Studie: EU-Rohstoffimporte zerstören weltweit Wald
Die EU gehört zu den größten Treibern der Waldzerstörung durch Bergbau für Rohstoffe wie Kohle, Gold und Kupfer: 14 Prozent der bergbaubedingten globalen Waldzerstörung gehen auf das Konto der Europäischen Union. Sie liegt damit auf Platz 2 hinter China (18 Prozent) – und noch vor den USA (12 Prozent). Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Umweltstiftung WWF und der Wirtschaftsuniversität Wien. Das Team um Tobias Kind-Rieper vom WWF hat untersucht, wie viel Wald weltweit in den Jahren 2000 bis 2020 durch den Abbau von Kohle, Metallerzen und Industriemineralien zerstört wurde. Den Berechnungen zufolge wurden demnach im Umfeld von Rohstoffminen weltweit insgesamt Flächen von rund 755.900 Quadratkilometer Wald abgeholzt – eine Fläche mehr als doppelt so groß wie Deutschland.
Innerhalb der EU war Deutschland im Untersuchungszeitraum mit 19 Prozent der größte Treiber von bergbaubedingter Waldzerstörung, dicht gefolgt von Großbritannien. Das entspricht einer Fläche von 265 Quadratkilometer Wald. “Noch ist Deutschland vor allem Vorreiter der bergbaubedingten Waldzerstörung”, sagt Kind-Rieper.
In Deutschland trage die Automobilindustrie mit 17 Prozent am meisten zur Entwaldung, gefolgt von Maschinen- und Anlagenbau (11 Prozent) sowie Braunkohleabbau (9 Prozent). Global gesehen sei der Bausektor für den größten Teil der bergbaubedingten Entwaldung verantwortlich (18 Prozent).
Stefan Giljum, Professor für Ökologische Ökonomie an der Wirtschaftsuniversität Wien kommentierte die Studienergebnisse: “Die Dimensionen der Waldzerstörung durch den globalen Bergbau sind alarmierend. Durch die wachsende Nachfrage nach Rohstoffen hat sich der Verlust insbesondere an Regenwäldern rasant beschleunigt. Hauptverantwortlich dafür sind unsere nicht-nachhaltigen Produktions- und Konsumweisen.”
Der WWF fordert von Unternehmen und Politik, mehr Engagement beim Aufbau nachhaltiger Lieferketten und Kreislaufwirtschaft zu zeigen.
Profit in reichen Ländern, Entwaldung in ärmeren
Während die abgebauten Ressourcen hauptsächlich in Industrieländer im globalen Norden sowie in Schwellenländer in Asien fließen, werden die Zerstörungen laut Studie in einigen wenigen Ländern angerichtet, die größtenteils im globalen Süden liegen.
Mehr als 80 Prozent der direkten bergbaubedingten Abholzung fand im Studienzeitraum in nur zehn Ländern statt: Am meisten Wald sei in Indonesien (rund 3500 Quadratkilometer), Brasilien (rund 1700 Quadratkilometer) und Russland (rund 1300 Quadratkilometer) zerstört worden.
Ein Großteil (71 Prozent) der zerstörten Waldfläche sei auf den Abbau von Kohle und Gold zurückzuführen. Für die Berechnungen hatte das Forscherteam internationale Handelsströme untersucht und Satellitenbilder ausgewertet.
Für die Studie wurde nicht nur die direkte, sondern auch die indirekte Waldzerstörung in einem Umkreis von 50 Kilometern untersucht und partiell angerechnet. Diese etwa durch Bau von Transportwegen, Siedlungen und Energieinfrastruktur verursachte Abholzung, habe bei Weitem die direkte Entwaldung durch die Minen selbst überstiegen.
Der WWF fordert daher, dass auch die indirekten Folgen der Projekte künftig beachtet werden bei der Umweltverträglichkeitsprüfung von Bergbauaktivitäten.
Transparenz gefordert
Um die Umweltschäden künftig zu verringern, möchte der WWF die beteiligten Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen. "Unternehmen, in deren Produktion Rohstoffe relevant sind, müssen viel mehr tun, um Transparenz in ihrer Lieferkette herzustellen und sich für umweltverträglich abgebaute Rohstoffe entscheiden. Die Bundesregierung muss zudem dringend die Kreislaufwirtschaft vorantreiben. Sie ist der Schlüssel, um Klimakrise und Verlust der Artenvielfalt gleichzeitig einzudämmen.
Geoökologin Gudrun Franken von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zufolge ist ein umweltverträglicher Bergbau durchaus möglich. “Wenn hohe Umweltstandards vorgegeben werden und diese auch entsprechend überwacht werden”, sagt Franken.
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei in Bergbauländern weltweit verpflichtend. Gute Praxis einzufordern, benötige aber auch viel Wissen auf Seiten der Behörden und die Durchsetzung von entsprechenden Auflagen. Um die Umweltschäden so gering wie möglich zu halten, ist es Franken zufolge auch wichtig, dass Flächen renaturiert und Lebensräume wieder hergestellt würden. (dpa / hcz)