Norwegen: Supermärkte sollen Daten zu Einkäufen übermitteln

Norwegischer Supermarkt
Nach Angaben des Statistikamts geht es um mehrere Millionen Transaktionen täglich. (Quelle: Wolfmann – CC BY-SA 4.0)

Das norwegische Statistikamt SSB will künftig Daten zu Supermarkteinkäufen sammeln und hat den Einzelhandel dazu aufgefordert, Kassenbelege mit der Behörde zu teilen. Doch die Supermarktketten haben Bedenken – und auch die norwegische Datenschutzbehörde prüft den Fall nun.

Wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk NRK berichtet, hat das SSB im Mai mehrere große Supermarktketten angewiesen, täglich ihre Kassenbelege an die Behörde zu übermitteln. Auch der Zahlungsdienstleister Nets soll Zahlungsdaten zur Verfügung stellen. Er ist laut Bericht für 80 Prozent aller Transaktionen in Norwegen verantwortlich.

Planung seit 2013

Das Vorhaben wird bereits seit Jahren diskutiert: Im Jahr 2012 hatte das Statistikamt insgesamt 3000 norwegische Haushalte aufgefordert, manuell Listen über ihre Einkäufe zu führen, um Statistiken zum Konsumverhalten erstellen zu können. Weil das zu fehleranfällig und zeitaufwändig gewesen sei, habe die Behörde im darauf folgenden Jahr mit Überlegungen begonnen, wie sich das Kaufverhalten der Bürgerinnen und Bürger automatisch erfassen lässt.

Wie NRK berichtet, kann das norwegische Statistikamt etwa auf öffentliche Register zugreifen – und staatliche und private Stellen anweisen, Daten bereitzustellen.

Die Behörde plant, mithilfe der gesammelten Daten Statistiken über die Ernährungsentwicklung in Norwegen zu erstellen. Die Daten sollen zudem mit Faktoren wie Einkommen, Wohnort oder Bildungsstand verknüpft werden, um beispielsweise sozioökonomische oder regionale Unterschiede festzustellen. Bei Kartenzahlungen lässt sich laut SSB in 70 Prozent aller Fälle eine Verbindung zwischen der Transaktion und der Quittung herstellen.

Laut Medienberichten ist vorgesehen, die Daten unbegrenzt zu speichern. Täglich gehe es um mehrere Millionen Kaufbelege. Zunächst will das Statistikamt die Daten in einer zweijährigen Testphase erheben.

Lebensmittelkette wendet sich an Datenschützer

Die Lebensmittelkette NorgesGruppen hat bereits angekündigt, gegen die Anweisung Widerspruch einzulegen. Auch die norwegische Datenschutzbehörde will das Unternehmen einbeziehen. Es gehe um persönliche Daten der Kundinnen und Kunden – diese könne man nicht ohne Rücksprache mit den Datenschützern an das Statistikamt weiterleiten.

Der Genossenschaftsverbund Coop sagte NRK, nach dem Statistikgesetz sei das Unternehmen verpflichtet, Daten an das Statistikamt zu übermitteln. Dennoch erwäge auch Coop, Einspruch einzulegen. Auch der Zahlungsanbieter Nets habe gegenüber dem Statistikamt Bedenken geäußert.

Mona Naomi Lintvedt von der Universität Oslo kritisierte gegenüber NRK, es sei unverhältnismäßig, den Zahlungsverkehr der gesamten Bevölkerung zu erheben, nur damit keine Umfragen ausgefüllt werden müssen.

Grunde Almeland von der liberalen Partei Venstre erklärte gegenüber NRK, seine Partei stehe den Plänen “sehr skeptisch” gegenüber. Es handle sich um persönliche Informationen, die detaillierte Auskunft über die Ernährung, Finanzen und die Gesundheit von Personen geben könnten. So lasse sich aus den Daten beispielsweise ablesen, ob Menschen viel Alkohol konsumieren oder Schwangerschaftstests gekauft haben.

Datenschützer schalten sich ein

Inzwischen hat sich auch die Datenschutzbehörde eingeschaltet. Zwar gibt es offenbar Pläne einer Pseudonymisierung der Daten, doch die Behörde kritisiert, alle Menschen in Norwegen, die mit Karte bezahlen, seien betroffen. Dies könne auch Personen unter 18 Jahren umfassen. Durch die Verknüpfung ihrer Transaktionen mit einer Rechnung könne die SSB Einzelpersonen und Haushalte mit Daten aus dem nationalen Bevölkerungsregister verknüpfen.

Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten sei ein tiefer Eingriff. Es stelle sich die Frage, wie viel der Staat über den Alltag und die Gewohnheiten seiner Bürgerinnen und Bürger wissen sollte.

Die Datenschützer haben dem Statistikamt nun Fragen gestellt, etwa ob eine Datenschutzfolgeabschätzung durchgeführt wurde. Auch soll das Statistikamt erklären, mit welchen anderen Quellen es die erhobenen Daten verknüpft. Nach Beantwortung der Fragen wollen die Datenschützer entscheiden, wie sie in dem Fall weiter verfahren. (js)