Neuwagen: Mehr PS und CO2 trotz Klimawandel
Als gäbe es den Klimawandel nicht: Der seit Jahrzehnten anhaltende Trend zu immer stärker motorisierten PKWs in Deutschland und Europa ist ungebrochen, das belegen die nun veröffentlichten Zahlen der Europäischen Umweltagentur (EEA).
Der durchschnittliche Neuwagen hatte nach Angaben des Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer von der Hochschule St. Gallen im vergangenen Jahr bereits 159 PS, in diesem Jahr waren die zwischen Januar und Mai hierzulande zugelassenen PKW im Schnitt sogar 166 PS stark. Zugleich sank der Anteil der Kleinwagen an den Neuzulassungen weiter von 20 auf 18 Prozent.
Mehr Leistung gleich mehr Schadstoffe
Der Leistungszuwachs geht mit einem höheren durchschnittlichen Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) einher: Neu in Europa zugelassenen Wagen stießen 2019 im Schnitt 122,4 Gramm CO2/km aus. Das sind 1,6 Gramm mehr als noch im Jahr 2018. Seit 2017 steigt dieser Wert stetig an, nachdem er in den Jahren 2010 bis 2016 temporär rückläufig war.
Zwar liegt der jetzige Wert unter dem EU-weiten Ziel für 2019 von 130 Gramm CO2/km, doch soll 2020 ein Wert von nur 95 Gramm erreicht werden. In Anbetracht der aktuellen Steigerung und deutlichen Überschreitung wird dieses Ziel voraussichtlich verfehlt.
Als einen der Gründe für den Anstieg nennt die Agentur den steigenden Anteil an sogenannten SUVs unter den Neuwagen. Gleichzeitig blieb der Anteil von elektrisch angetriebenen Automobilen 2019 klein.
Auf einer eigenen Seite hat die EEA jedes aktuelle Automodell mit seinem spezifischen CO2-Ausstoß dokumentiert.
Mehr Leistung trotz Krisen
Selbst in Krisenzeiten – wie der Rezession nach der Wiedervereinigung 1993 oder in Folge der Eurokrise in den Jahren 2012/13 – stiegen die PS-Zahlen der Neufahrzeuge. Hatte der durchschnittliche Neuwagen in Deutschland 1990 noch 92 PS, wuchs die Motorleistung bis zur Finanzkrise 2008 kontinuierlich auf 131 PS.
Den einzigen Rückgang in den vergangenen 30 Jahren gab es laut Dudenhöffer 2009, als die Abwrackprämie den Anteil der Kleinwagen an den Neufahrzeugen auf 34 Prozent hochschnellen ließ und die durchschnittliche Motorleistung auf 118 PS sank. Aber schon im folgenden Jahr war das vorherige Niveau wieder erreicht, und seither geht der PS-Zuwachs Jahr für Jahr weiter.
Dudenhöffers Prognose: “Auch nach der Covid-19-Pandemie werden die PS-Zahlen der Pkw-Neuwagen in Deutschland steigen.” Bei den derzeitigen Spritpreisen sei der Anreiz gering, “das Auto eine Nummer kleiner zu kaufen”. Höhere Kaufpreise würden nach einer gewissen Zeit akzeptiert.
SUVs über dem Durchschnitt
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 15,5 Millionen Wagen in der EU, Island, Norwegen und Großbritannien neu registriert. Am meisten verkauft wurden Fahrzeuge mit Benzinmotor. Sie hatten einen Anteil von 63 Prozent, wovon 4 Prozentpunkte auf das Konto von sogenannten Hybrid-Fahrzeugen gingen. Dieselantriebe hatten einen Anteil von 32 Prozent, wovon Diesel-Hybride 1 Prozentpunkt beitrugen. Der Absatz von Dieselfahrzeugen ging somit im Vergleich zum Jahr 2018 um 4 Prozentpunkte zurück. Mit einer durchschnittlichen CO2-Emmission von 127 Gramm CO2/km liegen die Dieselautos fast gleichauf mit den Benzinern (127,6 Gramm CO2/km).
Bei 38 Prozent aller neu registrierten PKW handelt es sich um SUVs. Laut Zusammenfassung der EEA sind diese Art Fahrzeuge typischerweise schwerer als andere Autos. Sie haben stärkere Motoren – und wegen einer größeren Frontpartie einen höheren Luftwiderstand. Diese Kombination führt zu einem höherem Treibstoffverbrauch. Die meisten registrierten SUVs haben einen Benzinmotor. Der durchschnittliche Emissionsausstoß liegt bei 134 Gramm CO2/km, also 13 Gramm höher als bei anderen Benzinern.
Die Hälfte aller im Jahr 2019 neu registrierten Hybrid- und Elektrofahrzeuge fällt auf die Länder Norwegen, Deutschland und Niederlande. Die Anteile dieser Antriebe waren am höchsten in Norwegen (56 Prozent), Island (19 Prozent), den Niederlanden (16 Prozent) und Schweden (12 Prozent). Zugleich sind in diesen Staaten die durchschnittlichen Emissionen der neu registrierten Fahrzeuge von 2018 auf 2019 gefallen.
EU verpasst ihre Ziele
Die meisten EU-Staaten laufen Gefahr, die selbst festgelegten Grenzwerte an Schadstoffen in der Luft für 2020 und 2030 nicht einzuhalten. Wie die zuständige EU-Kommision zuletzt feststellte, werden sich in der Luft der meisten Länder voraussichtlich auch im Jahr 2030 noch zu viele Schadstoffe finden. Die Luftqualität wird an vielen Orten auf einem gesundheitsschädlichen Niveau bleiben und Lungenkrankheiten und Umweltschäden verursachen. (dpa / hcz)