Klimakrise: 2020 bisher wärmstes Jahr in Europa

Dürre
Die hohen Temperaturen haben 2020 in Teilen Südamerikas zu starken Dürren geführt. (Quelle: Stefan Kühn – CC BY-SA 3.0)

Hitze in Sibirien, Eisverlust an den Polen, Überschwemmungen in Afrika und Asien, Dürre in Südamerika: Die Folgen der Klimakrise zeigen sich global weiter deutlich. In Europa lag die Durchschnittstemperatur in den ersten zehn Monaten des Jahres höher als je zuvor, wie aus einem vorläufigen Bericht zum globalen Klima der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) hervorgeht. Das Jahr 2020 wird demnach eines der drei wärmsten seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen Mitte des 19. Jahrhunderts. Schon jetzt sei klar, dass die Jahre seit 2015 die wärmsten seit Messbeginn waren. Der Temperaturrekord wurde 2016 mit plus 1,2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau erreicht.

Der vorläufige Bericht bezieht sich auf Messungen von Januar bis Oktober. In diesen Monaten lag die globale Durchschnittstemperatur um 1,11 bis 1,23 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900. Obwohl sich das in unregelmäßigen Abständen auftretende Wetterphänomen La Niña im September entwickelte, das eigentlich mit Temperaturabkühlungen einhergeht.

Besonders drastisch waren die Messergebnisse nördlich des Polarkreises in Sibirien: Die Temperatur lag dort von Januar bis Oktober mehr als fünf Grad über dem Durchschnitt von 1981 bis 2010. Nach Angaben der WMO war es auch im Südwesten der USA, im Westen Südamerikas und in Teilen Zentralamerikas außergewöhnlich warm. Kühlere Temperaturen als im Durchschnitt wurden hingegen in Kanada, Teilen Brasiliens, Nordindien und Südostaustralien gemessen.

WMO-Generalsekretär Petteri Taalas sagte: “Dieses Jahr ist der fünfte Jahrestag des Pariser Klimaabkommens. Wir begrüßen alle kürzlich von Regierungen eingegangenen Verpflichtungen, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren, da wir derzeit nicht auf dem richtigen Weg sind und weitere Anstrengungen erforderlich sind.”

Hitzetote in Deutschland

Die steigenden Temperaturen führen in Deutschland bereits jetzt zu deutlich mehr Hitzetoten. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie mit dem Titel “Lancet Countdown on Health and Climate Change 2020”, die von 120 internationalen Forschern gemeinsam mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Weltbank erstellt wurde. Grund für die steigende Zahl an Hitzetoten sei die Zunahme von Hitzetagen pro Jahr in Kombination mit dem steigenden Anteil der Bevölkerung über 65 Jahre.

Temperaturunterschiede
Temperaturunterschiede im Jahr 2020 im Vergleich zum Mittel der Jahre 1981 bis 2010. (Quelle: Copernicus/ECMWF/WMO)

Für das Jahr 2018 ermittelten die Forscher rund 20.200 Todesfälle bei über 65-Jährigen im Zusammenhang mit Hitze. Nur die zwei bevölkerungsreichsten Länder der Welt lagen nach reinen Zahlen in dem Rechenmodell noch höher: China mit 62.000 Hitzetoten und Indien mit 31.000. In die Kalkulation nahmen die Forscher unter anderem die tägliche Maximaltemperatur, den Anteil der über 65-Jährigen und das Sterberisiko dieser Altersgruppe durch Hitze auf.

Mit Blick auf den Mittelwert der Vorjahre ist das ein deutlicher Anstieg: In den Jahren 2014 bis 2018 wurden hierzulande im Schnitt 12.080 Hitzetote dokumentiert, im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2004 waren es noch 8440.

Meeresspiegel steigt seit 1993

Die Weltorganisation für Meteorologie hat in ihrem Bericht auch den Anstieg des mittleren globalen Meeresspiegels untersucht. Er steigt seit Beginn der Messungen im Jahr 1993 um durchschnittlich 3,3 Millimeter pro Jahr. Zwar verzeichneten die Forscher 2020 einen leichten Rückgang. Der sei jedoch, wie schon 2011, wahrscheinlich auf das Wetterphänomen La Niña zurückzuführen. Während dieser Monate fällt mehr Regen in tropischen Flussgebieten als über dem Meer, was den mittleren Meeresspiegel global vorübergehend senkt. La Niña dürfte noch bis zum Frühjahr 2021 zu spüren sein, so die WMO. Am stärksten stieg der Meeresspiegel seit 1993 auf der Südhalbkugel jeweils östlich von Madagaskar, Neuseeland und Südamerika.

Ein Grund für den Anstieg des Meeresspiegels ist schmelzendes Eis in der Nähe des Nord- und Südpols. Die Insel Grönland verlor laut dem Bericht zwischen September 2019 und August 2020 etwa 152 Gigatonnen Eis. Der Meeresspiegel steige aber auch, weil die wachsende Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre zu überschüssiger Energie im Erdsystem führt. Diese Energie wird zu einem großen Teil von den Ozeanen absorbiert. Das Meereswasser wird dadurch wärmer und dehnt sich aus.

In der Arktis war die Ausdehnung des Meereises in den Monaten Juli und Oktober so gering wie nie zuvor seit Beginn der Messungen, berichtet die WMO. Die kleinste Eisausdehnung lag im September bei 3,74 Millionen Quadratmetern und war nach 2012 die zweitkleinste, die je gemessen wurde. Das schwimmende Eis der Arktis trägt beim Schmelzen nicht zum Anstieg des Meeresspiegels bei. Allerdings reflektiert das Eis viel mehr Sonnenlicht als das frei werdende Wasser, so dass die Eisschmelze einen Erwärmungseffekt hat.

Die WMO berichtet außerdem, dass es 2020 zu starken Überschwemmungen in Ostafrika und der Sahel-Region, China und Vietnam gekommen ist. In Südamerika waren Teile des Landes von schweren Dürren betroffen. Während der Hurrikan-Saison im Nordatlantik gab es in diesem Jahr so viele starke Stürme wie nie zuvor.

Die finale Version des WMO-Berichts soll im März 2021 erscheinen. (dpa / js)