Indien: Twitter sperrt wieder regierungskritische Konten
Nach einem mehrwöchigen Streit mit der indischen Regierung hat Twitter nun doch Hunderte Nutzerkonten gesperrt: Die Regierung hatte das soziale Netzwerk wiederholt aufgefordert, Inhalte und Accounts offline zu nehmen, die im Zusammenhang mit den andauernden Bauernprotesten stehen. In der vergangenen Woche hatten die Behörden sogar mit der Verhaftung von Twitter-Mitarbeitern gedroht. Nun hat das Unternehmen eingelenkt und Maßnahmen gegen Hunderte beanstandete Accounts ergriffen.
Die Inhalte würden klar die Twitter-Richtlinien verletzen, teilte die Firma am Mittwoch mit. Gründe für die Maßnahmen seien “Anstiftung zu Gewalt, Missbrauch, Schadenswünsche [wishes of harm] und Drohungen”. Dies könne zu Schaden außerhalb des Internets führen. Weitere 500 Accounts seien wegen “Plattformmanipulation und Spam” gesperrt worden.
Außerdem habe das Unternehmen die Sichtbarkeit von Hashtags mit “schädlichen Inhalten” reduziert, weshalb sie nicht mehr “trenden” könnten.
Gerangel zwischen Twitter und Regierung
Twitter hatte seit dem 1. Februar Blockierungsaufforderungen der indischen Regierung erhalten, hieß es in der Mitteilung. Das Social-Media-Netzwerk war den Aufforderungen auch zunächst gefolgt. So wurde beispielsweise das Profil eines indischen Magazins, das über die Bauernproteste berichtet hatte, temporär gesperrt. Nach öffentlicher Kritik hatte Twitter aber seine Entscheidung innerhalb weniger Stunden revidiert und die Inhalte wieder freigegeben.
Kurz zuvor hatte sich ein Anwalt des Social-Media-Unternehmens mit Vertretern der indischen Regierung getroffen und erklärt, die Tweets seien von der Redefreiheit gedeckt und hätten Nachrichtenwert. Nach dem Treffen erklärte Twitter in einer Mitteilung, die Anordnungen der Regierung nicht zu befolgen.
Das indische Ministerium für Informationstechnologie hatte daraufhin gefordert, die beanstandeten Tweets erneut zu sperren und damit gedroht, lokale Twitter-Mitarbeiter zu hohen Geld- oder mehrjährige Gefängnisstrafen zu verurteilen.
Als juristische Grundlage für die Forderungen der Regierung dient die Section 69A des indischen Information Technology Act. Das Gesetz erlaubt der Regierung, digitale Informationen für die Öffentlichkeit zu sperren, wenn sie die “Sicherheit des Staates” oder “die öffentliche Ordnung” bedrohen.
Nun hat Twitter entschieden, doch einen Teil der beanstandeten Konten – nur in Indien – zu sperren. Accounts von Journalisten, Aktivisten und Politikern würden jedoch weiterhin nicht blockiert. Diese seien vom indischen Recht und der Meinungsfreiheit gedeckt.
Aufgeheizte Lage
Hintergrund des Zwists: Seit November kampieren Zehntausende Bauern rund um die Hauptstadt Delhi und fordern die Rücknahme einer Agrarhandelsreform. Kürzlich kam es dabei zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Bauern und Polizisten, bei denen mindestens ein Demonstrant starb und Dutzende Polizisten verletzt wurden. Viele Bürger nutzen Twitter derzeit, um sich zum Thema zu äußern, unter anderem unter dem Hashtag #modiplanningfarmersgenocide. (dpa / hcz)