Iran erhängt regierungskritischen Journalisten
Entführt, verurteilt, hingerichtet: Der Journalist Ruhollah Zam wurde nach iranischen Behördenangaben am Samstag in Teheran getötet. Ein Revolutionsgericht hatte ihn im Juni zum Tode verurteilt. In der vergangenen Woche hatte das oberste Gericht das Urteil bestätigt.
Zam wurde vorgeworfen, auf seinem Kanal AmadNews Propaganda gegen die Staatsführung betrieben zu haben: Sein Telegram-Channel hatte mehr als eine Millionen Follower. Dort berichtete er unter anderem über die Demonstrationen zum Jahreswechsel 2017/2018.
Damals hatten sich mehrere Zehntausend Menschen den überregionalen Protesten angeschlossen, um ihrem Unmut über die wirtschaftliche Lage und fehlende politische Veränderungen im Iran Ausdruck zu verleihen. Das iranische Regime versuchte daraufhin, soziale Medien zu verbieten. Der dort besonders beliebte Messenger Telegram ist seit April 2018 verboten.
Über Zams Telegram-Gruppe wurden unter anderem Termine für Proteste koordiniert und Enthüllungen über Staatsbedienstete verbreitet. In diesem Zusammenhang wurde dem Journalisten vorgeworfen, gewaltsame Proteste provoziert zu haben. Der 47-Jährige wurde schlussendlich wegen “Verderbung auf Erden”, Verschwörung gegen die nationale Sicherheit und anderen politischen Tatbeständen schuldig gesprochen.
In den Iran entführt
Der Konflikt zwischen Zam und der iranischen Regierung hat eine Vorgeschichte: Er begann, nachdem er im Jahr 2009 Vorwürfe der Wahlfälschung erhoben hatte. Der Blogger wurde zeitweise inhaftiert, floh nach der Freilassung nach Frankreich ins politische Asyl – und lebte dort mit seiner Familie unter Polizeischutz. Von dort aus betrieb er das regierungskritische Portal AmadNews. Die iranische Regierung warf ihm vor, mit ausländischen Geheimdiensten zusammenzuarbeiten.
Die Umstände, wie die iranischen Revolutionsgarden dennoch Zam habhaft wurden, sind bis heute nicht schlussendlich geklärt. Laut Süddeutscher Zeitung sei der Blogger 2019 mit dem Versprechen in den Irak gelockt worden, den regimekritischen iranischen Ayatollah Ali as-Sistani zu treffen. Dort hätten ihn die Revolutionsgarden festgenommen und in den Iran verschleppt. Die Behörden führten ihn im Oktober 2019 im Staatsfernsehen vor und brüsteten sich damit, ihn mithilfe von Täuschung und geheimdienstlichen Methoden verhaftet zu haben.
Internationale Empörung
Die Hinrichtung des Bloggers hat international Betroffenheit und Empörung hervorgerufen. So verurteilte Frankreich die Tötung als “schwerwiegenden Verstoß gegen die freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit”. Das Außenministerium sprach von einer “barbarischen und inakzeptablen Handlung, die gegen die internationalen Verpflichtungen des Landes verstößt”.
Das Auswärtige Amt drückte “Entsetzen” über die Hinrichtung aus: “Wir sind schockiert über die Umstände der Verurteilung, insbesondere über die vorangegangene Entführung aus dem Ausland.” Die Behörde forderte den Iran auf, die Meinungsfreiheit seiner Bürger zu respektieren, alle politischen Gefangenen freizulassen und keine weiteren Todesstrafen zu verhängen oder zu vollstrecken.
Ein Sprecher der Europäischen Union verurteilte ebenfalls die Exekution “aufs Schärfste”. “Es ist auch unerlässlich, dass die iranischen Behörden die Prozessrechte der beschuldigten Personen wahren und die Praxis der Verwendung von Geständnissen im Fernsehen zur Feststellung und Förderung ihrer Schuld einstellen”, besagt die Erklärung. Die EU fordere den Iran auf, künftige Hinrichtungen zu unterlassen und eine konsequente Politik zur Abschaffung der Todesstrafe zu verfolgen.
Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) zeigte sich auf Twitter, “empört über dieses neue Verbrechen der iranischen Justiz”. “Mastermind” dieser Exekution sei der politische und religiöse Führer des Irans Ali Chamenei. (hcz)