Menschen im Sudan vom Internet abgeschnitten
Die Menschen im Sudan haben seit Sonntag größtenteils keinen Zugriff mehr auf das Internet. In dem nordostafrikanischen Land ist Mitte April ein bewaffneter Konflikt zwischen der Armee und Paramilitärs ausgebrochen. Berichten zufolge wurde das Internet nach Ausbruch der Kämpfe bereits mindestens einmal gezielt blockiert.
Nach Angaben der Organisation NetBlocks vom Montag können die Menschen im Sudan das Internet derzeit nicht nutzen – das Land sei weitestgehend offline. Unklar ist bisher, ob es sich um eine vorsätzliche Internetsperre handelt oder ob beispielsweise Stromausfälle in Folge der Kämpfe verantwortlich sind. Die New York Times weist aber darauf hin, dass das Militär in der Vergangenheit bereits mehrfach Netzsperren angeordnet hatte.
NetBlocks-Chef Alp Toker erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur AP, es sei möglich, dass Infrastruktur beschädigt oder sabotiert wurde. Auch Telefonverbindungen seien unterbrochen. Toker warnte, die Einschränkungen würden sich “erheblich auf die Sicherheit der Bevölkerung auswirken und die laufenden Evakuierungsprogramme beeinträchtigen”.
Bereits Mitte vergangener Woche hatte NetBlocks unter Verweis auf Stromausfälle über Störungen bei mehreren Providern im Land berichtet.
Das Internet soll während des aktuellen Konflikts aber auch bereits gezielt gesperrt worden sein: Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge hatte das Telekommunikationsunternehmen MTN Verbindungen am 16. April auf Anweisung der Regierung blockiert.
Eskalierte Lage
Mitte April waren im Sudan Kämpfe zwischen der Armee und der paramilitärischen Gruppe “Rapid Support Forces” (RSF) ausgebrochen. Hintergrund ist ein Machtkampf zwischen Sudans De-facto-Staatsoberhaupt General Abdel Fattah al-Burhan und seinem Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, der die RSF anführt.
Im Jahr 2019 war im Sudan der langjährige Machthaber Omar al-Bashir abgesetzt worden; eine Übergangsregierung sollte das Land mit seinen rund 46 Millionen Einwohnern zu demokratischen Wahlen führen. Doch im Oktober 2021 hatte die sudanesische Armee gemeinsam mit den paramilitärischen RSF geputscht. General al-Burhan hatte versprochen, den Weg für eine zivile Regierung freizumachen. Das geplante Übergangsabkommen trat jedoch nicht in Kraft. Medienberichten zufolge eskalierte die Lage auch, weil die paramilitärischen RSF in die reguläre Armee eingegliedert werden sollten – was zu Spannungen zwischen den beiden Militärchefs geführt haben soll.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom Samstag sind bei den Kämpfen im Sudan bislang über 400 Menschen ums Leben gekommen; mehr als 3700 seien verletzt worden. Mehrere Länder haben Evakuierungsmissionen gestartet, um ihre Staatsbürger aus dem Land zurückzuholen. Berichten zufolge sind zudem Tausende Menschen auf der Flucht.
Netzsperren im Sudan
Nach Angaben der Organisation Access Now hat die Regierung im Jahr 2022 viermal Netzsperren verhängt – jeweils anlässlich von Protesten gegen die Militärregierung. Im Vorjahr hatte die Regierung das Netz fünfmal sperren lassen. Nach dem Putsch im Jahr 2021 war das Internet beispielsweise 24 Tage lang blockiert.
Menschenrechtler kritisieren Internetsperren wegen ihrer Auswirkungen auf das Leben und die Menschenrechte der Betroffenen. Die Sicherheit von Menschen werde gefährdet, weil sie ohne Kommunikationsmöglichkeiten beispielsweise nicht vor Gefahren gewarnt werden können. Auch die Berichterstattung werde erschwert.
Isik Mater von NetBlocks erklärte gegenüber der New York Times zur aktuellen Situation: “Das Internet hat seit Beginn des Konfliktes Leben gerettet. Ohne Internetverbindung wird es für die Bevölkerung schwieriger, Gefahren zu vermeiden und sich in Sicherheit zu bringen.” (js)