Neuer Kontrollrat soll BND überwachen

BND-Gebäude
Das Urteil des Verfassungsgerichts im Mai scheint Wirkung zu zeigen und auch der BND muss in Zukunft mehr Rechenschaft ablegen. (Quelle: Jan Kleihues – CC BY-SA 4.0)

Dass sich der Bundesnachrichtendienst (BND) bei seiner Arbeit an das Grundgesetz hält, soll in Zukunft ein unabhängiger Kontrollrat sicherstellen. Laut Recherchen der Süddeutschen Zeitung, WDR und NDR gibt es bereits einen 111-seitigen Gesetzentwurf aus dem Kanzleramt, der beschreibt, wie sich der Rat zusammensetzen soll – und welche Befugnisse er erhält.

Laut Bericht könnte es den Kontrollrat ab 2022 in Form einer obersten Bundesbehörde geben. Die neue Aufsichtsbehörde soll beispielsweise überprüfen können, welche Suchbegriffe, E-Mail-Adressen oder Telefonnummern der BND in Datenströmen sucht.

Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur bestätigten Regierungskreise die Rechercheergebnisse, nannten aber keine Details. Laut Bericht geht der Gesetzentwurf nun in die Ressortabstimmung und wird anschließend dem Parlament vorgelegt.

Verfassungsgericht schreibt Kontrolle vor

Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Mai zur anlasslosen Überwachung des BND im Ausland. Sie wurde in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Das deutsche Grundgesetz verbiete dem BND, Ausländer im Ausland uneingeschränkt abzuhören. Außerdem bemängelte das Gericht die ungenügende Kontrolle des Geheimdienstes.

In seinem Urteil verlangte das Gericht, dass der BND nachvollziehbare Gründe für Geheimhaltung und Abhörmaßnahmen zu liefern hat. Um die Rechtsstaatlichkeit sicherzustellen, müsse eine unabhängige Kontrollinstanz diese überwachen. Bis Ende 2021 soll der Gesetzgeber die Befugnisse des Nachrichtendienstes überarbeiten und begrenzen. Bis dahin bleibt das beanstandete Gesetz vorläufig weiter in Kraft. Im Juni hatte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) angekündigt, dass die Reform bis zum Frühjahr 2021 abgeschlossen sein werde.

Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP lobte der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz die Fertigstellung des Entwurfs: “Das von der Bundesregierung nun vorgeschlagene Modell des Kontrollrates, der von dem durch das Parlament legitimierten Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) gewählt wird, begrüßen wir grundsätzlich.” Notz ist stellvertretender Vorsitzender des PKGr, das im Bundestag für die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes zuständig ist.

Zusammensetzung des Rates

Der neue Kontrollrat soll aus sechs Juristen bestehen, die zu absoluter Verschwiegenheit verpflichtet sind und einer Sicherheitsprüfung unterzogen werden. Eines der sechs Mitglieder steht dem Rat als Präsidentin oder Präsident vor, mehr als 25 Mitarbeiter sollen ihn unterstützen.

Der Generalbundesanwalt oder der Präsident des Bundesgerichtshofs sollen die Ratsmitglieder vorschlagen. Infrage kommen aktive Richter und Bundesanwälte des Bundesgerichtshofs. Das Parlamentarische Kontrollgremium – das die Geheimdienste bislang kontrollieren soll – wählt die Kandidaten dann für eine Dauer von bis zu sechs Jahren.

Bislang überwachte das sogenannte Unabhängige Gremium von Karlsruhe aus die Aufklärungstätigkeiten des BND. Es setzte sich aus nur drei Juristen zusammen, die diese Aufgabe im Nebenamt ausübten. Ob diese den BND effektiv kontrollierten konnten, war umstritten. So gab es beispielsweise Beschwerden darüber, dass die Rechte von Journalisten verletzt wurden.

Schutz der Pressefreiheit

Eine weitere Passage des Gesetzentwurfs behandelt den Umgang des BND mit “schutzwürdigen Vertraulichkeitsbeziehungen”, also die Kommunikation von “Geistlichen, Rechtsanwälten und Journalisten”. Das Verfassungsgericht hatte den BND davor gewarnt, die Pressefreiheit zu verletzen und Journalisten im Ausland zu bespitzeln. So werde durch die Überwachung der gesetzlich festgeschriebene Informantenschutz (§ 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO) verletzt.

Die Kommunikation der erwähnten Gruppen darf laut Entwurf nur in Ausnahmen zur Abwehr “schwerwiegender Gefahren” für die außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik überwacht werden. Beim Schutz der Pressefreiheit ergänzt das Gesetz, dass darunter nur Journalisten fallen, die frei und unabhängig arbeiten. Ausgeschlossen seien Medienvertreter, die gezielt Staatspropaganda und “fake news” verbreiten oder für andere Nachrichtendienste tätig sind. hcz