Nigeria sperrt mobilen Twitter-Zugriff

Muhammadu Buhari
Präsident Muhammadu Buhari hat die Sperre als “temporär” bezeichnet – wann sie wieder aufgehoben werden soll, ist allerdings unklar. (Quelle: IMAGO / ITAR-TASS)

Seit Samstag ist in Nigeria der Zugriff auf Twitter über das mobile Internet größtenteils gesperrt. Man habe damit eine Regierungsanweisung umgesetzt, teilte die Vereinigung der nigerianischen Telekommunikationsbetreiber mit. Unklar ist, wie lange die Blockade aufrechterhalten werden soll.

Die Regierung der größten Demokratie Afrikas mit mehr als 200 Millionen Einwohnern hatte die Sperre am Freitagabend überraschend angekündigt, ohne einen konkreten Grund anzugeben. Das Informationsministerium verwies darauf, dass die Plattform immer wieder für Aktivitäten genutzt werde, die imstande seien, “Nigerias Existenz zu untergraben”.

Die Organisation NetBlocks hatte die Sperre am Samstag bestätigt: Der Zugang zu Twitter sei bei den führenden Mobilfunkanbietern MTN, Globacom, Airtel und 9mobile eingeschränkt. Es seien einige, aber nicht alle Internet-Nutzer im Land betroffen. Die meisten Menschen in Nigeria nutzen das Internet nur über Mobilfunk.

Twitter hatte Präsidenten-Tweet gelöscht

Am vergangenen Mittwoch hatte Twitter einen kontroversen Tweet des Präsidenten Muhammadu Buhari über den nigerianischen Bürgerkrieg gelöscht und sein Konto für zwölf Stunden suspendiert. Diese Entscheidung sei “enttäuschend” gewesen, heißt es in einer am Samstag auf der Facebook-Seite des Präsidenten veröffentlichten Pressemitteilung. Sie sei aber nicht der einzige Grund für die landesweite Sperre. Über Twitter würden Fehlinformationen und “Fake News” verbreitet, die in Nigeria teilweise gewaltsame Konsequenzen hätten, ohne dass die Plattform zur Verantwortung gezogen werden könne. In der Mitteilung wird die Sperre als “vorübergehend” bezeichnet – ein Datum für ein mögliches Ende wurde jedoch nicht genannt. Die Regierung hat zudem Rundfunk- und Fernsehsender angewiesen, Twitter nicht mehr zu verwenden.

Justizminister Abubakar Malami drohte nigerianischen Bürgerinnen und Bürgern, die versuchen die Twitter-Sperre zu umgehen, mit sofortiger Strafverfolgung.

Trotz der möglichen Konsequenzen verschafften sich viele Nigerianer über VPN-Verbindungen Zugang zu Twitter und machten ihrem Unmut Luft. “Ich tweete aus Nigeria, kommt und verhaftet mich”, schrieb der Menschenrechtsaktivist Deji Adeyanju. Er sei bereit, dafür ins Gefängnis zu gehen.

Internationale Kritik

Das Vorgehen der Regierung rief heftige Kritik hervor: Die nigerianische Anwaltskammer kündigte rechtliche Schritte an, sollte die Sperre bestehen bleiben.

Die Europäische Union, die USA, Kanada und Großbritannien zeigten sich am Samstag in einer gemeinsamen Erklärung enttäuscht. Plattformen der freien Meinungsäußerung zu blockieren sei keine Antwort.

Amnesty International rief die Regierung dazu auf, die Entscheidung umgehend rückgängig zu machen. Twitter werde von vielen Nigerianern genutzt, um ihre Rechte auf Meinungsfreiheit und Zugang zu Informationen auszuüben.

Anietie Ewang von Human Rights Watch schrieb auf Twitter, die “repressive Maßnahme” sei “ein klarer Versuch, abweichende Meinungen zu zensieren”.

Einschränkung der Meinungsfreiheit

Die Bürgerrechtsorganisation Access Now kritisierte das Vorgehen der Regierung als Verstoß gegen regionale und internationale Menschenrechtsstandards. Bridget Andere von Access Now nannte die Sperre einen “direkten Affront gegen die Meinungsfreiheit und das Recht auf Zugang zu Informationen”.

Twitter selbst erklärte, “sehr besorgt” über die Blockade zu sein. Der Zugang zu einem freien und offenen Internet sei ein zentrales Recht in einer modernen Gesellschaft. Man werde sich bemühen, den Zugang für all jene in Nigeria wiederherzustellen, die über Twitter mit dem Rest der Welt kommunizieren.

Im vergangenen Jahr hatten junge Nigerianer die Plattform wiederholt dazu genutzt, Proteste gegen Polizeigewalt zu organisieren. Ein Mitglied der nigerianischen Regierung warf Twitter-Chef Jack Dorsey vor, die Protestierenden zu finanzieren, nachdem dieser seine Sympathie für die Demonstranten bekundet hatte. (dpa / js)