UN-Konferenz: Ein Drittel der Ozeane wird Schutzgebiet

Ozean
Noch sind nur die inhaltlichen Eckpfeiler des Abkommens bekannt. Doch ist schon klar, dass ein Durchbruch erzielt wurde. (Quelle: CC0 1.0)

Die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (UN) haben sich am Samstagabend in New York nach 15 Jahren zäher Verhandlungen auf ein Abkommen zum Schutz der Weltmeere geeinigt. Es schafft unter anderem die Grundlage für die Ausweisung großer Schutzgebiete auf hoher See.

Umweltschützer reagierten positiv auf das Ergebnis, mahnten aber auch schnelles Handeln an. Der Vertragstext selbst ist bislang nicht veröffentlicht. Juristen werden das Abkommen nun noch überprüfen und in die sechs Amtssprachen der Vereinten Nationen übersetzen; im Anschluss soll es formell beschlossen und von den einzelnen Ländern ratifiziert werden. Inhaltliche Diskussionen sind nicht mehr vorgesehen.

Ziel der Verhandlungen war es vor allem, künftig mindestens 30 Prozent der Weltmeere als Schutzgebiete auszuweisen. Zudem wurde ein Verfahren festgelegt, um wirtschaftliche Projekte, Expeditionen und andere Aktivitäten in den Meeren auf ihre Umweltverträglichkeit hin zu prüfen.

Außerdem soll das Abkommen die biologische Vielfalt auf Hoher See unter international verbindlichen Schutz stellen. Zwei Drittel der Ozeane gehören zur Hochsee und sind damit bislang weitgehend rechtsfreier Raum – bislang standen nur ein Prozent davon unter Schutz.

UN-Generalsekretär António Guterres sprach von einem “wichtigen Schritt zum Schutz unserer Meere”. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb auf Twitter: “Wir haben es geschafft!” Der Vertrag werde das Meer über nationale Zuständigkeiten hinaus schützen.

Nun müssen Taten folgen

Für die Meeresschutzexpertin der Umweltorganisation WWF, Karoline Schacht, war es “ein Tag zum Jubeln”. Sie sprach in Anlehnung an den “Paris-Moment” beim Klimaschutz von einem “New York-Moment” für die Meere. Die Staatengemeinschaft habe erhebliche Meinungsverschiedenheiten zu Gunsten der Natur und der Zukunft der Menschen auf dem Planeten schlussendlich überwunden. Der Vertrag müsse nun von allen Ländern zügig angenommen und umgesetzt werden.

“Heute ist ein historischer Tag”, sagte Greenpeace-Experte Till Seidensticker laut Mitteilung. “Ab sofort heißt es für die internationale Staatengemeinschaft: Ärmel hochkrempeln und mit konkreten Maßnahmen das Leben im Meer vor weiterer Zerstörung bewahren.” Ohne das Meeresschutzabkommen wäre es laut Greenpeace kaum möglich, das im Dezember 2022 von der Weltnaturkonferenz in Montreal festgelegte “30×30”- Ziel zu erreichen – bis 2030 sollen mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz stehen.

Die Einigung spiegele zwar in vielen Punkten nur den Minimalkonsens wieder und sei weit entfernt von vielen Versprechungen der vergangenen Jahre, sagte Fabienne McLellan von OceanCare. Dennoch werde die Möglichkeit gestärkt, globale Maßnahmen zum Schutz der Ozeane zu ergreifen. “Nach dem langen Verhandlungsprozess darf es keine weiteren Verzögerungen bei der Ratifizierung und Umsetzung geben”, ergänzte McLellan.

Der Schutz der Hohen See sei bisher besonders lückenhaft gewesen, teilte das Bundesumweltministerium in Berlin mit. “Verschmutzung und Übernutzung, beispielsweise durch Überfischung oder Schifffahrt, setzen die Weltmeere immer stärker unter Druck. Auch die Vermüllung durch Plastik und die Klimakrise belasten den Ozean zunehmend.”

Letzte Unstimmigkeiten beseitigt

Unklar blieb zunächst, ob Russland und China Teil des Abkommens sein werden. Verhandlerinnen und Verhandler zweifelten wegen der als destruktiv wahrgenommenen Haltung der Delegation aus Moskau daran. Aber auch China galt als Wackelkandidat.

Mit einem Abkommen zum Schutz der Hochsee hatten sich die Länder der Welt rund 15 Jahre lang auseinandergesetzt, seit 2018 gab es mehrfach Verhandlungsrunden dazu. Im vergangenen August wurde eine Konferenz ergebnislos vertagt.

Zuletzt ging es bei den komplizierten Verhandlungen der fünften Konferenz zwischen den UN-Mitgliedstaaten in New York zum einen um die Frage, wie künftig festgelegt werden soll, welche Teile der Hochsee als Schutzgebiet definiert werden. Vor allem China und Russland pochten Diplomatinnen und Diplomaten zufolge darauf, dass dies einstimmig geschehen müsse – dann hätte ein einzelnes Land jede Entscheidung blockieren können.

Das wurde nun offenbar umgangen: Aus Diplomatenkreisen verlautete in der Nacht zu Sonntag, dass es möglich werden solle, die Schutzgebiete bereits mit einer Dreiviertel-Mehrheit der Mitgliedstaaten festzulegen.

Wo landen die Profite?

Ein weiterer Schlüsselkonflikt drehte sich um potenziell ertragreiche Forschungserkenntnisse: Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen erhoffen sich durch den Fund bislang unbekannter Lebewesen in der kaum erforschten Tiefsee und deren Erbgut Durchbrüche zum Beispiel in der Medizin. Sollte es tatsächlich zu fundamentalen Fortschritten kommen, ließe sich daraus wohl großer Profit schlagen.

Bei dieser Frage rangen die Länder des sogenannten Globalen Südens vor allem mit den führenden Industriestaaten im Norden: Da die größten Volkswirtschaften auch die meisten der erhofften Erträge auf sich vereinen dürften, wurde ein Mechanismus für Ausgleichszahlungen an ärmere Länder etabliert. Der erzielte Kompromiss sieht nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur jährliche Pauschalzahlungen seitens der Industrieländer vor.

Milliarden Dollar für Meeresschutz

Unmittelbar vor dem Durchbruch in New York hatte es auch bei einer anderen Ozean-Konferenz in Panama eine Einigung gegeben: Die Teilnehmer sagten fast 20 Milliarden US-Dollar für den Schutz der Meere zu. Allein die US-Regierung versprach fast 6 Milliarden Dollar für 77 Projekte.

Die EU will ihrerseits die Ausgaben für die Weltmeere 2023 auf 816 Millionen Euro erhöhen. Von dem zugesagten Geld sollen unter anderem Forschungsprojekte oder Satelliten zur Beobachtung der Eisschmelze finanziert werden.

Das Gastgeberland Panama kündigte an, die Größe seiner Meeresschutzgebiete fast zu verdoppeln. Künftig sollen mehr als 54 Prozent der ausschließlichen Wirtschaftszone des Landes unter Schutz stehen.

Rund 70 Prozent der Erde sind von Ozeanen bedeckt. Schätzungen zufolge bieten sie Heimat für 80 Prozent allen Lebens. Viele der Artenå sind bis heute unbekannt. (dpa / hcz)