Freiburger Radiosender klagt nach umstrittenen Durchsuchungen

Schild des Landgerichts Karlsruhe
Sollten die Durchsuchungen vom Landgericht bestätigt werden, will die Gesellschaft für Freiheitsrechte Verfassungsbeschwerde einreichen. (Quelle: IMAGO / Dirk Sattler)

Radio Dreyeckland wehrt sich juristisch gegen die Durchsuchungen Anfang des Jahres wegen eines Links in einem Artikel. Der Sender sieht die Pressefreiheit verletzt und hat gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) Beschwerde vor dem Landgericht Karlsruhe eingelegt. Das Gericht soll auch klären, ob im Rahmen einer journalistischen Berichterstattung auf Internetseiten mit möglicherweise rechtswidrigen Inhalten verlinkt werden darf.

Im Januar hatte die Staatsanwaltschaft Karlsruhe die Redaktionsräume des nicht kommerziellen Radiosenders sowie die Privatwohnungen zweier Redakteure durchsuchen lassen. Auch mehrere Laptops wurden dabei beschlagnahmt. Anlass dafür war ein Artikel, in dem auf ein Archiv der Internetseite “linksunten.indymdedia” verlinkt wurde. Die Plattform war im Jahr 2017 verboten worden. In dem Beitrag, der auch weiterhin online ist, geht es um die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit dem Verbot der Plattform. Die Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft sah in dem Beitrag eine strafbare Unterstützung einer verbotenen Vereinigung.

David Werdermann, Jurist und Verfahrenskoordinator der GFF, kritisierte: “Die Durchsuchungsbeschlüsse waren von vorne bis hinten rechtswidrig. Die Presse muss kritisch über Medienverbote berichten dürfen – dazu gehört auch die Verlinkung von relevanten Seiten.” Nur so könnten Leserinnen und Leser sich selbst informieren und eine Meinung bilden.

Verlinken von Pressefreiheit geschützt

Die GFF kritisiert, wegen der Berichterstattung Redaktionsräume zu durchsuchen und Computer und Datenträger zu beschlagnahmen sei “unverhältnismäßig” und verletzte “klar die Presse- und Rundfunkfreiheit”. Die Strafnormen zur Unterstützung von verbotenen Organisationen seien “vage und weitreichend”. Deshalb müssten sie zum Schutz von Grundrechten wie der Pressefreiheit so ausgelegt werden, dass sie freie Berichterstattung nicht gefährden.

Vor Gericht will die Organisation ein Präzedenzurteil erzielen und feststellen lassen, dass sich die Presse nicht strafbar macht, wenn sie im Rahmen der Berichterstattung über Vereinsverbote auf Archivseiten wie die von “linksunten.indymedia” verlinkt. Das bloße Verlinken sei von der Pressefreiheit geschützt und könne nicht als Unterstützung einer verbotenen Vereinigung angesehen werden, so die GFF.

Außerdem solle Rechtssicherheit darüber geschaffen werden, dass die Rundfunkfreiheit vor der Durchsuchung von Redaktionsräumen und Wohnungen von Mitarbeitern schützt.

Zu diesem Zweck wurde am Montag gemeinsam mit Radio Dreyeckland Beschwerde beim Landgericht Karlsruhe eingereicht. Die GFF hat bereits angekündigt, Verfassungsbeschwerde einlegen zu wollen, sollte das Landgericht die Durchsuchungen bestätigen.

Der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte die Internetplattform “linksunten.indymedia” im August 2017 auf Grundlage des Vereinsgesetzes verboten. Das Ministerium hatte damals erklärt, es handle sich um “die einflussreichste Internetplattform gewaltbereiter Linksextremisten in Deutschland”. Die GFF hält das Verbot hingegen für unverhältnismäßig. Zuletzt wurde eine Verfassungsbeschwerde gegen das Verbot im März 2023 vom Bundesverfassungsgericht aus formalen Gründen abgewiesen.

Radio Dreyeckland entstand aus der Anti-Atomkraftbewegung. Die erste Sendung wurde, damals noch unter anderem Namen, Ende der 1970er Jahre ausgestrahlt. Seit 1988 hat der Sender eine offizielle Rundfunklizenz.

Durchsuchungen und Beschlagnahmungen

Am 17. Januar hatte der Sender über die Durchsuchungen informiert. Dabei seien Computer, Mobiltelefone und Datenträger beschlagnahmt worden, auf denen “sensible, vom Redaktionsgeheimnis geschützte Daten” gespeichert waren. Die Geräte wurden zwar nach drei Tagen von der Polizei zurückgegeben, die Daten seien aber für weitere Auswertungen kopiert worden.

Darüber hinaus erklärte Radio Dreyeckland, die Staatsanwaltschaft habe beim Hoster der Internetseite des Senders die IP-Adressen erfragt, “die in letzter Zeit auf rdl.de zugegriffen haben”. Durch die Intervention der Anwältin des Senders sei dies aber verhindert worden.

Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) hatte die Durchsuchungen im Januar als “Angriff auf die Pressefreiheit” kritisiert. “Durchsuchungen von Redaktionsräumen gefährden immer auch den Quellenschutz”, so RSF. Dadurch könne davon abgeschreckt werden, sich mit vertraulichen Informationen an Journalisten zu wenden.

Auch der Deutsche Journalistenverband (DJV) hatte kritisiert, die Polizei habe “massiv gegen das Redaktionsgeheimnis” verstoßen. Es wirke wie ein “gezielter Einschüchterungsversuch gegen unliebsame Journalisten”. (js)