Bangladesch schränkt Internet wegen Protesten ein
Oppositionsanhänger in Bangladesch fordern seit Wochen den Rücktritt der Regierung. Während der Proteste wurden Internetverbindungen wiederholt verlangsamt, kritisiert die Organisation Access Now.
Lokale Medien berichten, das mobile Internet habe in den vergangenen Wochen in mindestens sechs großen Städten tagsüber an Kundgebungsorten und angrenzenden Gebieten kaum noch funktioniert, sodass die Demonstrierenden beispielsweise keine Videos mehr versenden konnten. Es seien nur noch Telefonanrufe möglich gewesen. Die Telekommunikationsbehörde habe Mobilfunkanbieter angewiesen, Verbindungen zu blockieren.
Auch am vergangenen Wochenende habe es solche Einschränkungen gegeben. Access Now kritisiert, Internetdrosselungen seien eine Strategie von Regierungen, um Internetabschaltungen zu “verstecken” und als technische Probleme abzutun.
Felicia Anthonio von Access Now mahnte, die Regierung Bangladeschs dürfe Interneteinschränkungen nicht nutzen, um den Menschen die politische Teilhabe zu verweigern.
Gemeinsam mit weiteren Organisationen wie Article 19 appelliert Access Now an die Behörden in Bangladesch, den ungehinderten Zugang zum Internet aufrechtzuerhalten und somit die Grundrechte der Menschen während der Proteste zu schützen. Die Verlangsamung der Übertragungsgeschwindigkeit verletze Menschenrechte.
Die Organisationen kritisieren, die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit würden durch die Restriktionen eingeschränkt. Sie warnen zudem, der unterbrochene Informationsfluss könne zu weiteren Spannungen führen.
Die Einschränkungen kämen einer Kollektivstrafe gleich, weil Menschen in allen Aspekten ihres Lebens betroffen seien. Eine solche Maßnahme könne nicht gerechtfertigt werden. Es stehe die Absicht dahinter, Meinungsäußerungen zu erschweren und die Berichterstattung zu kontrollieren.
Die Organisationen fordern Internetprovider in dem südasiatischen Land dazu auf, Anordnungen zur Einschränkung des Internets anzufechten. Alle aktuellen Einschränkungen müssten aufgehoben werden.
Opposition führt Proteste an
In Bangladesch kommt es bereits seit September immer wieder zu Protesten von Anhängern der größten Oppositionspartei Bangladesh Nationalist Party (BNP). Sie fordern den Rücktritt der Regierung von Premierministerin Sheikh Hasina Wajed und die Einsetzung einer Übergangsregierung bis zu den für Anfang 2024 vorgesehenen Wahlen. Die Demonstranten fordern zudem eine “faire Wahl”. Bei den Wahlen 2014 und 2018 hatte es Vorwürfe der Wahlfälschung gegeben, die von der Regierungspartei jedoch zurückgewiesen werden.
Hasina regiert die parlamentarische Republik mit über 160 Millionen Einwohnern bereits seit 2009. Wie der Guardian berichtet, werden ihrer Regierung schwere Menschenrechtsverletzungen und Einschränkungen der Pressefreiheit vorgeworfen. Laut Amnesty International wurden beispielsweise Journalisten und Künstler verhaftet, weil sie die Regierung kritisiert hatten. Auch wegen Meinungsäußerungen im Internet werden Menschen festgenommen.
Laut Amnesty gehen die Behörden gegen friedliche Proteste mit Härte vor – im Jahr 2021 habe es dabei über 100 Tote gegeben. Nach Angaben von Access Now hatte Bangladesch auch im vergangenen Jahr während Protesten bereits Internetsperren verhängt.
Die konservative BNP wirft der Regierungspartei Awami League zudem Korruption vor; die Protestierenden machen die Regierung auch für steigende Energiepreise verantwortlich.
Berichten zufolge kam es in der vergangenen Woche erneut zu Zusammenstößen zwischen Oppositionsanhängern und Sicherheitskräften. Dabei wurde mindestens ein Demonstrant erschossen und mehr als Tausend Menschen verhaftet. Nach Oppositionsangaben sollen sogar mindestens sieben Demonstranten getötet worden sein.
Human Rights Watch zufolge hat Innenminister Asaduzzaman Khan Kamal gegenüber Medien erklärt, es würden keine Kundgebungen geduldet. Die Polizei habe Kontrollpunkte eingerichtet und Autos und Busse von Personen durchsucht, die in die Hauptstadt Dhaka wollten.
Yamini Mishra, Direktorin für Südasien bei Amnesty International, kritisierte, die Unterdrückung der Proteste sei in den vergangenen Wochen auf alarmierende Weise eskaliert. Sie forderte: “Die Regierung muss unbedingt den politischen Willen zeigen, die Menschenrechte aller zu wahren und zu garantieren, dass die Menschen ihre Rechte uneingeschränkt wahrnehmen können.”
Oppositionspolitiker verhaftet
Die Behörden haben am vergangenen Freitag zudem zwei ranghohe Mitglieder der Oppositionspartei verhaftet. Ihnen wird Anstiftung zur Gewalt vorgeworfen – die BNP hingegen sieht in dem Vorgehen einen Versuch, weitere Proteste zu verhindern.
Für den vergangenen Samstag hatte die Partei ebenfalls zu einer Demonstration in der Hauptstadt Dhaka aufgerufen. Es war die zehnte Kundgebung dieser Art seit September. Medienberichten zufolge beteiligten sich Zehntausende daran.
In der vergangenen Woche hatte die US-Botschaft in Dhaka die Behörden aufgerufen, von Gewalt und Schikanen abzusehen und die Rechte auf Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit zu schützen. (js)