Greenpeace und DUH verklagen Großkonzerne auf mehr Klimaschutz

Kühler einer Sportlimousine
Die kritisierten Unternehmen waren bislang kaum bereit, Maßnahmen zu ergreifen, die den Klimazielen gerecht werden.(Quelle: IMAGO / Jan Huebner)

Um sie zur Einhaltung von Klimazielen zu bewegen, wollen die Umweltorganisationen Greenpeace und Deutsche Umwelthilfe (DUH) juristisch gegen vier deutsche Großkonzerne vorgehen. Wie die beiden Organisationen am Freitag mitteilten, bereiten sie derzeit Klagen gegen Daimler, BMW, Volkswagen sowie den Öl- und Erdgasproduzenten Wintershall Dea vor. Am Donnerstag hätten Anwälte entsprechende Unterlassungsschreiben an die Firmen verschickt.

Ziel sei es, den klimagerechten Umbau dieser Unternehmen “deutlich zu beschleunigen”. Die Organisationen fordern von den Autoherstellern, den Verkauf klimaschädlicher Verbrenner bis zum Jahr 2030 einzustellen. Wintershall Dea soll spätestens ab 2026 keine neuen Öl- oder Gasfelder mehr erschließen. Die Enddaten für Verbrennungsmotoren und fossile Brennstoffe ergäben sich unter anderem aus Berechnungen des Weltklimarates (IPCC) und der Internationalen Energieagentur (IEA) und entsprächen den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens.

Laut den Initiatoren widersprechen die aktuellen und geplanten Maßnahmen der Unternehmen den Klimazielen aus dem Pariser Vertrag und seien somit rechtswidrig.

“Trotz zunehmender Extremwetterereignisse und entgegen wissenschaftlicher Erkenntnisse verkauft die deutsche Autoindustrie weiterhin weltweit Millionen klimaschädlicher Diesel und Benziner. Damit verursachte sie im Jahr 2019 einen größeren CO2-Fußabdruck als ganz Deutschland”, heißt es einer DUH-Pressemitteilung. Der Öl-und Gaskonzern Wintershall Dea verantworte jährlich 80 Millionen Tonnen Treibhausgas-Emissionen und plane dennoch, seine fossile Produktion in den kommenden zwei Jahren um weitere knapp 30 Prozent zu steigern.

Geschäftsmodelle sollen sich ändern

Den Konzernen bleiben nun nur wenige Wochen, um auf die Schreiben der Anwälte zu reagieren und so die geplanten Klagen möglicherweise noch abzuwenden. Das juristische Vorgehen haben die Organisationen unter sich aufgeteilt: Greenpeace geht gegen VW vor, die DUH gegen BMW, Mercedes und Wintershall Dea. Klägerin beziehungsweise Kläger sind die die Geschäftsführenden der Verbände: für die DUH Barbara Metz, Sascha Müller-Kraenner sowie Jürgen Resch – und für Greenpeace Martin Kaiser und Roland Hipp. Außerdem beteiligt sich Clara Mayer von der Klimaschutzbewegung Fridays for Future.

Oberstes Ziel sei es, die Konzerne dazu zu verpflichten, ihr Geschäftsmodell so zu ändern, dass sie die Ziele des Pariser Klimaabkommens erfüllen. “Wenn die Welt noch mal zehn Jahre zaudert, dann ist das 1,5-Grad- und wahrscheinlich auch das Zwei-Grad-Ziel nicht mehr zu erreichen”, erklärte Anwältin Roda Verheyen mit Blick auf die fortschreitende Erderwärmung, für die die Umweltverbände die Konzerne maßgeblich mitverantwortlich machen. Die deutsche Automobilindustrie habe einen “gigantischen globalen Fußabdruck”, sagte die Juristin, die Greenpeace im Verfahren gegen VW vertritt.

Schutz von Freiheit und Eigentum

Anwaltskollege Remo Klingen bereitet für die Deutsche Umwelthilfe die Klage gegen die restlichen drei Konzerne vor. “Klimaschutz ist Grundrechtsschutz. Mit diesem Satz sind wir zum Bundesverfassungsgericht gezogen und bestätigt worden. Mit diesem Gedanken werden nun solche Unternehmen in die Verantwortung genommen, die für mehr CO2-Emissionen verantwortlich sind als ganze Länder”, erklärte er in der Mitteilung.

Die DUH und Greenpeace berufen sich bei ihrem Vorgehen auch auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2021. Die Richter in Karlsruhe hatten damals das bis dato geltende Klimaschutzgesetz für teilweise verfassungswidrig erklärt und mit Verweis auf die gefährdeten Freiheitsrechte künftiger Generationen einen ambitionierteren Klimaschutz angemahnt. “Wir begreifen den Richterspruch aus Karlsruhe als Auftrag”, stellte Martin Kaiser von Greenpeace klar. Es gehe nun darum, geltendes Recht zu nutzen, “um die Zukunft vor allem junger Menschen zu schützen”.

Die Kläger wollen nach eigenen Angaben zivilrechtliche Ansprüche auf Schutz ihrer persönlichen Freiheits- und Eigentumsrechte geltend machen. Sofern die Konzerne die zugestellten Unterlassungserklärungen nicht unterschreiben sollten, würden die Klagen bei den zuständigen Gerichten eingereicht, erklärten die beiden Anwälte. VW habe dafür Zeit bis Ende Oktober, die anderen Konzerne sollen bereits bis zum 20. September Stellung nehmen.

Der Bundesgeschäftsführer der DUH, Sascha Müller-Kraenner, kommentierte: “Wir ziehen endlich die zur Verantwortung, die verantwortlich sind für Milliarden Tonnen Treibhausgase. Diese fossilen Konzerne haben Milliarden Euro verdient mit der Zerstörung unseres Klimas – und das seit vielen Jahren in vollem Bewusstsein, was sie anrichten. Und sie sind so unverfroren, nicht einmal jetzt ausreichend umzusteuern.” (dpa / hcz)