UN-Bericht: Immer mehr Elektroschrott

Elektroschrott
Weltweit hat jeder Mensch im Jahr 2019 durchschnittlich 7,3 Kilogramm Elektroschrott erzeugt. (Quelle: Pixabay)

Der globale Berg an Elektroschrott wächst weiter: Insgesamt 53,6 Millionen Tonnen ausrangierte Monitore, weggeworfene Handys, entsorgte Kühlschränke und andere Elektrogeräte sind im Jahr 2019 zusammengekommen. Die Zahl stammt aus dem nun veröffentlichten “Global E-Waste Monitor 2020”, einer Bestandsaufnahme des weltweiten Problems Elektroschrott. Der Bericht wird unter anderem von der Universität der Vereinten Nationen herausgegeben.

Seit 2014 ist die jährlich anfallende Schrottmenge damit um 21 Prozent gewachsen, heißt es in dem Bericht. Im vergangenen Jahr wurde ein neuer Negativrekord erreicht. Die Prognose sieht nicht besser aus: Im Jahr 2030 seien 74 Millionen Tonnen zu erwarten. Gezählt wird dabei alles, was einen Stecker oder eine Batterie hat.

Die Gründe für den wachsenden Müll sind vielfältig: Zum einen denken sich Hersteller immer neue Dinge aus, die das Leben erleichtern sollen oder auch nur Spielerei sind. “Das ist der wackelnde Hund, das ist das elektrische Werkzeug für den Garten, das sind intelligente Kleidungsstücke, die den Puls messen”, sagt Rüdiger Kühr, Direktor des “Sustainable Cycles Programme” der UN-Universität, der Deutschen Presse-Agentur. Ein anderer Grund sei, dass ein größerer Teil der Weltbevölkerung sich mittlerweile Geräte leisten könne, so Kühr.

Elektrogeräte gehen schnell kaputt

Dass aus der großen Masse elektronischer Geräte schnell viel Schrott wird, liegt an der mitunter kurzen Lebensdauer vieler Geräte. Hinzu kommt, dass sich viele Geräte kaum reparieren lassen. So landen beispielsweise ansonsten funktionstüchtige Handys mit schwachem Akku häufig direkt auf dem Müll.

Einen Zuwachs von 7 Prozent seit 2014 stellten die Experten unter anderem bei ausrangierten Klimaanlagen und Kühlschränken fest. Bei Elektrokleingeräten, wie Ventilatoren und Kameras, gab es seit 2014 einen Zuwachs um 4 Prozent. Einzig bei Bildschirmen, wie Computermonitoren und Fernsehern, verzeichneten die Experten einen geringfügigen Rückgang – um 1 Prozent seit 2014.

Pro Kopf betrachtet führt Europa die Statistik an: 16,2 Kilogramm trug durchschnittlich jeder Europäer 2019 zum E-Schrott-Berg bei. Deutschland ist dabei für 1607 Kilotonnen Elektroschrott verantwortlich – durchschnittlich sind das 19,4 Kilogramm pro Kopf. In den Niederlanden liegt dieser Wert mit 21,6 Kilogramm sogar noch höher.

In Asien sind es vergleichsweise wenige 5,6 Kilogramm pro Kopf. Dabei hat Asien insgesamt mit 24,9 Millionen Tonnen den meisten Elektroschrott im Jahr 2019 generiert. Gefolgt von Nord- und Südamerika mit 13,1 Millionen Tonnen (13,3 Kilogramm pro Kopf) und Europa mit 12 Millionen Tonnen. Afrika und Ozeanien sind dagegen für 2,9 beziehungsweise 0,7 Millionen Tonnen Elektromüll verantwortlich.

Zu wenig Recycling

Das Problem ist dabei nicht nur die Masse, sondern auch wie mit ihr umgegangen wird. Nach Berechnungen der UN-Experten wurden 2019 nur 17,4 Prozent des produzierten Elektromülls eingesammelt und recycelt. Die Recycling-Aktivitäten könnten nicht Schritt halten mit der Geschwindigkeit, in der neuer Schrott produziert werde, stellten sie fest. Europa schneidet dabei mit einer Recycling-Quote von 42,5 Prozent noch am besten ab. Asien liegt an zweiter Stelle mit nur 11,7 Prozent.

In den Geräten schlummern jedoch noch kostbare Materialien – ob Gold, Silber, Kupfer oder Platin. Der reine Materialwert des Elektroschrott-Berges 2019 wird in der Studie mit 57 Milliarden US-Dollar beziffert. Einer Summe, die größer ist als das Bruttoinlandsprodukt vieler Länder. Die meisten dieser wertvollen Stoffe landen aktuell aber auf einer Müllkippe.

Unsachgemäß entsorgter Elektromüll ist aber auch eine Gefahr für die Umwelt und für die menschliche Gesundheit, er enthält Schwermetalle und andere Giftstoffe. So befinden sich laut Bericht jährlich etwa 50 Tonnen Quecksilber in Elektroschrott, der nicht in Recyclinganlagen entsorgt wird. Zudem werden etwa Säuren, die Gold aus den Geräten lösen, teilweise direkt in Flüsse geleitet.

Illegaler Müllexport

Zum Gesundheitsrisiko wird Elektroschrott vor allem, wenn er in Länder exportiert wird, in denen nur wenige Arbeitsschutzmaßnahmen gelten. Das genaue Ausmaß dieser Exporte sei schwer zu bemessen, heißt es in dem Bericht. Es sei aber klar, dass Elektroschrott in Entwicklungsländer exportiert werde – häufig illegal mit der Behauptung, der Müll solle anderswo weiterverwendet werden. Es sei eine anerkannte Tatsache, dass die Menge “signifikant” ist.

Weltweit gibt es inzwischen 78 Länder, die eine nationale Elektromüll-Richtline oder -Gesetzgebung haben. 2014 waren es noch 61 Länder. In vielen Ländern würden diese Gesetze aber kaum durchgesetzt.

Auch in Deutschland gibt es laut Mit-Autor Kühr noch Nachholbedarf: “Die Deutschen rühmen sich ja gerne, Weltmeister in der Mülltrennung zu sein”, sagte er. Beim Elektroschrott sei man aber gar nicht so fortschrittlich. Zwar liege die Sammelquote geschätzt bei etwa 50 Prozent. Bürger könnten ihre Alt-Geräte zu Containern, in Fachmärkte und zu Recycling-Zentren bringen. Aber zu oft noch werde das nicht genutzt. Vieles wandere einfach so in die Tonne, anderes werde einfach irgendwo abgeladen.

Anreize für richtige Entsorgung

Eine Lösung könnten stärkere Anreize für eine ordnungsgemäße Entsorgung sein. Zum Beispiel eine Ermäßigung auf ein neues Gerät, wenn man das alte beim Kauf abgibt. Kühr verwies darauf, dass es bereits ein Umdenken in anderen Umweltbereichen gegeben habe, etwa beim Plastikmüll. Passiere dies nicht auch beim Elektroschrott, so stünde eine große Krise bevor. (dpa / js)