Kein Klimaschutz: Deutsche Umwelthilfe verklagt Wintershall Dea

Bohrinsel
Prognosen zufolge wird die Nachfrage nach Gas in den nächsten Jahren massiv sinken, dennoch will Wintershall neue Quellen erschließen. (Quelle: IMAGO / Dieter Mendzigall)

Die Deutsche Umwelthilfe hat nun auch eine “Klimaklage” gegen den Kasseler Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea eingereicht. Damit soll das Öl-Unternehmen gezwungen werden, die Gas- und Ölförderung zu verringern, wie aus der Klageschrift hervorgeht. Wintershall soll ab dem Jahr 2026 keine neuen Öl- oder Gasfelder mehr eröffnen dürfen oder sich daran beteiligen. Die Klage wurde laut Umwelthilfe beim zuständigen Landgericht in Kassel eingereicht.

Das Enddatum für fossile Brennstoffe ergäbe sich unter anderem aus Berechnungen des Weltklimarates (IPCC) und der Internationalen Energieagentur (IEA). Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Umwelthilfe, kritisierte, Wintershall feuere mit jährlichen Treibhausgas-Emissionen von rund 80 Millionen Tonnen die Klimakrise an und habe demnach einen Ausstoß größer als ganz Österreich. Es seien verbindliche Reduzierungspfade nötig, mit denen die vereinbarten Klimaziele von Paris eingehalten werden könnten. “Es ist überfällig, dass sich Konzerne mit solch schmutzigen Geschäftsmodellen der Realität der Klimakrise stellen”, so Müller-Kraener.

Wintershall Dea ist nach eigenen Angaben der “führende unabhängige Öl- und Gaskonzern Europas” und fördert weltweit in großem Umfang Erdöl und fossiles Erdgas. Unter anderem ist er an der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 beteiligt. Eigentümer ist zu 67 Prozent BASF SE, die übrigen 33 Prozent gehören dem russischen Oligarchen Michail Fridman.

Erdgas als Klimaschutz

Vor der Einreichung der Klage hatte die Umwelthilfe dem Konzern in einem Schreiben vom 2. September eine mehrwöchige Frist gesetzt. Innerhalb derer sollte sich Wintershall zur Einhaltung eines Klimaziel-kompatiblen CO2-Budgets verpflichten und spätestens ab 2026 keine neue Öl- oder Gasförderung mehr beginnen. Das Unternehmen habe dies abgelehnt.

Wintershall hatte sich bereits auf den juristischen Druck der Umwelthilfe reagiert: Das Unternehmen behauptete vor zwei Wochen die CO2-Emissionsziele der EU bereits zu unterstützen. “Mit unserem Erdgas leisten wir einen Beitrag zu mehr Klimaschutz, indem wir die Verstromung von Kohle durch klimaschonenderes Erdgas ersetzen und die Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas ermöglichen”, hatte sich Konzernchef Mario Mehren gerechtfertigt.

Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH hielt nun dagegen: “Das Argument mit Erdgas klimaneutral zu werden, gleicht dem Versuch, sich mit Light-Zigaretten das Rauchen abzugewöhnen. Beides wird nicht funktionieren. Erdgas ist ein fossiler Energieträger, der maßgeblich zur Klimakrise beiträgt.” Alle Projektionen zur Einhaltung der Klimaziele zeigten, dass der Erdgas-Bedarf in den kommenden Jahren “drastisch” sinke. Dennoch habe der Konzern angekündigt, seine Erdöl- und Erdgas-Produktion alleine in den nächsten zwei Jahren um 30 Prozent zu steigern.

Auch Autohersteller verklagt

Die Umwelthilfe hatte vor zwei Wochen bereits BMW und Mercedes-Benz verklagt. Damit soll ein Ende von Diesel- und Benzin-Pkw bis 2030 erreicht werden. Das Gleiche fordert die Umweltschutzorganisation Greenpeace vom VW-Konzern in einem Schreiben. Die Organisation hat der Firma eine Frist bis 19. Oktober eingeräumt, eine konkrete Verpflichtung einzugehen. VW machte bislang nur vage Angaben zum Ausstieg aus dem Verbrenner. Mercedes-Benz will bis zum Ende des Jahrzehnts “vollelektrisch werden”. BMW lehnt es bislang ab, ein Enddatum für seine Verbrennungsmotoren zu nennen – und will vorerst für alle Antriebsarten offen bleiben.

Die Umwelthilfe sieht das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts vom Frühjahr als Grundlage für die Klagen. Das Urteil besagt im Kern, dass auf dem Weg zum Ziel der Treibhausgasneutralität einschneidende Schritte zur Senkung von Emissionen nicht zulasten der jungen Generation auf die lange Bank geschoben werden dürfen. DUH-Anwalt Remo Klinger erklärte Ende September, es gebe “ein Grundrecht auf Klimaschutz”, das nicht nur den Staat verpflichte, sondern auch Konzerne, “die für den Ausstoß von mehr CO2 verantwortlich sind als ganze Industriestaaten. Das fordern wir jetzt vor Gericht ein”. (dpa / hcz)