G7-Staaten: Kein Geld mehr für Kohlestrom

Kohlekraftwerk
In der Abschlusserklärung verpflichten sich die G7-Staaten ab 2050 klimaneutral zu sein. Die meisten Beteiligten wollen dieses Ziel aber schon früher erreichen. (Quelle: IMAGO / Jochen Tack)

Die Umwelt- und Energieminister der G7-Staaten wollen die direkte staatliche Unterstützung von Kohlekraftwerken beenden. Darauf verständigten sich die Minister auf ihrer zweitägigen virtuellen Tagung, wie das Bundesumweltministerium am Freitagnachmittag mitteilte. Noch in diesem Jahr sollen dazu die nötigen Schritte eingeleitet werden.

In dem Abschlussdokument der Tagung heißt es außerdem, die Staaten wollten “direkte Regierungshilfen für kohlenstoffintensive fossile Energien beenden”. Diese Entscheidung solle auch bei der Entwicklungshilfe und bei Handelsabkommen zum Tragen kommen. Die G7-Staaten wollen sowohl ihre Handels- als auch Finanzpolitik dahingehend überprüfen. Ab 2030 soll dann der gesamte Stromsektor der Teilnehmerstaaten “weitgehend dekarbonisiert” sein", also kein CO2 mehr ausstoßen.

Aktueller Stand in Deutschland ist, dass die Kohlekraftwerke noch bis zum Jahr 2038 weiterlaufen. Wegen Deutschlands aktualisierter Klimaziele muss dieser Plan nach Ansicht von Experten aber ohnehin angepasst werden. Ab 2045 will Deutschland klimaneutral sein.

Schlupflöcher weiter vorhanden

Zwar hatten sich die G7-Staaten bereits 2016 dazu bereit erklärt, kein Geld mehr in fossile Energieträger zu investieren, doch waren diese Zusagen äußerst vage formuliert. So sollte die Regelung von damals erst ab 2025 gelten und betraf nur “ineffiziente” Investitionen. Diese Formulierung ließ viel Interpretations- und Handlungsspielraum.

Auch die nun verabschiedete Erklärung lässt Freiräume. “In diesem Zusammenhang werden wir neue direkte staatliche Unterstützung für kohlenstoffintensive internationale Energie aus fossilen Brennstoffen auslaufen lassen, außer unter begrenzten Umständen im Ermessen des jeweiligen Landes”, heißt es in der Abschlusserklärung. Die jeweilige Investition sollte nur “mit einem ehrgeizigen, klar definierten Pfad zur Klimaneutralität vereinbar [sein], um 1,5 Grad Celsius in Reichweite zu halten”.

Konkreter werden die Beteiligten dann bei Kohlekraftwerken: “Wir betonen, dass internationale Investitionen in die unverminderte Kohleverstromung jetzt gestoppt werden müssen, und verpflichten uns, konkrete Schritte in Richtung eines absoluten Endes neuer direkter staatlicher Unterstützung für die unverminderte internationale thermische Kohleverstromung bis Ende 2021 zu unternehmen.”

Ob mit “unverminderter Kohleverstromung” auch Investitionen in Kohlekraft-Projekte mit der sogenannten CCS-Technik gemeint sind, also Kohlendioxid-Abscheidung und -Speicherung, ist unklar. Bei dem noch nicht einsatzfähigen Verfahren soll das unerwünscht produzierte CO2 beispielsweise in unterirdischen Hohlräumen eingelagert werden. Dabei kritisieren Experten und Umweltverbände, dass bislang weder die Sicherheit noch die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens bewiesen sei.

Die Umweltorganisation Germanwatch begrüßte die Vereinbarung dennoch. “Sehr erfreulich ist, dass die Ankündigung von Zielen mit konkreten Beschlüssen zum Stopp der internationalen Kohlefinanzierung und die Ankündigung zusätzlicher Klimafinanzierung untermauert wird”, sagte Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. Wichtig sei es, dass sich beim G7-Gipfel auch die Regierungschefinnen und -chefs hinter diese Ankündigungen stellen.

Auch IEA fordert Ausstieg

Vergangene Woche hatte auch die Internationale Energieagentur (IEA) mit ihrer Forderung nach einem sofortigen internationalen Investitionsstopp für neue Öl-, Gas- und Kohleprojekte überrascht. Die Organisation hatte argumentiert, dieser Schritt sei nötig, um die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 rechnerisch auf Null zu reduzieren. Bisherige Klimazusagen der Regierungen reichten aus Sicht der IEA nicht aus, um die Ziele des Pariser Klimavertrags zu erreichen und die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen.

Die Organisation sieht die Bedeutung und Nachfrage nach fossilen Energieträgern und deren Preise bis 2050 stark abfallen. Denn bis zum Jahr 2050 müsse der Energiesektor weitgehend auf erneuerbaren Energieträgern beruhen. Es brauche außerdem eine Politik, die den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotor bis 2035 beende.

Weitere Vereinbarungen

Die Minister der sieben Staaten – Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, USA und Großbritannien – sprachen sich außerdem dafür aus, bis 2030 30 Prozent der nationalen und globalen Landes- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. Die Bundesregierung war Anfang des Jahres der sogenannten High Ambition Coalition for Nature and People (HAC) beigetreten, einer Staatenallianz von mehr als 50 Regierungen, die sich diesem 30-Prozent-Ziel verschrieben haben.

In ihrem Abschlussdokument verpflichten sich die G7-Minister auch dem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu werden. Die G7-Minister wollen außerdem Entwicklungsländer beim Klimaschutz mehr unterstützen. Bis zur Weltklimakonferenz in Glasgow im November wolle man sich darauf verständigen, die entsprechenden Finanzmittel für die kommenden Jahre zu erhöhen. Natur- und Klimaschutz sollen stärker verknüpft werden: Mit Blick auf die Weltbiodiversitätskonferenz im chinesischen Kunming sagten die Minister zu, sich für einen ambitionierten globalen Rahmen für biologische Vielfalt einsetzen zu wollen. Weitere Schwerpunkte der Gespräche waren eine verstärkte Bekämpfung des Wildtierhandels und die Vereinbarung, nachhaltige, entwaldungsfreie Lieferketten zu fördern.

Handlungsdruck besteht auch nach der aktuellen Abmachung. Denn im Jahr 2020 lag die Durchschnittstemperatur weltweit bereits 1,2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau. In einigen Teilen der Welt wurde die Grenze von 1,5 Grad Celsius bereits überschritten. (dpa / hcz)