UN: Schutz von Grundwasser kommt zu kurz
Anlässlich des heutigen Weltwassertages haben die UNESCO und das UN-Institut für Wasser, Umwelt und Gesundheit (UNU-INWEH) Berichte zur weltweiten Wasserversorgung veröffentlicht. Während die UNESCO Aufmerksamkeit auf die weltweite Situation des Grundwassers lenken möchte, konzentriert sich INWEH auf die Wassersicherheit in Afrika.
Demnach gibt es in Afrika kaum Sicherheit bei der Wasserversorgung: Mehr als eine halbe Milliarde Menschen leben dort ohne abgesicherten Zugang zu Wasser, teilte das UNU-INWEH am Montag zum Auftakt des neunten Weltwasserforums in Senegals Hauptstadt Dakar mit.
Trotz der globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung hätten fast die Hälfte der 54 Länder Afrikas in den vergangenen drei bis fünf Jahren im Bereich Wassersicherheit keine Fortschritte gemacht, hieß es in dem Bericht “Water Security in Africa”. Selbst die fünf wassersichersten Länder Afrikas – Ägypten, Botswana, Gabun, Mauritius und Tunesien – wiesen “nur ein bescheidenes Niveau an Wassersicherheit” auf. Somalia, Tschad und Niger sind laut der UN die am wenigsten wassersicheren Länder des Kontinents.
Der von der UNESCO veröffentlichte “Weltwasserbericht der Vereinten Nationen” schildert unter anderem die Probleme Europas und Asiens beim Umgang mit den Grundwasservorräten – Düngerbestandteile aus der Landwirtschaft gefährden dort die Gesundheit der Menschen.
Die UN haben eine recht breite Definition von Wassersicherheit: Dabei geht es unter anderem um den Zugang zu ausreichend sauberem Wasser, aber auch um ökologische Fragen. Aufgrund des Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums werde der Wasserverbrauch in den kommenden 30 Jahren weltweit jährlich um ein Prozent steigen. Auch sich ändernde Konsumgewohnheiten hätten daran ihren Anteil. Die UNESCO mahnt deswegen, mehr Grundwasservorräte zu erschließen, sie nachhaltig zu nutzen und besser zu verwalten – und erneuert somit ihre Warnung aus den vergangenen Jahren.
Grundwasser im Fokus
“Der Weltwasserbericht zeigt verheerende Wissens- und Regulierungslücken beim Grundwasser. In vielen Weltregionen wird Grundwasser ohne Rücksicht auf die Folgen übermäßig aus der Erde gepumpt. In anderen Gegenden könnte man dagegen mehr Grundwasser nutzen und damit die Ernährungssicherheit erhöhen”, forderte Ulla Burchardt, Vorstandsmitglied der Deutschen UNESCO-Kommission. Trotz der “enormen” Bedeutung werde Grundwasser weltweit vielerorts nicht verstanden.
Etwa 99 Prozent des flüssigen Süßwassers auf der Erde ist Grundwasser. Und rund die Hälfte des weltweit in Privathaushalten genutzten Wassers sei Grundwasser. Auch die Bewässerung in der Landwirtschaft hänge zu etwa einem Viertel vom Grundwasser ab.
Europa: Landwirtschaft belastet Grundwasser
Doch je nach Erdteil unterscheide sich drastisch, ob und wie das Wasser genutzt wird: Europa entnehme mit sechs Prozent der weltweiten Grundwassermenge vergleichsweise wenig – vor allem zur Trinkwassergewinnung. Daher drohe auf dem Kontinent kaum Übernutzung. Das größere Problem stelle die Verschmutzung durch die Landwirtschaft dar, die rund 38 Prozent der europäischen Grundwasserleiter betreffe. Besonders Nitratbelastung trete hier auf – zu hohe Nitratwerte erhöhen das Darmkrebsrisiko und gefährden besonders die Gesundheit von Säuglingen.
In Deutschland würden die Nitrat-Grenzwerte im Grundwasser an jeder sechsten Messstelle überschritten, weshalb der Europäische Gerichtshof Deutschland bereits 2018 zu Strafzahlungen verurteilt hat. “Gerade die Landwirtschaft als wichtigster Verursacher der Nitratkonzentrationen hierzulande muss endlich eine echte Transformation durchlaufen”, stellte UNESCO-Vorstand Burchardt fest.
Auch Kira Heinemann, Sprecherin der Umweltorganisation BUND spricht von “enormer” Grundwasserverschmutzung in Deutschland. “Mehr als ein Viertel des Grundwassers ist in einem schlechten chemischen Zustand”, merkt Heinemann an. Ursachen seien beispielsweise große Mengen an Dünger und Pestiziden. Durch hohe Nitratgehalte und den Nitratabbau im Grundwasser lösten sich Schwermetalle wie Kadmium und Arsen.
Der BUND fordert, die Kompetenzen deutscher Wasserbehörden auszubauen und bestehende Nutzungen zu überprüfen. Europäische Regelungen wie die Wasserrahmenrichtlinie müssten konsequenter umgesetzt werden und Kosten wie für die Wasseraufbereitung müssten auf die Verursacherinnen und Verursacher verteilt werden.
Afrika kann Potenzial nicht nutzen
Asien sei der Kontinent mit der intensivsten Grundwassernutzung – vornehmlich durch die Landwirtschaft. Die dafür entnommene Menge sei doppelt so hoch wie auf allen anderen Kontinenten zusammen. Die großen Vorräte in China und Südasien erschöpften sich aktuell schnell. Gleichzeitig werden die vorhandenen Grundwasservorräte verschmutzt.
In vielen Ländern Afrikas südlich der Sahara würden die riesigen Grundwasserreserven laut UNESCO dagegen kaum genutzt. Nur drei Prozent der Ackerflächen dort seien mit Bewässerungssystemen ausgestattet, davon würden wiederum nur fünf Prozent Grundwasser nutzen.
Die Erschließung des Grundwassers könne gerade in Afrika ein “Katalysator für wirtschaftliche Entwicklung” sein. Damit landwirtschaftliche Erträge erhöht werden können, müssten die bewässerten Flächen wachsen. Das Grundwasser biete eine sichere und kostengünstige Möglichkeit, ländliche Regionen verlässlich mit Wasser zu versorgen.
Dass die Vorräte nicht erschlossen werden, liegt laut Bericht an mangelnder Infrastruktur und fehlenden Fachkräften.
Wasser bedeutet Sicherheit
Die Autorinnen und Autoren appellieren an die Regierungen, mehr in die Grundwasserbewirtschaftung zu investieren und diese besser zu regulieren. Es sollten mehr und bessere Daten über das Grundwasser gesammelt werden. Für den Schutz der Vorräte vor Übernutzung und Verschmutzung seien schärfere Umweltvorschriften nötig.
“Grundwasser ist von zentraler Bedeutung für die Armutsbekämpfung, für die Ernährungs- und Wassersicherheit, für die Schaffung von Arbeitsplätzen, für die sozioökonomische Entwicklung und für die für die Widerstandsfähigkeit von Gesellschaften und Wirtschaften gegenüber Wandel” schreiben die Autoren des Berichts. Die Abhängigkeit vom Grundwasser werde künftig zunehmen. Denn der Wasserbedarf wachse in allen Sektoren und Niederschläge zeigten in vielen Regionen immer stärkere Schwankungen. (dpa / hcz)