Studie: Hohe Feinstaubbelastung gefährdet weltweit die Gesundheit

Innenstadt
Stadtbewohner atmen besonders schlechte Luft. (Quelle: IMAGO / Michael Gstettenbauer)

Die Feinstaubbelastung ist weltweit nach wie vor zu hoch. Der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Tageshöchstwert für Partikel der Größe PM2,5 wurde zuletzt im globalen Durchschnitt an 70 Prozent aller Tage überschritten, wie ein Forschungsteam im Fachmagazin The Lancet Planetary Health berichtet. Nur 0,001 Prozent der Menschen leben demnach an Orten, an denen der empfohlene Jahreshöchstwert nicht übertroffen wird.

Die Gruppe um Yuming Guo von der Monash University in Melbourne hatte die Feinstaubbelastung auf Basis von Messwerten und Computermodellen für die Jahre 2000 bis 2019 ermittelt. “Eine Fülle von Beweisen hat die nachteiligen Auswirkungen einer kurzfristigen und langfristigen Exposition gegenüber PM2,5 in der Umgebungsluft auf die menschliche Gesundheit gestützt, selbst bei niedrigen PM2,5-Konzentrationen”, schreiben Guo und Kollegen.

Das Team hatte Feinstaub-Messwerte von 5446 Stationen in 65 Ländern als Basis für ein Computermodell genommen, das den weltweiten Transport von Substanzen durch die Luft nachbildet. Ergänzt um Daten zu Wetter, Klima, Landnutzung und geografischen Gegebenheiten wurde die weltweite tägliche PM2,5-Feinstaubbelastung mit einer Auflösung von etwa zehn mal zehn Kilometern berechnet. Die Forscher gehen davon aus, dass ihr Modell auch realistische Werte für die Regionen liefert, in denen keine Messstationen stehen.

Für den Zeitraum 2000 bis 2019 wurde ein weltweiter PM2,5-Jahresdurchschnitt von 32,8 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft ermittelt. Am höchsten lag der Wert demnach mit etwa 50 in Ostasien (inklusive China), gefolgt von Südasien mit 37,2 und Nordafrika mit 30,1. Die niedrigsten Werte wiesen Australien und Neuseeland (8,5), das übrige Ozeanien (12,6) und Südamerika (15,6) auf.

Fortschritte in Europa

Der von der WHO empfohlene Tageshöchstwert von 15 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft wurde weltweit an mehr als 70 Prozent aller Tage überschritten, in Ost- und Südasien sogar an mehr als 90 Prozent aller Tage.

Einen Rückgang der Feinstaubbelastung gab es der Analyse zufolge in Europa sowie in einigen Regionen Nordamerikas und Afrikas. In Europa wurde der empfohlene Tageshöchstwert im Jahr 2000 noch an knapp 60 Prozent aller Tage überschritten, 2019 waren es nur noch 25 Prozent aller Tage. In Nordeuropa lagen die Werte dabei deutlich niedriger als in den übrigen Regionen des Kontinents.

In Deutschland wurde der WHO-Jahresgrenzwert für PM2,5 von 5 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahr 2022 nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) an fast allen der etwa 200 Messstationen überschritten. Die mittleren Feinstaubwerte lagen damit auf dem Niveau des Vorjahres. Auch der von der WHO empfohlene Grenzwert für Stickoxide von 10 Mikrogramm pro Kubikmeter wurde 2022 an rund drei Viertel aller Messstationen übertroffen.

Sieben Millionen Tote jährlich

Als PM2,5 werden Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern bezeichnet. PM2,5-Partikel können teils bis in die Lungenbläschen und in die Blutbahn vordringen.

Nach WHO-Angaben sterben jährlich rund sieben Millionen Menschen vorzeitig infolge von Luftverschmutzung. Nach Daten der EU-Umweltagentur EEA sind allein in der EU im Jahr 2020 mindestens 238.000 vorzeitige Todesfälle auf die Feinstaubbelastung zurückzuführen. In Deutschland gab es 2022 etwa 28.000 vorzeitige Todesfälle im Zusammenhang mit zu hohen Feinstaubkonzentrationen. Besonders die Luft in Städten wirkt sich negativ auf die Gesundheit der Bewohnerinnen und Bewohner aus.

Luftverschmutzung verursacht auch dauerhafte Gesundheitsprobleme und erhebliche Kosten für den Gesundheitssektor, so die EEA. Langfristige Feinstaubbelastung kann unter anderem zu Herz-Kreislauferkrankungen und Lungenkrebs führen.

Aus Heizung und Verkehr

Feinstaub entsteht dem UBA zufolge etwa im Verkehr, in Kraft- und Fernheizwerken, Öfen und Heizungen sowie bei der Metall- und Stahlerzeugung. Er kann auch natürlichen Ursprungs sein – etwa als Folge von Bodenerosion. In Ballungsgebieten ist der Straßenverkehr die dominierende Quelle.

Eine weitere wichtige Quelle ist die Landwirtschaft: Die Emissionen gasförmiger Vorläuferstoffe, insbesondere die Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung, tragen laut UBA auch zur Feinstaubbildung bei.

WHO senkte Grenzwerte

Die WHO hatte die empfohlenen Grenzwerte für PM2,5-Feinstaub im Jahr 2021 gesenkt, weil Studien gezeigt hatten, wie stark die Gesundheit unter Luftverschmutzung leidet: Für die mittlere jährliche Belastung wurde der Richtwert von 10 auf 5 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft herabgesetzt.

Im Rahmen des europäischen Green Deal sollen die EU-Luftqualitätsstandards an die WHO-Empfehlungen angepasst werden. Der im Oktober 2022 veröffentlichte Kommissionsvorschlag für eine neue Luftqualitätsrichtlinie sieht einen Null-Schadstoff-Aktionsplanvor: Bis 2030 soll die Zahl der durch Schadstoffe in der Luft verursachten vorzeitigen Todesfälle in der EU um 55 Prozent reduziert werden. Bis 2050 soll die Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden “auf ein Niveau gesenkt werden, das als nicht mehr schädlich für die Gesundheit und die natürlichen Ökosysteme gilt”.

“Dennoch werden weitere Anstrengungen erforderlich sein, um die Null-Verschmutzungsvision für 2050 zu erreichen”, meint die EEA. (dpa / hcz)