Tausende Behörden bekommen Zugang zu Polizeidatenbank

Logo des Schengener Informationssystems
Kritiker fürchten Missbrauch durch den Ausbau der europäischen Fahndungsdatenbank. (Quelle: SIS II SCG)

Alleine in Deutschland sollen rund 2000 weitere Behörden an das Schengener Informationssystem (SIS) angeschlossen werden. Damit wird die Nutzung des europäischen Fahndungssystems deutlich ausgebaut. In der Datenbank sind beispielsweise gesuchte Personen, gestohlene Fahrzeuge, Schusswaffen und Dokumente verzeichnet.

Die Erweiterung des Systems wurde 2018 in drei EU-Verordnungen festgelegt, die Deutschland und die anderen EU-Staaten bis Ende 2021 umsetzen müssen.

Die Bundesregierung hatte die Zahl der 2000 zusätzlich berechtigten Behörden bereits im August als Antwort auf eine kleine Anfrage des Vizevorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag, Andrej Hunko, und weiterer Abgeordneter genannt. In der Antwort auf eine neue Anfrage hat die Regierung nun einige der Behörden und nichtstaatlichen Stellen aufgeführt, die die Datenbank künftig nutzen sollen.

Derzeit haben Polizei, Grenzbehörden, der Zoll, Einwanderungsbehörden und Geheimdienste Zugriff auf das europäische Fahndungssystem. Europol und Eurojust können es ebenfalls eingeschränkt nutzen. In Zukunft sollen auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das Auswärtige Amt und die Botschaften der Bundesrepublik Zugriff auf SIS haben. Angebunden werden außerdem das Luftfahrtbundesamt und die KFZ-Zulassungsstellen. Bis Ende 2021 sollen auch die Waffenbehörden angeschlossen werden, die alle erlaubnispflichtigen Waffen registrieren.

Nichtstaatliche Verbände erhalten Zugang

Auch nichtstaatliche Verbände erhalten Zugriff auf Sachfahndungen. Sie können allerdings nicht direkt Abfragen starten, sondern müssen das System über die Polizeibehörden nutzen. Unter den vorgesehenen Verbänden befinden sich der Modellflieger Verband, der Fallschirmsport Verband und der ADAC. Europol erhält im Rahmen der SIS-Erweiterung weitere Möglichkeiten zu recherchieren. Nähere Details dazu hat die Regierung nicht genannt. Die Grenzschutzagentur Frontex wird ebenfalls an SIS angebunden.

Der Linken-Abgeordnete Hunko kritisiert die Pläne: “Ich stehe der geplanten Ausweitung deshalb äußerst skeptisch gegenüber. Mich besorgt auch der Zuwachs nichtpolizeilicher Behörden.” Zudem hat Hunko darauf hingewiesen, dass neue Möglichkeiten für biometrische Suchen hinzukommen. Fingerabdrücke, Gesichtsbilder und DNA-Profile werden bereits in der Datenbank gespeichert.

Hunko warnt vor Missbrauch

Der Abgeordnete befürchtet weiteren Missbrauch durch die Erweiterung: “Ich erwarte deshalb nicht nur mehr Suchläufe im SIS, sondern auch mehr Einträge zur Fahndung. Dies mag in vielen Fällen sinnvoll erscheinen, öffnet aber Scheunentore für den Missbrauch. Seit Jahren versuche ich beispielsweise aufzuklären, wie Geheimdiensten aus Drittstaaten über eine Hintertür ein indirekter Zugriff gewährt wird, die Bundesregierung verweigert mir hierzu jede Auskunft.”

In Deutschland waren in der Vergangenheit wiederholt Fälle bekannt geworden, in denen bei der Polizei unberechtigt Daten abgefragt wurden. Seit 2018 gab es deshalb mehr als 400 Verfahren.

Außer Zypern und Irland verwenden sämtliche EU-Mitgliedsstaaten das Schengener Informationssystem. Island, Norwegen, Liechtenstein und die Schweiz sind ebenfalls beteiligt. Am 1. Januar 2020 sollen mehr als 90 Millionen Personen und Gegenstände in SIS gespeichert gewesen sein. Im vergangenen Jahr haben Behörden gut 7 Milliarden Mal in der Datenbank gesucht.

In der Schweiz hatte der Nationalrat die Teilnahme an der erweiterten Schengen-Datenbank im September vorerst abgelehnt. Allerdings könnte die Schweiz dennoch zustimmen: Die Pläne liegen nun dem Ständerat vor und gehen anschließend erneut an den Nationalrat. (js)