Mangelernährung betrifft eine Milliarde Mädchen und Frauen

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Die Ernährungsunsicherheit gefährdet auch das Lernpotenzial, die Löhne und die Lebenschancen heranwachsender Mädchen und Frauen. (Quelle: IMAGO / Pixsell)

Mädchen und Frauen sind weltweit besonders von Mangelernährung betroffen: Weltweit leiden mehr als eine Milliarde Mädchen und junge Frauen an Folgen von Unterernährung, Nährstoffmangel und Anämie. Das geht aus einem neuen Bericht hervor, den das UN-Kinderhilfswerk UNICEF anlässlich des Weltfrauentags am 8. März veröffentlicht hat. Allein in den zwölf Ländern, in denen die Ernährungslage am prekärsten ist, haben 6,9 Millionen schwangere und stillende Mütter und heranwachsende Mädchen nicht ausreichend Nahrung – 2020 waren es noch 5,5 Millionen.

Im Zusammenhang mit der aktuellen Nahrungsmittelkrise seien Mädchen und Frauen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen besonders gefährdet: 68 Prozent der von Untergewicht Betroffenen und 60 Prozent der heranwachsenden Mädchen und Frauen mit Anämie leben in Südasien oder Subsahara-Afrika. Die Länder mit der schwierigsten Ernährungslage sind derzeit Afghanistan, Burkina Faso, Tschad, Äthiopien, Kenia, Mali, Niger, Nigeria, Somalia, Sudan und Südsudan sowie der Jemen.
Die Mangelernährung schwäche unter anderem ihr Immunsystem und erhöhe das Risiko für lebensbedrohliche Komplikationen während Schwangerschaft und Geburt.

Angesichts globaler Krisen und Konflikte sieht UNICEF zu wenige und zu langsame Fortschritte bei der Ernährungssituation von Mädchen und Frauen. “Das Recht der Frauen auf Ernährung wurde viel zu lange übersehen und unterschätzt. Es ist höchste Zeit, das Thema in den Mittelpunkt der globalen Entwicklungsagenda zu stellen, unterstützt durch politisches Engagement und Ressourcen”, fordert UNICEF.

Der Bericht bezieht sich auf Mädchen und Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren. Er stützt sich auf Daten zu Unterernährung aus 190 Ländern und umfasst somit 90 Prozent der Mädchen und Frauen weltweit.

Treiber der Ungleichheit

Frauen seien ungleich stärker von Ernährungsunsicherheit betroffen als Männer: Zwischen den Jahren 2019 und 2021 habe sich die geschlechterspezifische Kluft mehr als verdoppelt – 2019 hatten 49 Millionen mehr Mädchen und Frauen als Männer mit Ernährungsunsicherheit zu kämpfen; 2021 waren es schon 126 Millionen.

“Unsere Erhebungen im östlichen und südlichen Afrika haben ergeben, dass bis zu vier von fünf schwangeren und stillenden Frauen nach der Pandemie von Ernährungsunsicherheit betroffen waren”, so UNICEF.

Die Ernährungsunsicherheit verstärke auch in anderen Bereichen die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern: Das Lernpotenzial, die Löhne und die Lebenschancen heranwachsender Mädchen und Frauen würden durch Mangelernährung verringert.

Ein Problem über Generationen hinweg

Ernährungsmängel werden laut dem UNICEF-Bericht "Unterernährt und übersehen" häufig über Generationen hinweg weitergegeben. Unterernährte Kinder fänden sich in denselben Regionen, in denen auch Frauen zu wenig Nahrung haben. Untergewicht und geringe Körpergröße bei der Mutter führten zu Wachstumsverzögerungen und Mangelerscheinungen bei jungen Kindern. Etwa die Hälfte der weltweiten Wachstumsverzögerungen in der frühen Kindheit entstehe in den 500 Tagen zwischen der Empfängnis und dem 6. Lebensmonat.

Jeweils rund drei Viertel aller Säuglinge mit niedrigem Geburtsgewicht und Kinder mit Wachstumsverzögerung leben in Südasien und Afrika südlich der Sahara.

Entwicklung stagniert

Auch Konflikte, Klimawandel, Armut und Wirtschaftskrisen träfen Frauen stärker als Männer. UNICEF prognostiziert: “Die sich verstärkenden Auswirkungen globaler und lokaler Krisen werden die Ernährungssituation heranwachsender Mädchen und Frauen im Jahr 2023 weiter verschlechtern.”

Die Fortschritte bei der Ernährung heranwachsender Mädchen und Frauen seien zu langsam – und in Gefahr. In keiner Region sehe es bislang so aus, als würden die globalen Ziele der Weltgesundheitsorganisation WHO für 2030 erreicht werden. Bis dann sollte Anämie bei heranwachsenden Mädchen und Frauen um die Hälfte und Untergewicht bei Neugeborenen um 30 Prozent reduziert werden.

Seit dem Jahr 2000 habe sich der Anteil heranwachsender Mädchen mit Untergewicht nicht verändert (8 Prozent) und sei bei Frauen nur leicht zurückgegangen (von 12 auf 10 Prozent). Der Anteil an Anämie läge nach wie vor hoch bei 30 Prozent. Mehr als zwei Drittel der Mädchen und Frauen weltweit leidet an Mikronährstoffmangel.

UNICEF fordert die Regierungen auf, mehr dafür zu tun, dass Mädchen und Frauen Zugang zu nahrhafter erschwinglicher Nahrung erhalten. Auch müssten diskriminierende geschlechterspezifische soziale Normen in diesem Zusammenhang beseitigt werden. (hcz)