NetzDG: Google und Meta müssen vorerst keine Nutzerdaten übermitteln

NetzDG-Symbolbild
Inzwischen haben auch Twitter und TikTok gegen die Meldepflichten aus dem NetzDG geklagt. (Quelle: IMAGO / Christian Ohde)

Google und der Facebook-Konzern Meta müssen vorerst keine Nutzerdaten an das Bundeskriminalamt (BKA) übermitteln. Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums erklärte am Montag, die neuen Regelungen zur Meldepflicht aus dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) könnten teilweise nicht angewendet werden. Sie treten eigentlich am heutigen 1. Februar in Kraft. Die beiden Unternehmen hatten dagegen im vergangenen Jahr geklagt.

Der Ministeriumssprecher sagte, Google und Meta hätten vor dem Kölner Verwaltungsgericht Rechtsschutz gegenüber dem NetzDG gesucht. “Um dem Gericht eine sachgerechte Entscheidung zu ermöglichen”, sei eine sogenannte Stillhaltezusage abgegeben worden. Diese gelte allerdings nur in Bezug auf diese beiden Unternehmen. Das bedeutet, Google und Meta haben vorerst keine Sanktionen zu befürchten. Eine solche Zusage sei – anders als im Strafrecht – hier möglich, da es um eine Rechtspflicht gehe, die als Ordnungswidrigkeit behandelt werde.

Plattformen müssen Nutzerdaten übermitteln

Hintergrund ist die neu geschaffene Meldepflicht für Betreiber von sozialen Netzwerken: Bei konkreten Anhaltspunkten für bestimmte Straftaten müssen sie sensible Nutzerdaten an das BKA übermitteln. Außer den eigentlichen Inhalten betrifft dies die jeweiligen Nutzernamen, IP-Adressen und Portnummern. Dies gilt beispielsweise bei Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung oder Anleitungen zur Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten. Durch das an Ostern in Kraft getretene Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität wurde die Anzahl der im NetzDG genannten Straftatbestände erhöht.

Erst nach Datenübermittlung prüft das BKA, ob die Inhalte tatsächlich strafrechtlich relevant sind und leitet gegebenenfalls Ermittlungen ein.

Weitere Klagen

Der Kurznachrichtendienst Twitter wehrt sich inzwischen ebenfalls gegen eine Verpflichtung, mögliche Straftaten an das BKA melden zu müssen. Das US-Unternehmen habe vor dem Verwaltungsgericht Köln gegen die Neuerung des NetzDG Klage eingereicht, sagte ein Gerichtssprecher und bestätigte damit einen Bericht des Spiegel vom Montag. Wie Meta und Google habe Twitter ebenfalls ein Eilverfahren angestrengt.

Ein Twitter-Sprecher sagte dem Spiegel: “Wir sind darüber besorgt, dass das Gesetz einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte der Bürger vorsieht.” Außerdem kritisierte er die “Verpflichtung zur proaktiven Weitergabe von Nutzerdaten”. Twitter sei besorgt, dass die Regelung “private Unternehmen in die Rolle von Staatsanwälten zwingt, indem sie Nutzer auch dann an die Strafverfolgungsbehörden melden, wenn kein illegales Verhalten vorliegt”.

Bereits in der vergangenen Woche hatte zudem TikTok gegen die Regelungen geklagt. Google und Facebook hatten bereits im Juli Klage eingereicht. Das Gericht hat in den Fällen noch nicht entschieden.

Von der Meldepflicht wäre auch die zum Google-Konzern gehörende Videoplattform YouTube betroffen. Zur Klageeinreichung im Sommer 2021 hatte das Unternehmen erklärt, Nutzerinnen und Nutzer müssten fürchten, dass ihre personenbezogenen Daten bei der Polizei gespeichert werden – auch wenn sie nur rechtmäßige Inhalte veröffentlicht haben. Einmal weitergegebene Daten könnten nicht mehr zurückgenommen werden.

Google sieht darin einen massiven Eingriff in die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer, der nicht nur im Konflikt mit dem Datenschutz stehe, sondern auch mit dem Grundgesetz und dem Europarecht. Durch die Regelungen im Gesetz würden privaten Unternehmen hoheitliche Aufgaben übertragen, ohne dass es rechtsstaatliche Kontrolle gäbe. Auch seien umfassende Datenbanken mit personenbezogenen Daten einer Vielzahl von Nutzern problematisch. Die Rechte der Betroffenen würden ausgehebelt: Denn das Gesetz erlaubt ihre Benachrichtigung erst nach vier Wochen.

Erst nach einer richterlichen Bestätigung sei für YouTube “eine derart massenhafte Weiterleitung personenbezogener Daten” an die Strafverfolgungsbehörde möglich.

Kritik an Gesetzesänderung

Gegen die neuen Vorgaben für soziale Netzwerke im Rahmen des neuen NetzDG hatte es im Vorfeld auch Widerstand von Vertretern der Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sowie vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages gegeben.

In der vergangenen Woche hatte der Spiegel berichtet, dass bisher keines der großen sozialen Netzwerke an die neue “Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet” beim BKA angebunden ist. Stattdessen werde mit einem “Alternativszenario” begonnen: Die bereits bestehenden Projekte “Verfolgen statt nur löschen” und “Hessen gegen Hetze” sind demnach für Meldungen zuständig. Dort melden unter anderem Vertreter von Medienaufsichtsbehörden, zivilgesellschaftliche Organisationen, Verlagshäuser und Beratungsstellen mutmaßlich illegale Inhalte. (dpa / js)