Umweltschützer: EU soll Amazonas-Zerstörung nicht fördern

Greenpeace-Protest
Greenpeace fürchtet, dass durch das EU-Mercosur-Abkommen noch mehr Regenwald vernichtet wird. (Quelle: Paul Lovis Wagner/Greenpeace)

Brände vernichten zunehmend Regenwald im Amazonas-Gebiet. Vor diesem Hintergrund fordert die Umweltschutzorganisation Greenpeace, das geplante EU-Handelsabkommen mit dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur zu stoppen. Einige EU-Staaten haben bereits deutlich gemacht, den Vertrag nicht zu unterstützen – und auch in der deutschen Politik gibt es kritische Stimmen.

Greenpeace sieht die EU in der Pflicht: Am Morgen haben Aktivisten lodernde Flammen auf die Fassade des Auswärtigen Amts in Berlin projiziert. Sie fordern einen Stopp des geplanten Handelsabkommens zwischen der EU und den sogenannten Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay. Es wäre die größte Freihandelszone der Welt. Durch diese Vereinbarung drohe die Zerstörung des Regenwaldes weiter zuzunehmen. “Außenminister Maas muss sich gegen das Abkommen stellen, um das grüne Herz des Planeten zu schützen”, sagte Greenpeace-Waldexpertin Gesche Jürgens.

Rindfleisch-Exporte aus Südamerika sollen zunehmen

Das Abkommen würde unter anderem höhere Rindfleischimporte in die EU erlauben – die Quote läge jährlich bei 99.000 Tonnen. Die Viehzucht gilt als einer der Hauptgründe für die Zerstörung des Regenwaldes: Wird mehr Fleisch für den Export produziert, führt dies zu einem erhöhten Bedarf an Weideflächen und mehr Abholzung. Auch Zölle auf Pestizide aus der EU sollen erlassen werden. Sie werden unter anderem beim Sojaanbau verwendet, es sollen auch als gefährlich geltende Mittel exportiert werden können.

Der Amazonas brennt

Allein im brasilianischen Bundesstaat Amazonas hat das Nationale Institut für Weltraumforschung (Inpe) zwischen dem 1. und dem 30. August 7766 Feuer festgestellt. Dies ist der höchste Wert für den Monat August seit Beginn der Erhebung im Jahr 1998. Das Institut wertet Satellitenbilder aus und untersucht die Veränderungen der Wälder. In der ersten Hälfte des Jahres war die Zahl der Brände bereits um rund 52 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Der Bundesstaat Amazonas ist fast halb so groß wie Deutschland, ein großer Teil des brasilianischen Regenwaldes liegt in dieser Region.

Umweltschützer werfen dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro vor, die Brände in Kauf zu nehmen. Bolsonaro ist ein Befürworter der wirtschaftlichen Ausbeutung des Amazonas-Gebiets und hat die Umwelt- und Kontrollbehörden gezielt geschwächt. Die meisten der Brände werden gelegt, um Flächen für die Landwirtschaft und Viehzucht nutzen zu können. Die Brandstifter gehen häufig straffrei aus.

Greenpeace-Protest
Greenpeace-Aktivisten haben vor dem Außenministerium gegen das Handelsabkommen protestiert. (Quelle: Paul Lovis Wagner/Greenpeace)


Noch mehr Fläche dürfe der Amazonas-Regenwald nicht mehr verlieren, mahnt Greenpeace. Das Ökosystem, das stabilisierend auf das Klima wirkt, würde andernfalls zusammenbrechen. Die globalisierungskritische Organisation Attac warnt, dass durch die weitere Zerstörung des Regenwaldes die indigene Bevölkerung vertrieben würde.

Verhandlungen stocken

Die Verhandlungen zwischen der EU und den südamerikanischen Staaten hatten bereits im Jahr 2000 begonnen. Im Juni 2019 hatten sich die Staaten auf das Handelsabkommen geeinigt. Allerdings muss es noch vom EU-Rat und den nationalen Parlamenten ratifiziert werden – und dieser Prozess stockt derzeit.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe angesichts der Abholzung im Amazonas-Gebiet “erhebliche Zweifel” an dem Handelsabkommen, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert im August. Man sehe “mit großer Sorge” auf Abholzung und Brandrodungen. Es gebe “erhebliche Zweifel, ob das Abkommen so wie intendiert auch umgesetzt werden könnte, wenn man auf die aktuellen Entwicklungen, die schrecklichen Waldverluste, die es dort zu beklagen gibt, schaut”, sagte Seibert. Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grüne fordert, das Abkommen zu stoppen.

Widerstand aus EU-Staaten

Zuvor hatten bereits mehrere EU-Staaten erklärt, das Abkommen nicht mitzutragen: darunter Österreich, Frankreich und die Niederlande. Es muss jedoch einstimmig beschlossen werden. Offenbar wird allerdings bereits diskutiert, den Vertrag in zwei Teile aufzuspalten, die sich mit einer qualifizierten Mehrheit beschließen ließen. Die Bundesregierung hatte das Abkommen zu einem Schwerpunkt der deutschen Ratspräsidentschaft erklärt. Noch bis zum 31. Dezember hat die Bundesregierung die Ratspräsidentschaft inne.

Umweltschützer mahnen, das Abkommen “mit all seinen fundamentalen Fehlern” sei durch kleine Korrekturen nicht zu retten. “Angela Merkel muss es komplett ablehnen”, forderte Greenpeace-Expertin Jürgens. Es brauche eine neue Vereinbarung, die soziale Gerechtigkeit und den Klima- und Artenschutz in den Mittelpunkt stelle. (dpa / js)