gelassen. Außerdem rechnet Vodafone den über “Tethering” entstehenden Datenverbrauch auf das im Tarif enthaltene Datenvolumen an, obwohl die gleiche Art Daten außerhalb des Tetherings nicht berechnet wird. Beim Tethering nutzt ein anderes Gerät, beispielsweise ein Tablet, den Internetzugang des Smartphones.

Die Richter entschieden, dass auch diese beiden Einschränkungen mit dem Unionsrecht unvereinbar sind, weil sie nur im Zusammenhang mit den Zero-Rating-Optionen zur Anwendung kommen.

Das Verwaltungsgericht Köln und das Oberlandesgericht Düsseldorf hatten dem EuGH insgesamt drei Verfahren vorgelegt. Geklagt hatte zum einen der Bundesverband Verbraucherschutzentralen (vzbv) gegen Vodafone. In den anderen beiden Verfahren hatten die Netzbetreiber gegen die Bundesnetzagentur geklagt, die die Anbieter zur Änderung ihrer Tarife verpflichtet hatte.

“Ein Zeichen für Netzneutralität”

Klaus Müller, Vorstand des vzbv, sagte der dpa: “Das heutige EuGH-Urteil gegen den Vodafone-Pass setzt ein Zeichen für Netzneutralität und ist ein Sieg für den Verbraucherschutz”.

Die Bundesnetzagentur teilte mit, die Entscheidung des Gerichts gehe über die eigenen Anordnungen hinaus: “Es ist deswegen zu erwarten, dass die auf Anordnung der Bundesnetzagentur bereits 2019 angepassten Angebote in ihrer jetzigen Form nicht aufrechterhalten werden können.”

Die betroffenen Firmen hingegen betonten, dass die Tarife bereits geändert wurden. Ein Telekom-Sprecher erklärte der dpa, für die jetzige Variante von “Stream On” ändere sich nichts. “Soweit das Urteil darüber hinaus Aussagen zu Zero-Rating im Allgemeinen enthält, haben diese mit dem Verfahrensgegenstand zunächst nichts zu tun. Was daraus folgt, muss der Gesetzgeber klären.”

Der EuGH hatte die EU-Verordnung zur Netzneutralität vor einem Jahr zum ersten Mal ausgelegt. Damals ging es um das Angebot eines ungarischen Netzbetreibers. Die Richter hatten argumentiert, dass solche Tarife die Rechte der Kunden erheblich einschränken könnten. Sie könnten unter anderem dazu beitragen, dass die Nutzung der bevorzugt behandelten Anwendungen erhöht und der anderen Anwendungen verringert werde.

Der EuGH entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Seine Urteile sind für die Gerichte jedoch bindend. (dpa / js)