Weltwasserbericht: Milliarden Menschen ohne sauberes Trinkwasser
Weltweit wird Wasser zu oft als selbstverständlich angesehen, privatisiert, verschmutzt und verschwendet. Deshalb müsse Wasser einen höheren Stellenwert bekommen – auch bei politischen Entscheidungen, heißt es im aktuellen Weltwasserbericht “Wasser bewerten und wertschätzen”, den die UNESCO im Auftrag der Vereinten Nationen am Montag veröffentlicht hat.
2,2 Milliarden Menschen weltweit haben dem Bericht zufolge keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Außerdem haben 4,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sicheren Sanitäranlagen – das sind mehr als 55 Prozent der Weltbevölkerung. Etwa 4 Milliarden Menschen leben in Regionen, in denen mindestens einen Monat pro Jahr Wasserknappheit herrscht.
Zu wenig Handeln
Die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen sehen vor, dass bis zum Jahr 2030 alle Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitäranlagen haben sollen. Die UNESCO stellt jedoch fest, dass für das Erreichen dieses Ziels zu wenig getan wird. So gebe es zu wenige Investitionen in wasserwirtschaftliche Infrastrukturen. Es sei zwar das Bewusstsein vorhanden, dass Gesundheit, Hygiene, Landwirtschaft und Industrie ohne sauberes Wasser nicht möglich sind. Die Weltpolitik ziehe aus diesen Erkenntnissen aber zu wenige Konsequenzen.
“In Sonntagsreden sind wir uns über den Wert des Wassers einig, im Alltag vergessen wir ihn. Man kann die Bedeutung von Wasser eben nicht mit dem Preis der Bereitstellung für Industrie, Landwirtschaft und Haushalte gleichsetzen. Vor allem muss auch berücksichtigt werden, welchen Wert Wasser für Ökosysteme und damit als menschliche Lebensgrundlage hat”, sagte Ulla Burchardt, Vorstandsmitglied der Deutschen UNESCO-Kommission.
Steigender Wasserverbrauch
Bevölkerungswachstum, Wirtschaftswachstum und veränderte Konsumgewohnheiten führen laut UNESCO dazu, dass der Wasserverbrauch pro Jahr um etwa 1 Prozent ansteigt. Im weltweiten Mittel verbraucht die Landwirtschaft dabei 69 Prozent der Süßwasserressourcen. In Deutschland stellt sich die Situation anders dar: Hier verbrauchen Energieversorgung, Bergbau und verarbeitendes Gewerbe 77 Prozent der Wasservorräte.
Die Expertinnen und Experten weisen darauf hin, dass bei einem gleichbleibenden Anstieg der Weltbevölkerung im Jahr 2050 in der Landwirtschaft 50 Prozent mehr Bewässerung benötigt wird. Doch das Wasser dafür fehlt. Deshalb sei eine effizientere Wassernutzung in der Landwirtschaft notwendig.
Die Umweltorganisation WWF warnt in diesem Zusammenhang davor, dass es durch den Klimawandel zu immer mehr Wetterextremen wie Temperaturrekorden, Dürreperioden und Jahrhundertfluten kommt. Dadurch stiegen auch die Wasserrisiken für Anbauregionen von Obst- und Gemüse.
Wasserknappheit und Überflutung
Deutschland importiert beispielsweise von Dezember bis Mai Kartoffeln aus dem Nildelta, in dem schon heute Wasserknappheit herrscht. Dieses Risiko könne bis zum Jahr 2050 um 20 Prozent steigen.
Auch die jetzt schon hohe Wasserknappheit in spanischen Anbaugebieten für Zitrusfrüchte könnte in den nächsten 30 Jahren um weitere 10 Prozent zunehmen. Bananenplantagen in Ecuador und Kolumbien könnten bis 2050 hingegen fünf Mal häufiger von Überflutungen betroffen sein.
“Die WWF-Untersuchung zeigt, die Wasserrisiken werden mit großer Wahrscheinlichkeit weiter zunehmen. Dabei droht am häufigsten eine Verschärfung der Wasserknappheit. Aber auch Überschwemmungen und die Verschlechterung der Wasserqualität nehmen stark zu”, sagte Juliane Vatte, Expertin für internationale Wasserressourcen beim WWF.
Ungleich verteilte Ressource
Laut der UNESCO besteht in Lateinamerika bereits heute “Wasserstress”. Hier würden Landwirtschaft, Wasserkraft, Bergbau und sogar Trinkwasser- und Sanitärversorgung um die kostbare Ressource konkurrieren.
Die Autorinnen und Autoren des Berichts warnen zudem, dass sich die bestehende Wasserknappheit in Asien und der Pazifikregion durch die Folgen des Klimawandels noch verschärfen könnte.
Das Erreichen des nachhaltigen Entwicklungsziels für die Trinkwasserversorgung sei auch in Afrika nicht gesichert. Dort seien die Ressourcen sehr ungleich verteilt: Die sechs wasserreichsten Länder in Zentral- und Westafrika verfügen über 54 Prozent der Gesamtressourcen des Kontinents. Die 27 wasserärmsten Länder über nur 7 Prozent.
Im arabischen Raum leben 85 Prozent der Bevölkerung mit Wasserknappheit. In der Region sei Wasser ein sicherheitspolitisches Thema – auch, weil mehr als zwei Drittel der vorhandenen Süßwasserressourcen eine oder mehrere internationale Grenzen überschreiten. Hier seien erhebliche Investitionen erforderlich, um die Produktivität, die Nachhaltigkeit und den Zugang für alle zu verbessern. (dpa / js)