Gericht: Julian Assange bleibt in Haft
Ein britisches Gericht hat am Mittwoch entschieden, dass Wikileaks-Gründer Julian Assange in Haft bleiben muss. Richterin Vanessa Baraitser begründete ihre Entscheidung damit, dass Fluchtgefahr bestehe.
Am Montag hatte Baraitser die Auslieferung Assanges an die USA abgelehnt. Dieses Urteil hatte sie mit dem psychischen Gesundheitszustand Assanges und den Haftbedingungen begründet, die ihn in den USA erwarten würden. Es sei damit zu rechnen, dass er sich in Isolationshaft das Leben nehmen würde. Im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh könne er hingegen gut behandelt werden, so die Richterin.
Die USA haben bereits angekündigt, in Berufung zu gehen, um eine Auslieferung zu erreichen. Das Verfahren könnte damit noch den britischen Supreme Court und schließlich den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beschäftigen.
Aus “Fairnessgründen” festgehalten
Assanges Anwalt, Edward Fitzgerald, plädierte am Mittwoch vor dem Gericht für die Freilassung seines Mandanten gegen Kaution. Da die Auslieferung abgelehnt wurde, habe Assange keinen Grund, aus dem Land zu fliehen. Er vertraue auf ein ordnungsgemäßes Verfahren in Großbritannien. Zudem sei eine Freilassung die erste Möglichkeit für Assange, mit seinen Kindern zusammenzuleben. Gegen das Kautions-Urteil könnten Assange und seine Anwälte noch Berufung einlegen.
Richterin Baraitser betonte mit Blick auf ihr erstes Urteil: “Aus Fairnessgründen muss es den USA gestattet sein, meine Entscheidung anzufechten, und wenn Herr Assange während dieses Prozesses flüchtet, verlieren sie die Gelegenheit dazu.” Assange verfüge weiterhin über ein riesiges Netzwerk, auf das er sich stützen könne, falls er erneut untertauchen wolle.
Für die USA ist das Kautions-Urteil damit ein Erfolg. Deren Gerichtsvertreterin Clair Dobbin warnte vor einer Haftentlassung: “Er hat gezeigt, dass er sehr viel auf sich nehmen kann, um einer Auslieferung zu entgehen.” Dabei verwies sie auch auf Hilfs- und Asylangebote wie zuletzt von Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador. Dobbin sagte, Assange betrachte sich als über dem Gesetz stehend.
Kritik von Reporter ohne Grenzen
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) kritisierte das Urteil scharf. Der Richterspruch sei “eine unnötig grausame Entscheidung”, schrieb Rebecca Vincent von ROG auf Twitter. “Assange sollte nicht einen Moment länger ungerechtfertigterweise seiner Freiheit beraubt sein.” Dennoch erwartet Reporter ohne Grenzen ein positives Ende des Verfahrens. “Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine Berufung der USA Erfolg haben wird”, sagte Vincent noch vor dem neuen Urteil der Deutschen Presse-Agentur. Sie hofft, dass Assange durch den gewählten US-Präsidenten Joe Biden begnadigt wird. Biden wird am 20. Januar vereidigt.
Die US-Justiz wirft dem gebürtigen Australier vor, zusammen mit der Whistleblowerin Chelsea Manning geheimes Material von US-Mitlitäreinsätzen im Irak und Afghanistan gestohlen und veröffentlicht zu haben. Damit habe er das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht. Die Unterstützer Assanges sehen in ihm hingegen einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen aufgedeckt hat.
Assange sitzt seit gut eineinhalb Jahren im Gefängnis Belmarsh im Südosten Londons in Haft, weil er 2012 mit seiner Flucht in die ecuadorianische Botschaft gegen Kautionsauflagen verstoßen hatte. (dpa / js)