Iran will Kopftuchzwang mit Gesichtserkennung kontrollieren

Frauen in Teheran
Der Iran soll über Gesichtserkennungstechnik aus China verfügen. (Quelle: IMAGO / NurPhoto)

Der Iran will den bestehenden Kopftuchzwang für Frauen im Land mit Gesichtserkennung durchsetzen. Die Technik soll Frauen in öffentlichen Verkehrsmitteln identifizieren, die sich den Vorschriften widersetzen.

Wie der Guardian am Montag berichtete, plant die Regierung den Einsatz der Überwachungstechnik auch auf öffentlichen Plätzen. Dies habe der für “Förderung der Tugend und Verhinderung von Laster” zuständige Minister in einem Interview angekündigt. Laut Al Arabiya sagte er: “Die Technologie ermöglicht nun den Abgleich von Bildern mit Fotos in nationalen Personalausweisen, sodass Frauen ohne Hidschab identifiziert werden können.”

Radio Free Europe erklärte, dies sei das erste Mal, dass ein Beamter im Iran öffentlich zugebe, dass Überwachungskameras im Land mit Gesichtserkennungssoftware ausgestattet sind. Ob es dabei um landesweite oder regional begrenzte Überwachungsmaßnahmen geht, ist bisher nicht bekannt.

Biometrische Ausweise

Der Iran hatte im Jahr 2015 begonnen, biometrische Ausweise einzuführen. Außer Gesichtsbildern werden auch Iris-Scans und Fingerabdrücke gespeichert.

Azadeh Akbari, die an der niederländischen Universität Twente unter anderem zu Überwachung forscht, sagte gegenüber dem Guardian: “Ein großer Teil der iranischen Bevölkerung ist nun in dieser nationalen biometrischen Datenbank erfasst, da viele öffentliche Dienste auf biometrische Ausweise angewiesen sind.”

Akbari zufolge spielt die iranische Regierung schon lange mit dem Gedanken, Gesichtserkennung einzusetzen, um Personen zu identifizieren, die gegen Gesetze verstoßen. Die Regierung wolle mit ihrer Ankündigung ein Signal senden: “Glaubt nicht, dass eine Kleinigkeit, die irgendwo in einem Bus passiert, vergessen wird. Wir wissen, wer du bist und wir werden dich finden, und dann wirst du die Konsequenzen tragen müssen.”

Nach Angaben der Forschungsfirma für Überwachungstechnologie IPVM, hat der Iran einen Fünfjahresvertrag mit der chinesischen Firma Tiandy geschlossen. Diese bietet unter anderem Gesichtserkennungssoftware an.

Proteste gegen Kopftuchpflicht

Frauen werden im Iran bereits heute kontrolliert und auch verhaftet, wenn sie sich der Kopftuchpflicht widersetzen. Im Juli wurde beispielsweise die Künstlerin Sepideh Rashno in einem Bus in Teheran von einer anderen Frau angegriffen, weil sie ihren Schal nicht über den Kopf ziehen wollte. Videos von dem Vorfall verbreiteten sich online – und Rashno wurde anschließend verhaftet. Ende Juli wurde eine Entschuldigung von ihr im Staatsfernsehen ausgestrahlt. Menschenrechtler kritisierten, sie sei dazu gezwungen worden. Erst Ende August wurde sie gegen eine Kaution von umgerechnet etwa 19.000 Euro freigelassen. Regierungsangaben zufolge wurden zuletzt 300 Anti-Hidschab-Aktivistinnen im Iran verhaftet.

Das Tragen eines Kopftuchs ist im Iran seit der Islamischen Revolution von 1979 Pflicht für Mädchen und Frauen. Medienberichten zufolge wurden die Regeln im August noch weiter verschärft: Frauen, die im Internet Bilder von sich ohne Hidschab zeigen, können demnach bestimmte soziale Rechte für einen Zeitraum zwischen sechs Monaten und einem Jahr entzogen bekommen.

Viele Frauen leisten jedoch Widerstand: Wie die Deutsche Welle berichtet, waren zum staatlich verordneten “Tag des Hidschabs” im Juli beispielsweise Frauen ohne Kopftuch auf die Straße gegangen – und hatten im Internet Fotos davon veröffentlicht. Dabei wird die Einhaltung der Vorschriften von der Sittenpolizei überwacht. Bei Nichteinhaltung drohen Geld- oder sogar Haftstrafen. Doch die iranische Exil-Journalistin Moulod Hadschisadeh sagte gegenüber der Deutschen Welle: “Diese harten Strafen haben die von den Machthabern gewünschte Wirkung verfehlt. Dank des Internets und verschiedener Kampagnen in den letzten Jahren gehört das Bild einer Frau ohne Kopftuch zum Alltag in den Großstädten.”

Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International werden Frauen im Iran in vielen Lebensbereichen diskriminiert. Die Vorschriften zum Tragen des Hidschabs führten zu täglichen Schikanen, willkürlichen Festnahmen, Folter und anderen Misshandlungen. (js)