Forscher beobachten historische Korallenbleiche in der Karibik

Korallenriff
Ob Korallenriffe wieder so bunt und lebendig werden wie in der Vergangenheit, wird davon abhängen, ob weltweit (Klima-)Schutzmaßnahmen ergriffen werden.(Quelle: IMAGO / OceanPhoto)

Vor der Küste Mexikos sterben Korallen nach Angaben von Forschern derzeit massenhaft ab. Anhaltend sehr hohe Wassertemperaturen, die noch Wochen bis Monate andauern können, hätten zu einer schweren Korallenbleiche in der Karibik und auch im mexikanischen Pazifik geführt, sagte Lorenzo Álvarez-Filip von der Akademischen Einheit für Riffsysteme an der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko. “Was unsere Tests und Analysen zeigen, ist beeindruckend. So etwas habe ich noch nie gesehen”, sagte der Experte der Deutschen Presse-Agentur nach seinem jüngsten Tauchgang in Puerto Morelos nahe dem Urlaubsort Cancún.

Als Folge des Klimawandels seien dort zuletzt Meerestemperaturen von bis zu 33 Grad Celsius gemessen worden, drei Grad über dem historischen Durchschnitt. Die Korallen seien den hohen Temperaturen bis zu 20 Wochen ausgesetzt gewesen. Dieser Stress erschwere ihre Erholung. Viele seien bereits abgestorben.

Was ist Korallenbleiche?

Als Bleiche wird ein Verblassen der oft farbenprächtigen Korallen bezeichnet. Sie leben mit verschiedenfarbigen Algen in einer Gemeinschaft zum gegenseitigen Nutzen. Bei hohen Temperaturen stoßen die Korallen die Algen jedoch ab – und verlieren so ihre Farbe. Sie wachsen nicht mehr und können sich schlechter gegen Feinde und Konkurrenten wehren. Kehren die Mikroalgen innerhalb einer bestimmten Zeit zurück, weil die Wassertemperaturen wieder sinken, kann sich die Koralle erholen – andernfalls stirbt sie.

Auch an anderen Korallenriffen im Atlantik sowie etwa vor Huatulco an der südmexikanischen Pazifikküste bleichen die sogenannten Nesseltiere vermehrt aus. Korallenbleichen wurden bereits vor Florida, Kuba, Belize, Panama, den Bahamas, Antigua, den US-Jungferninseln, Kolumbien und Puerto Rico gemeldet, wie das wissenschaftliche Netzwerk Global Coral Reef Monitoring Network (GCRMN) mitteilte.

Kein Einzelfall

“In den letzten Jahrzehnten hat die Häufigkeit von Korallenbleichen drastisch zugenommen, so dass den Korallen immer weniger Erholungszeit bleibt”, hatte Christian Wild, Leiter der Arbeitsgruppe Marine Ökologie der Universität Bremen, Ende August erklärt. Auch er hatte bestätigt, dass in diesem Jahr die Bedingungen besonders schlimm sind.

Seit März weist die Oberfläche der Meere der US-Plattform Climate Reanalyzer zufolge global Rekordtemperaturen für den jeweiligen Monat auf. Mehrfach im Laufe des Jahres wurden Tageswerte von 21,1 Grad erfasst – das war in den rund 40 Jahren zuvor noch nie der Fall. Regional waren die Wassertemperaturen noch wesentlich höher.

Als Hauptgrund für den Anstieg gilt der Klimawandel. In diesem Jahr liegen die Temperaturen in den Weltmeeren zudem durch das Wetterphänomen El Niño besonders hoch. Experten hatten bereits im Juli gewarnt, dass diese Kombination ungünstiger Bedingungen zu besonders langen und schwerwiegenden Korallenbleichen führen könnte.

Stressfaktoren müssen reduziert werden

Neben der Erwärmung des Meerwassers spielen auch die Versauerung sowie Faktoren wie Überdüngung und Überfischung beim Absterben von Korallen eine Rolle. Um die Riffe zu retten, müsste der Klimawandel stark eingeschränkt und weitere Stressfaktoren wie Überfischung und Überdüngung reduziert werden. Wissenschaftler schlagen als Gegenmaßnahmen auch das Ausbringen hitzetoleranterer Steinkorallen und die Wiederaufforstung vor.

Einer kürzlich im Fachjournal Nature vorgestellten Studie zufolge könnte es im Zuge der Erderwärmung regional auch zu einem Mangel an Nährstoffen für Korallen kommen. Demnach können wärmere Oberflächengewässer weniger Nährstoffe aus tieferen Wasserschichten aufnehmen. Analysen zufolge können Korallentiere zwar kurze Hungerperioden überstehen, indem sie sich von ihren Symbionten ernähren, zumindest einige Korallenriffe könnten aber im Zuge anhaltender Nährstoffverarmung vom Verhungern bedroht sein.

Weitere Belastung

In den Riffen leiden nicht nur die Korallen selbst, sondern auch das artenreiche Ökosystem in ihrer Umgebung ist in Gefahr. Meeresforscherinnen und -forscher hatten erst Anfang September davor gewarnt, dass fast zwei Drittel aller Korallenriffe weltweit überfischt seien. So lautete das Ergebnis einer Studie, an der das Bremer Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) unter Leitung von Jessica Zamborain-Mason von der Harvard University mitgewirkt hatte.

Insgesamt hatten die Forschenden Daten zu mehr als 2000 Riffen weltweit ausgewertet. Die Fischbestände in nahezu jedem zehnten befischten Riff seien bereits zusammengebrochen.

Die Untersuchung hatte auch gezeigt, wie wichtig die Korallenriffe für den kommerziellen Fischfang sind: Bei Standorten mit höherer Wassertemperatur und geringerer Korallenbedeckung sei der maximale nachhaltig zu erzielende Fischertrag deutlich geringer. (dpa / hcz)