Studie: E-Fuels keine umweltfreundliche Alternative
Auch der Einsatz von synthetischen Kraftstoffen wird in absehbarer Zukunft nicht dazu führen, dass Autos mit Verbrennungsmotor signifikant umweltfreundlicher werden. Denn Autos, die mit E-Fuels fahren, sorgen während ihrer gesamten Lebensdauer im Vergleich zu herkömmlichen Benzin- oder Dieselfahrzeugen nur für minimale Einsparungen an CO2-Emissionen. Ihr Strombedarf liegt außerdem weitaus höher als der von Elektroautos.
Das ist das Ergebnis einer Studie, die von der Expertenrunde “Transport and Environment” (T&E) am Donnerstag veröffentlicht wurde. T&E ist die Dachorganisation von nichtstaatlichen 53 europäischen Organisationen, die sich für einen nachhaltigen Verkehr einsetzen, darunter auch der Verkehrsclub Deutschland.
In der Untersuchung wurde ein Rechenmodell genutzt, das die Emissionen im kompletten Lebenszyklus eines Autos berücksichtigt. So sind in den Berechnungen etwa die Herstellung, der Betrieb und die Entsorgung enthalten.
Ein Fahrzeug, das im Jahr 2030 mit einer Mischung aus E-Fuels und Benzin angetrieben wird, würde demnach seine Emissionen nur um 5 bis 7 Prozent reduzieren.
Würde es ausschliesslich mit E-Fuels betrieben, würde der Schadstoffausstoß nur um 53 Prozent sinken. Dies sei vor allem auf Verluste in der E-Fuel-Herstellung und den ineffizienten Verbrennungsmotor zurückzuführen.
Dieses Szenario sei zudem “höchstgradig theoretisch”, weil selbst die Kraftstoffbranche damit rechnet, dass erst im Jahr 2050 genügend E-Fuel für die Hälfte aller Vebrenner produziert werden kann. Zudem könnten der Analyse zufolge nur etwa 2 Prozent der Verbrennerautos im Jahr 2035 vollständig mit E-Fuels betrieben werden.
Stef Cornelis, Direktor von T&E Deutschland kommentierte: “Synthetische Kraftstoffe sind keine Lösung für die Dekarbonisierung von Autos. Batterieelektrische Fahrzeuge sind schon jetzt bereit, weniger teuer, effizienter und bieten deutlich größere CO2-Einsparungen, selbst wenn man den gesamten Lebenszyklus der Produktion betrachtet.”
Ein batterieelektrischer Volkswagen ID.3 kommt der Analyse zufolge mit derselben Menge erneuerbarer Energie fünf mal weiter als ein VW Golf, der mit E-Fuel betrieben wird. Ein BMW i4 könnte sechsmal weiter fahren als ein BMW 4er mit Verbrennungsmotor. Berechnungsgrundlage für den CO2-Abdruck bei Herstellung und Betrieb der Batterieautos war der durchschnittliche EU-Strommix, der für 2030 vorhergesagt wird.
Gesamter Lebenszyklus berücksichtigt
Der Unterschied zwischen Elektroautos und mit Benzin betriebenen Verbrennern fällt erwartungsgemäß hoch aus: Ein Elektrofahrzeug, das rein mit Batterie und Elektromotoren angetrieben wird, würde über seinen Lebenszyklus 78 Prozent weniger Emissionen verursachen als ein Verbrenner.
Selbst in einem “worst-case”-Szenario, in dem die Batterie eines Elektroautos unter schlechten Umweltbedingungen hergestellt und mit konventionellem Strom geladen wird, fällt die Umweltbilanz des Elektroautos immer noch 37 Prozent besser aus als die des durchschnittlichen Verbrenners.
Und die Emissionen von E-Autos können noch weiter reduziert werden: Wird für die Batterieproduktion klimaneutral produzierter Strom verwendet, sinken die Lebenszyklusemissionen um weitere 5 Prozent. Durch die Optimierung der Lieferketten bei der Beschaffung von Rohstoffen können weitere 13 Prozent eingespart werden. “Daher haben batteriebetriebene Elektroautos immer noch das größte Potenzial für CO2-Emissionsreduzierungen über ihren Lebenszyklus bis 2030”, urteilt T&E.
Bei der Analyse wurden alle Emissionen berücksichtigt, die während der Materialgewinnung, der Herstellung aller Komponenten (inklusive Batterien), der Fahrzeugmontage, der Nutzung und der Entsorgung freigesetzt werden. Bei Verbrennern wurden für die Nutzungsphase Schadstoffemissionen aus der Verbrennung und Gewinnung des Kraftstoffs eingerechnet, bei Elektroautos die Emissionen aus Stromerzeugung und Herstellung der Infrastruktur wie Solarzellen und Windturbinen.
Was sind E-Fuels?
E-Fuels (Electrofuels beziehungsweise Elektro-Treibstoffe) sind synthetische, aus Strom, Wasser und Kohlenstoffdioxid hergestellte Kraftstoffe. Im besten Fall stammt der für die Produktion benötigte Strom aus erneuerbaren Quellen wie Solar- oder Windkraftanlagen.
Bei der Verbrennung des E-Fuels werden Treibhausgase und giftige Gase ausgestoßen – wie beim Betrieb mit fossilen Treibstoffen. Laut T&E stößt ein mit E-Fuel betanktes Auto genauso viele Stickoxide aus wie ein Wagen, der mit E10-Kraftstoff fährt.
Allerdings entstanden bei Messungen dreimal so viel Kohlenmonoxid und doppelt so viel Ammoniak wie beim im Betrieb mit Benzin. Einzig die Menge der Feinstaubpartikel sank. Stammt das für die Herstellung verwendete CO2 aus der Atmosphäre, aus Biomasse oder Abgasen, könnten Verbrennungsmotoren immerhin klimaneutral betrieben werden – Giftstoffe bleiben aber.
Probleme bei den E-Fuels bestehen auch darin, dass nicht genug Produktionskapazitäten zur Verfügung stehen, der Preis hoch und die Energieausbeute sehr gering ist.
Mangelnde Kapazitäten
Für die Herstellung von E-Fuels existieren bislang nur kleine Pilotanlagen.
Eine von der Kraftstoffindustrie angefertigte Studie prognostizierte, dass bis 2030 nur 0,4 Prozent des Treibstoffbedarfs im Straßenverkehr mit E-Fuels gedeckt werden könnte. Bis zum Jahr 2035 seien es demnach nur 3 Prozent – und erst 2050 könnten 50 Prozent erreicht werden. Bis dahin will die EU bereits komplett klimaneutral sein.
Sollten E-Fuels künftig in größeren Mengen verfügbar sein, würden sie vorrangig in der Luft- und Schifffahrt eingesetzt. Denn diese Branchen können nicht so leicht vollumfänglich auf Elektroantriebe umgestellt werden wie Autos. Auch in der T&E-Studie heißt es: “Angesichts dieser starken Angebotsbeschränkungen werden E-Kraftstoffe besser in schwer zu dekarbonisierenden Sektoren wie der Luft- und Schifffahrt eingesetzt werden, wo es keine besseren Alternativen gibt.”
Woran auch E-Fuels nichts ändern, ist der schlechte Wirkungsgrad von Verbrennungsmotoren. Seit jeher wandeln sie den Großteil der im Kraftstoff enthaltenden Energie in Wärme und nicht in Vortrieb um.
So kommen nur 10 bis 15 Prozent der für die Herstellung von E-Fuels eingesetzten Energie letztendlich am Rad an. Bei reinen Elektroautos liegt der Wirkungsgrad aktuell schon bei 70 bis 80 Prozent.
Kein Mittel gegen Verbrenneraus
Befürworter künstlich hergestellter E-Fuels kämpfen derzeit auf EU-Ebene gegen ein komplettes Aus des Verbrennermotors.
Die FDP etwa lehnt ein Verkaufsverbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 in der EU ab. Die Liberalen fordern, dass auch nach 2035 Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor neu zugelassen werden können, wenn diese nachweislich klimaneutral betrieben werden können.
Auch Italiens Regierung hatte mit Unterstützung von Portugal, Bulgarien, Rumänien und der Slowakei ein Positionspapier verschickt, in dem die Regierung unter anderem Sonderregeln für E-Fuels vorschlägt. Verbrennermotoren sollten demnach weiter verkauft werden dürfen, solange sie mit klimaneutralem Treibstoff fahren.
Bei der anstehenden Abstimmung über das Verkaufsverbot könnte Deutschland eine Schlüsselrolle zukommen. Am heutigen Dienstag beraten sich die Umweltministerinnen und Umweltminister der EU, um eine Position zu den EU-Emissionsnormen abzustimmen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Die Grünen) hatte angekündigt, dem geplanten Verkaufsstopp zuzustimmen. Allerdings wurden unter anderem seitens Deutschlands Änderungswünsche angekündigt. Die Zukunft der E-Fuels ist also noch ungewiss. (dpa / hcz)