Klimaklage der Deutschen Umwelthilfe rechtskräftig

Hammer
Trotz der Novelle des Klimaschutzgesetzes sieht die DUH Deutschland bisher nicht auf Kurs beim Klimaschutz. (Quelle: IMAGO / Zoonar)

Vom heutigen Freitag an ist die Bundesregierung rechtlich dazu verpflichtet, mehr Klimaschutzmaßnahmen im Landnutzungssektor (LULUCF) zu ergreifen. Das hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg in einem Urteil Mitte Mai festgelegt. Da das federführende Bundesumweltministerium bis heute keine Revision gegen das Urteil eingelegt hat, ist es jetzt rechtskräftig.

Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die das Urteil am Freitag als Durchbruch mit positiver Wirkung für den Naturschutz und die Landnutzung bezeichnete. Es sei das erste Mal, dass ein Umweltverband eine rechtskräftige Verurteilung der Bundesregierung zu sofortigen konkreten Klimaschutzmaßnahmen vor einem Verwaltungsgericht erwirken konnte, heißt es in einer Mitteilung.

“Im LULUCF-Sektor werden die Klimaziele mit den bisher geplanten Maßnahmen zu praktisch 100 Prozent verfehlt”, erklärte die Organisation. Eigentlich solle der Landnutzungssektor den Klimaschutzzielen zufolge ab dem Jahr 2045 Treibhausgase aufnehmen, um Restemissionen aus anderen Bereichen wie der Zementproduktion auszugleichen. “Laut Berechnungen wird er aber sogar 2045 noch CO2 ausstoßen”, so die DUH.

Auch die Richterinnen und Richter waren im Mai zu der Überzeugung gelangt, dass die Bundesregierung die gesetzlichen Vorgaben nicht vollständig erfüllt, weil sie die verbindlichen Klimaschutzziele und den festgelegten Reduktionspfad für einzelne Sektoren nicht einhält. Zudem stellte das Gericht fest, dass das Klimaschutzprogramm 2023 an methodischen Mängeln leide und teilweise auf unrealistischen Annahmen basiert.

Wälder und Moore retten

Die Regierung muss dem Urteil zufolge neue Klimaschutzmaßnahmen verabschieden, damit die Klimaschutzziele im Landnutzungssektor künftig eingehalten werden. Die DUH fordert dazu bis zum 31. Oktober einen Entwurf neuer Maßnahmen, der innerhalb von sechs Monaten verabschiedet werden soll. Alternativ drohen die Umweltschützer mit einem Zwangsvollstreckungsverfahren.

Die Organisation schlägt unter anderem vor, deutlich weniger Holz aus deutschen Wäldern zu entnehmen, eine schnellere und umfangreichere Wiedervernässung von mindestens 50.000 Hektar Moor pro Jahr und keine weitere Förderung der Holzverbrennung in Kraftwerken.

“Überfällig ist ein ambitioniertes neues Waldgesetz, das sich am Ökosystem Wald und nicht einseitig an den Interessen der Forstindustrie orientiert. Hier muss die FDP ihren Widerstand in der Ressortabstimmung aufgeben”, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner. Zudem forderte er in Hinsicht auf die laufenden Haushaltsverhandlungen mehr Mittel für die Wiederherstellung von Mooren, Feuchtgebieten und Wäldern. “Ohne ein umfassendes Aktionsprogramm für die Wiederherstellung von Ökosystemen und Klimaanpassung sind die verpflichtenden deutschen Klimaziele nicht einzuhalten”, so Müller-Kraenner weiter.

Revision gegen zweite Klage

Anhängig ist weiterhin eine zweite Klage der DUH beim Bundesverwaltungsgericht. Das Oberverwaltungsgericht hatte den Umweltschützern im Mai in erster Instanz recht gegeben. Allerdings ging die Bundesregierung in Revision. Das Urteil verpflichtete die Regierung laut DUH dazu, ihr Klimaschutzprogramm auch für die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Abfallwirtschaft und Sonstiges auszubauen.

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch bezeichnete die Entscheidung zur Revision als “unverantwortliches Spiel auf Zeit”. Mit Annahme des Urteils hätte Klimaschutzminister Robert Habeck die Chance gehabt, wirksame Klimaschutzmaßnahmen wie ein landesweites Tempolimit durchzusetzen, so Resch. Die DUH rechne mit einer Zurückweisung der Revision noch vor der Bundestagswahl im September 2025.

Entschärftes Klimaschutzgesetz

Die beiden Klagen der DUH hatten sich gegen die alte Version des – mittlerweile reformierten – Klimaschutzgesetzes gerichtet. Nach der aktuellen Form wird die Einhaltung der Klimaziele nicht mehr rückwirkend nach Sektoren kontrolliert. Es ist nun nur noch relevant, dass die Klimaziele insgesamt und sektorübergreifend erreicht werden. Das Gesamtziel für den Treibhausgasausstoß Deutschlands hat sich aber auch nach der Novelle nicht geändert.

Aus Sicht der DUH ändere die Reform nichts an dem richterlich bestätigten Anspruch auf ein ausreichendes Klimaschutzgesetz. “Denn die Bundesregierung wird auch dem geänderten Klimaschutzgesetz nicht gerecht”, kritisierte die Organisation.

Gegen die aktuelle Version des Klimaschutzgesetzes hat am Donnerstag der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) zusammen mit dem Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Sie werfen der Bundesregierung ebenfalls vor, unzureichende Klimapolitik zu betreiben, ihren verfassungsrechtlichen Pflichten nicht nachzukommen und die Klimaziele mit der Gesetzesnovelle entkernt zu haben. (hcz)