Bundesrat stimmt gegen neue Regeln zur Bestandsdatenauskunft

Sitzung des Bundesrats am Freitag
Die Grünen halten die Neuregelung der Bestandsdatenauskunft für verfassungswidrig. (Quelle: IMAGO / Stefan Zeitz)

Die Neuregelungen für den staatlichen Zugriff auf Bestandsdaten bei Telekommunikationsanbietern haben am Freitag nicht die nötige Mehrheit im Bundesrat erhalten. Die Mehrheit fehlte auch wegen mangelnder Zustimmung von Ländern, in denen die Grünen an der Regierung beteiligt sind. Der Bundestag hatte das neue Gesetz Ende Januar verabschiedet.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im vergangenen Jahr festgestellt, dass die bisherigen Regeln das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie auf Wahrung des Telekommunikationsgeheimnisses verletzen – und eine Reform bis Ende 2021 verlangt. Die Neuregelung muss die Bedingungen konkreter fassen, unter denen Daten abgerufen werden können und Verwendungszwecke stärker begrenzen. Die Regelungen zur Bestandsdatenauskunft ermöglichen den Behörden, bei Telekommunikationsanbietern erhobene Bestandsdaten wie etwa den Namen oder die Anschrift abzufragen.

Die Grünen sind der Ansicht, dass auch die neuen Regeln zur Abfrage von Bestandsdaten noch zu weitreichend sind – und nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entprechen. Die Partei kritisierte, das Gesetz enthalte “teils offensichtlich, teils mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrige und teils verfassungsrechtlich zweifelhafte Regelungen”. Die Möglichkeiten zur Datenübermittlung an staatliche Stellen seien zu weit gefasst und die Rechte von Betroffenen nicht ausreichend geschützt. Eigene grundrechtsschonende Alternativvorschläge seien von den Regierungsparteien abgelehnt worden, sagte der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz.

Bundestag oder Bundesregierung können nun den Vermittlungsausschuss anrufen und versuchen, dort eine Lösung zu finden. Das Gremium ist je zur Hälfte mit Vertretern von Bundesrat und Bundestag besetzt. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte der Nachrichtenagentur dpa, es sei wahrscheinlich, dass die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss anrufen werde. Eine verbindliche Aussage sei derzeit aber noch nicht möglich.

In seinem Urteil hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Bestandsdatenauskunft an bestimmte Voraussetzungen, wie eine konkret drohende Gefahr, geknüpft sein muss. In dem Urteil heißt es weiter: “Auch Auskünfte über Daten, deren Aussagekraft und Verwendungsmöglichkeiten eng begrenzt sind, dürfen nicht ins Blaue hinein zugelassen werden.”

Auch Experten hatten Neuregelung kritisiert

Bedenken gibt es aber nicht nur von Seiten der Grünen: Auch Experten hatten die Neuregelung vorab im Innenausschuss des Bundestages als potenziell verfassungswidrig kritisiert. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hatte beispielsweise bemängelt, dass bestimmte Regeln “den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen nicht im vollem Umfang” genügen. Kelber hatte außerdem gefordert, dass sich das Gesetz auf Straftaten beschränken sollte – die Datenübermittlung zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten sollte gestrichen werden.

Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Oktober 2020 auch das bereits vom Bundestag verabschiedete Gesetz gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität gestoppt. Das Gesetz hatte vorgesehen, dass soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter Hasskommentare künftig an das Bundeskriminalamt (BKA) melden sollen, das dann auf Nutzerdaten bei den Anbietern zugreifen darf. Mit dem neuen Gesetz zur Bestandsdatenauskunft sollte auch das nachgebesserte Gesetz gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität in Kraft treten können.

Vertreter von Union und SPD zeigten sich nach der Ablehnung im Bundesrat empört. “Durch diese Blockade kann auch das Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität nicht ausgefertigt werden”, sagte der baden-württembergische CDU-Landesvorsitzende und Innenminister Thomas Strobl.

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz erklärte, der Kampf gegen Rechtsextremismus müsse vorankommen, aber es brauche verfassungskonforme Regelungen: “Wer so agiert und auf schwerwiegende Bedenken und berechtigte Kritik nicht ansatzweise eingeht, darf sich nicht wundern, wenn er letztlich mit gänzlich leeren Händen dasteht.” (dpa / js)