Soziale Netzwerke sperren vermehrt Hass-Accounts

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Facebook reagierte bislang wenig auf die Verrohung seiner Community. (Quelle: Facebook)

Besser spät als nie: So wie Twitter, Reddit und Twitch hat nun auch Facebook auf die anhaltende Kritik reagiert und zahlreiche hasserfüllte Postings aus den eigenen Webseiten und Apps entfernt. Der Konzern sperrte rund 320 Konten, mehr als 100 Gruppen und 28 Seiten einer in den USA nach Gewalt strebenden rechtsextremen Gruppierung.

Die regierungsfeindlichen Anhänger werden ab sofort als “gefährliche Organisation” eingestuft und von allen Plattformen verbannt, teilte Facebook am Dienstag mit. Auch Posts, die Unterstützung für die Organisation äußerten, würden künftig gelöscht, hieß es.

Es handelt sich demnach um Facebook-Gruppen, die sich lose an der rechtsextremen Boogaloo-Bewegung anlehnen und mitunter auch deren Namen nutzen. “Es [Boogaloo] bemüht sich aktiv darum, für Gewalt gegen Zivilpersonen, Sicherheitskräfte, Beamte und Regierungsinstitutionen zu werben”, erklärte Facebook öffentlich.

Das soziale Netzwerk befasste sich auch mit von Hass besetzten Meldungen des US-Präsidenten. Die Firma tat es Konkurrent Twitter gleich und will von nun an einschlägige Postings kennzeichnen – die Reaktion erfolgte einen ganzen Monat später als bei Twitter.

VW, Coca-Cola & Co. gegen Facebook

Allerdings war erst sehr viel (finanzieller) Druck von Nöten, um Facebook zum Einlenken zu bewegen: Zahlreiche Großkonzerne wie Coca-Cola, Unilever, Starbucks und Volkswagen hatten angekündigt, ihre Werbung auf Facebook infolge der Debatte um Hassbotschaften bis auf Weiteres auszusetzen.

Die werbetreibenden Firmen wiederum hatten sich von einer Kampagne der Bürgerrechtsorganisation Anti-Defamation League (ADL) motivieren lassen. Zusammen mit Organisationen wie Mozilla rief ADL unter dem Motto “Stop Hate for Profit” dazu auf, kein Werbegeld mehr in Facebook zu investieren. Insgesamt schlossen sich 160 Unternehmen der Aktion an. Facebook verdiente im vergangenen Jahr 99 Prozent der 70,7 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz durch Werbung.

Facebook muss aufräumen

Facebook war wegen seines von vielen als zögerlich empfundenen Umgangs mit problematischen Inhalten immer mehr in die Defensive geraten. Das erste Mal in seiner Geschichte musste sich Facebook einem organisierten Boykott seiner Anzeigenkunden stellen. Die Firma hatte zuvor immer auf das Recht der Meinungsfreiheit verwiesen. Allerdings mehren sich auch in den USA die Stimmen, die Aufrufe zu Gewalt und Hass nicht von dieser Freiheit gedeckt sehen möchten.

Kritiker wenden auch ein, dass Facebook trotz der jüngsten Maßnahmen in den USA beim Kampf gegen Hassbotschaften und Extremismus weltweit noch viel Arbeit vor sich hat. Zudem gibt es noch viele Fälle, in denen eigentlich legitime Quellen wie US-Präsident Donald Trump nach Ansicht vieler Beobachter weiterhin die Grenzen zu Gewaltverherrlichung oder manipulativer Darstellung überschreiten.

Twitter

Andere soziale Netzwerke passten ihre Regeln ebenfalls an: Twitter kündigte bereits vor einem Monat an, mehr gegen Hass und Rassismus auf der eigenen Plattform zu unternehmen.

In der Folge wurde beispielsweise auch der Account von Donald Trump nicht mehr verschont. Finden sich in seinen Tweets Hassbotschaften oder Aufrufe zur Gewalt oder Diskriminierung, versieht Twitter diese mittlerweile mit einem Warnhinweis. Trump reagierte daraufhin mit Drohungen – und der Ankündigung stärkerer Regulierung solcher Plattformen. Auch löschte Twitter einige von Trumps Tweets, weil sie gegen das Urheberrecht verstießen.

Twitch

Die Streamingplattform Twitch hatte den Account des Wahlkampfteams von US-Präsident Donald Trump vorübergehend gesperrt. Grund dafür waren Hassinhalte und der Verstoß gegen die Richtlinien der Plattform, wie eine Twitch-Sprecherin Anfang der Woche berichtete. Konkret ging es um zwei Videos von Trumps Wahlkampfveranstaltungen aus den Jahren 2015 und 2020, in denen er unter anderem Mexikaner als Vergewaltiger und Kriminelle bezeichnete.

Auf Twitch, das zum Amazon-Konzern gehört, werden normalerweise Videospiele gestreamt. Die Plattform verzeichnete in den letzten Monaten im Schnitt über zwei Millionen Zuschauer pro Tag.

Reddit

Ebenfalls Anfang der Woche hatte das Online-Forum Reddit neue Schritte zur Bekämpfung von Hassbotschaften und Gewaltverherrlichung bekanntgegeben und dabei auch die bei vielen Trump-Unterstützern beliebte Gruppe “The_Donald” geschlossen. Zunächst wurden rund 2000 Gruppen gesperrt, von denen die meisten aber inaktiv waren. Die Moderatoren hätten sich laut Reddit geweigert, “unsere einfachsten Erwartungen zu erfüllen”. Der New York Times zufolge hatte die Gruppe zuletzt knapp 800.000 Mitglieder.

Die ebenfalls große und eher linkslastige Gruppe “Chapo Trap House” wurde ebenfalls wegen anhaltenden Verstößen gegen die Richtlinien gesperrt. Die Plattform betonte, alle politischen Meinungen seien auf Reddit willkommen, aber alle Nutzer müssten sich an die Regeln halten.

Als weitere Maßnahme kündigte Reddit-Mitgründer Alexis Ohanian an, dass er seinen Platz im Verwaltungsrat der Firma für einen afroamerikanischen Kandidaten räumen wird. Er habe das Gremium darum gebeten, schrieb Ohanian am Freitag bei Twitter. Firmenchef Steve Huffman kündigte umgehend an, dass er Reddit den Wunsch erfüllen werde.

Youtube

Die Videoplattform YouTube aktualisierte Dienstag seine Richtlinien und sperrte daraufhin nach eigenen Angaben 25.000 Kanäle, die beispielsweise Hass und Rassismus verbreiteten. Auch Kanäle von populären Neonazis und Rechtsradikalen wie dem US-Amerikaner Richard Spencer und dem Kanadier Stefan Molyneux wurden gesperrt. Allein Moylneux hatte über 900.000 Abonnenten. (dpa / hcz)