Pakistans Regierung wünscht sich zentrale Zensurbehörde

Pakistan
Die von der Regierung Pakistans geplante Pakistani Media Development Authority soll eine übergreifende Zensurbehörde mit weitgreifenden Eingriffsmöglichkeiten werden. (Quelle: IMAGO / ZUMA Wire)

Die Regierung Pakistans plant eine Zensurbehörde aufzubauen, die unter anderem Meinungsäußerungen im Internet kontrollieren soll. Der zugrundeliegende Gesetzentwurf soll fünf Gesetze zur Regulierung der Medien ersetzen, berichtet Reporter ohne Grenzen (RSF).

Kritik an Amtsträgern und Militär würde mit dem neuen Gesetz noch breiter unter Geld- und Freiheitsstrafe gestellt werden. Journalistische Medien könnten stärker staatlich kontrolliert und zensiert werden. Außerdem befürchten Kritiker laut RSF Willkür bei der Auslegung des Gesetzes.

“Wie für autoritäre Regime üblich”

Die Veröffentlichung des Gesetzentwurfes im Juni hatte breite Empörung und Proteste in der Zivilgesellschaft ausgelöst. Dennoch hält die Regierung um Premierminister Imran Khan und dem beim Gesetzvorhaben federführenden Informationsminister Fawad Chaudhry an dem Entwurf fest. Sie will das Gesetz in seiner jetzigen Form dem Parlament vorlegen.

Deswegen unterstützen RSF und die pakistanische Partnerorganisation Freedom Network die Kampagne, die pakistanische Medien sowie Journalistinnen und Journalisten gestartet haben.

“Die pakistanische Regierung muss den Gesetzentwurf sofort zurückziehen, der in seiner jetzigen Form eine zentrale Zensurbehörde schaffen könnte, wie sie für die schlimmsten autoritären Regime typisch ist”, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. “Der Gesetzentwurf zeigt erneut, wie schlecht es um die Medienfreiheit in Pakistan steht.” Die Situation sei auch mit Blick auf die nach Pakistan geflüchteten afghanischen Journalistinnen und Journalisten relevant. Sie würden in Pakistan weder Sicherheit noch freie Arbeitsbedingungen vorfinden.

Zentrale Aufsicht über alle Medien

Sollte das Gesetz umgesetzt werden, würden die ohnehin schon strengen Zensurregeln in dem von über 216 Millionen Menschen bewohnten südasiatischen Land ausgeweitet. Bereits jetzt kann Kritik am Islam, dem Militär oder dem Justizsystem bestraft werden. Hinzu kämen Verbote für “ungerechtfertigte Kritik” am Präsidenten und an Abgeordneten, die “Demoralisierung der Streitkräfte” und die satirische Darstellung religiöser Amtsträger. Laut RSF definiert der Gesetzentwurf die Vergehen nicht genau. Dadurch könnten die Regelungen willkürlich ausgelegt werden – “auch wenn sie damit die in der pakistanischen Verfassung verankerte Pressefreiheit verletzen”, so RSF.

Die Anwendung der Gesetze soll Aufgabe der neu zu schaffenden Behörde Pakistani Media Development Authority (PMDA) werden. Ihr sollen alle Medienarten zentral unterstellt werden. Bislang gibt es in Pakistan unterschiedliche Regulierungsbehörden für Printmedien, Fernsehen, Radio, Film und Digitales.

Mitarbeiter der PMDA sollen Ministern und Regierungsbeamten ernannt werden, unter anderem vom Minister für Informationen und Rundfunk und dem Innenminister. “In der Praxis ermöglicht das der Regierung zu kontrollieren, was die Behörde verbieten oder erlauben kann”, urteilt RSF.

Die Menschrenrechtsorganisation Human Rights Watch schrieb im August dazu: “Das Medienregulierungssystem in Pakistan muss geändert werden – nicht, um mehr Befugnisse bei den staatlichen Zensoren zu zentralisieren, sondern um unabhängige Medienaufsichtsbehörden zu schaffen, die sich dem Schutz der freien Meinungsäußerung widmen.” Da Journalisten bei ihrer Arbeit angegriffen würden, müsse die pakistanische Regierung aufhören, Reporter zu kontrollieren und stattdessen damit beginnen, die Medienfreiheit zu schützen.

Lange Gefängnisstrafen vorgesehen

Der Entwurf sieht auch vor, dass jede Informationsquelle eine staatliche Lizenz benötigt, um Nachrichten veröffentlichen zu dürfen oder auszustrahlen. Unter die Regelung würden sowohl Social-Media-Kanäle oder Blogs als auch nationale Fernsehsender fallen. Zwar gelten die Lizenzen zwischen 5 und 15 Jahren, doch würden die Medien jährlich überprüft werden. “Das ermöglicht der PMDA, unliebsame Stimmen mundtot zu machen, indem sie ihre Lizenz entziehen”, kritisiert RSF.

Wer gegen das neue Gesetz verstoße, müsse mit Geldstrafen von umgerechnet 126.000 Euro oder bis zu drei Jahren Gefängnis rechnen. Es sei kein verlässlicher Mechanismus im Gesetz zu finden, mit dem belangte Personen oder Medien den Strafen widersprechen könnten.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von RSF steht Pakistan auf Platz 145 von 180 Staaten. Laut RSF galt in Pakistan bislang “der digitale Raum als letzter Ort, an dem Informationen außerhalb der staatlichen Kontrolle zirkulieren können”. Das neue Gesetzesvorhaben bedroht aber selbst diesen Freiraum. (hcz)