EuGH: Google muss Links zu Falschinformationen löschen

EuGH-Verhandlung (Archiv)
Der EuGH hatte bereits 2014 zum Recht auf Vergessenwerden geurteilt. Seit 2018 ist es in der DSGVO festgeschrieben. (Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union)

Suchmaschinenanbieter müssen Links zu Webseiten löschen, auf denen nachweisbar falsche Informationen stehen. Betroffene müssen sich dafür nicht zuerst an die für die Veröffentlichung Verantwortlichen wenden, sondern können gleich die Suchmaschinenbetreiber wie Google in die Pflicht nehmen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag in einem Verfahren zum sogenannten Recht auf Vergessenwerden entschieden, das der Bundesgerichtshof (BGH) vorgelegt hatte.

In dem Fall hatten die Geschäftsführer einer Gruppe von Investmentgesellschaften gegen Google geklagt. Sie sehen sich durch eine US-amerikanische Internetseite in Misskredit gebracht, die ihr Anlagemodell kritisch darstellt. Den Betreibern der Seite werfen sie außerdem vor, gezielt negative Berichte zu lancieren, um die Betroffenen damit später zu erpressen.

Google hatte sich geweigert, die Links zu den Artikeln zu entfernen und argumentiert, das Unternehmen könne nicht beurteilen, ob die Vorwürfe zutreffen.

Recht auf Vergessenwerden

Dem folgte der EuGH nicht. Das Gericht urteilte nun, das Recht auf Schutz personenbezogener Daten müsse zwar unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gegen andere Grundrechte abgewogen werden. Denn die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sieht ausdrücklich kein Recht auf Löschung – auch Recht auf Vergessenwerden genannt – vor, wenn die Daten erforderlich sind, damit Menschen ihr Recht auf freie Informationen ausüben können.

Allerdings könne das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationen nicht berücksichtigt werden, wenn “zumindest ein für den gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil” der Inhalte falsch ist.

In solchen Fällen müssten Betroffene nachweisen, dass die Informationen “offensichtlich unrichtig” sind. Dann müssen Suchmaschinen wie Google die Links entfernen. Die Betroffenen können für den Nachweis auch nicht dazu verpflichtet werden, eine gerichtliche Entscheidung vorzulegen, die gegen den Herausgeber der betreffenden Website erwirkt wurde. Sie müssen nur die Beweise vorlegen, die “vernünftigerweise verlangt” werden können.

Zur Rolle der Suchmaschinen stellte der Gerichtshof klar, dass diese nicht aktiv bei der Suche nach Beweisen mitwirken müssen. Die Nachweispflicht liegt bei den Betroffenen.

Google muss bei Fotos prüfen

Die Klagenden hatten von Google außerdem gefordert, Fotos zu löschen. Bei einer Bildersuche nach ihren Namen tauchen diese als Vorschaubilder auf, ohne den Kontext der ursprünglichen Veröffentlichung.

In dieser Frage stellte der EuGH fest, dass die Darstellung von Fotos nach einer namensbezogenen Suche einen besonders starken Eingriff in das Recht auf Schutz des Privatlebens und personenbezogener Daten darstellen können. Bei einem Auslistungsantrag muss Google daher prüfen, ob die sogenannten Thumbnails erforderlich sind, damit Internetnutzer ihr Recht auf freie Information ausüben könnten.

Hier verlangt der EuGH aber eine differenzierte Perspektive: Man müsse unterscheiden zwischen Fotos, die in einem Artikel in ihrem ursprünglichen Kontext eingebettet seien und den falschen Inhalt veranschaulichten und solchen Fotos, die nur in der Vorschauliste außerhalb des Kontextes angezeigt werden. Bei den Vorschaubildern müsse dem Informationswert unabhängig vom Kontext Rechnung getragen werden, so der EuGH.

Der BGH muss nun über den Fall entscheiden und dabei die Rechtsprechung des EuGH berücksichtigen: Sollten die Klagenden nachweisen können, dass die beanstandeten Informationen falsch sind, muss Google die Links löschen. Ein Google-Sprecher sagte der dpa: “Seit 2014 arbeiten wir daran, das Recht auf Vergessenwerden in Europa umzusetzen und ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen den Rechten der Menschen auf Zugang zu Informationen und Privatsphäre zu finden.” Das Unternehmen begrüße die Entscheidung und werde nun das Urteil prüfen.

Der EuGH hatte bereits in der Vergangenheit zu ähnlichen Fällen geurteilt: Im Jahr 2014 hatten die Luxemburger Richter in einem Grundsatzurteil ein “Recht auf Vergessenwerden” im Internet eingeführt. Demnach können sich Personen direkt an den Suchmaschinenanbieter wenden, um unter bestimmten Voraussetzungen die Entfernung von Links aus Ergebnislisten zu erwirken. Allerdings hatte der Gerichtshof auch damals schon festgestellt, dass ein Ausgleich zwischen dem Recht auf Zugang zu Informationen und den Rechten der betroffenen Person gefunden werden muss.

Im Jahr 2019 hatte der Gerichtshof allerdings auch entschieden, dass dieses Recht nicht für das globale Internet, sondern nur innerhalb der EU gilt – zum Beispiel für google.de, aber nicht für google.com. (dpa / js)