UN: Weltweit nehmen extreme Waldbrände zu
Durch den Klimawandel und veränderte Bodennutzung nimmt die Zahl extremer Brände weltweit zu. Auch in bislang nicht betroffenen Regionen, wie der Arktis, könnte es in Zukunft zu mehr Bränden kommen, warnt das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) in einem am Mittwoch vorgestellten Bericht.
Die Zahl extremer Brände könnte weltweit bis 2030 um 9 bis 14 Prozent steigen, bis 2050 um 20 bis 30 Prozent – und bis zum Ende des Jahrhunderts sogar um 31 bis 52 Prozent.
Die Prognosen gelten auch dann, wenn es noch gelingen sollte, die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. “Selbst bei den ehrgeizigsten Anstrengungen zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen wird der Planet eine dramatische Zunahme der Häufigkeit von Bedingungen erleben, die extreme Brände begünstigen”, wird im Bericht gewarnt. Unkontrollierbare und verheerende Waldbrände würden zu einem “erwartbaren Teil des saisonalen Terminkalenders” werden.
Als Gegenmaßnahme fordern die Autorinnen und Autoren eine radikale Umverteilung staatlicher Mittel: Gelder sollten nicht nur dafür verwendet werden im Brandfall zu reagieren, sondern vielmehr für Prävention und Vorsorge.
Der Bericht “Spreading like Wildfire” wurde im Vorfeld der UN-Umweltversammlung (UNEA) präsentiert, die ab Ende des Monats in Kenias Hauptstadt Nairobi tagt. An dem Text, der gemeinsam mit dem norwegischen Institut GRID-Arendal erstellt wurde, seien über 50 Expertinnen und Experten aus Forschungseinrichtungen, Regierungsbehörden und internationalen Organisationen aus aller Welt beteiligt gewesen.
Ärmste Länder leiden am meisten
Der Bericht befasst sich nur mit besonders schweren Bränden, wie sie bislang nur alle paar Jahrzehnte auftreten. Wie sich die Wahrscheinlichkeit für kleinere Brände verändern wird, haben die Autoren nicht untersucht. Es sei aber anzunehmen, dass deren Häufigkeit genauso zunimmt.
Übermäßig stark von Waldbränden betroffen seien die ärmsten Länder der Welt. Noch Tage, Wochen oder Jahre nach einzelnen Bränden seien die negativen Wirkungen zu spüren: Die Feuer behinderten die nachhaltige Entwicklung nach den Zielen der Vereinten Nationen und vertieften soziale Ungleichheit.
Auch die Gesundheit wird bei den Katastrophen geschädigt: Die UNEP-Experten weisen auf die Auswirkungen auf Atemwege und das Herzkreislaufsystem hin. Vor allem Menschen mit einer bereits geschwächten Gesundheit können eingeatmete Emissionen gefährlich werden. Belastungen durch Waldbrandrauch würden aktuell jedes Jahr zu mehr als 30.000 Todesfällen in 43 untersuchten Ländern führen.
Zusätzlich kann die Wiederaufforstung von Waldbrandgebieten für Länder mit niedrigem Einkommen unerschwinglich sein. Wassereinzugsgebiete würden durch die freigesetzten Schadstoffe geschädigt. Es käme beispielsweise zu Bodenerosion. Anfallende Abfälle seien oft stark kontaminiert und müssten speziell entsorgt werden.
Auch auf viele Tier- und Pflanzenarten wirken die Brände katastrophal, da ihre natürlichen Lebensräume zerstört werden. Das treibe einige Arten “an den Rand des Aussterbens”. Als Beispiel nennt der Report die australischen Buschbrände 2020, die Schätzungen zufolge Milliarden von Haus- und Wildtieren getötet haben. Die Brände im Pantanal vergangenes Jahr, dem größten tropischen Feuchtgebiet Lateinamerikas, zerstörten fast ein Drittel eines der größten Biodiversitäts-Hotspots der Welt. Es bestehe die Sorge, dass sich dieses Feuchtgebiet nie wieder vollständig erholen wird.
Zusammenspiel mit dem Klimawandel
Brände und Klimawandel verstärken sich laut Bericht gegenseitig. Die Brände seien länger und heißer aufgrund klimabedingter Veränderungen wie Dürren, höherer Temperaturen sowie Blitzen und Stürmen. Zudem verstärke die Zerstörung von Mooren und Regenwäldern durch Brände die Auswirkungen des Klimawandels. Diese Landschaften dienen als Kohlenstoffspeicher.
Deswegen sei die Wiederherstellung von Ökosystemen wichtig – um die Risiken von Bränden zu minimieren. “Die Wiederherstellung von Feuchtgebieten und die Wiederansiedlung von Arten wie Bibern, die Wiederherstellung von Mooren, das Bauen in einem gewissen Abstand zur Vegetation und die Erhaltung von Freiflächenpuffern sind einige Beispiele für die wesentlichen Investitionen in Prävention, Vorsorge und Wiederherstellung”, raten die Experten.
Umdenken bei der Finanzierung
Die Autoren fordern Regierungen weltweit dazu auf, eine neue “Feuerbereitschaftsformel” zu verabschieden: Zwei Drittel der Ausgaben sollen für Planung, Prävention, Bereitschaft und Wiederherstellung – und nur ein Drittel für die Reaktion auf Brände aufgewendet werden. Derzeit würden mehr als die Hälfte der Ausgaben in die direkte Reaktion auf Waldbrände fließen, während weniger als ein Prozent für die Planung aufgewendet werden.Zur Prävention sollten Erkenntnisse aus daten- und wissenschaftsbasierten Überwachungssystemen mit indigenem Wissen kombiniert werden. Zudem brauche es eine stärkere regionale und internationale Zusammenarbeit. Es sei dringend notwendig, das Verhalten von Waldbränden besser zu verstehen.
“Die derzeitigen staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung von Waldbränden setzen das Geld oft an der falschen Stelle ein. Die Rettungskräfte und Feuerwehrleute, die an vorderster Front ihr Leben riskieren, um Waldbrände zu bekämpfen, müssen unterstützt werden”, sagte Inger Andersen, Exekutivdirektorin des UNEP. “Wir müssen das Risiko extremer Waldbrände minimieren, indem wir besser vorbereitet sind: Wir müssen mehr in die Verringerung des Brandrisikos investieren, mit den lokalen Gemeinschaften zusammenarbeiten und unser globales Engagement zur Bekämpfung des Klimawandels verstärken.”
Um ein anpassungsfähiges Land- und Brandmanagement zu erreichen und aufrechtzuerhalten, bedürfe es einer Kombination aus politischen Maßnahmen, einem rechtlichen Rahmen und Anreizen, die eine angemessene Land- und Brandnutzung fördern. (dpa / hcz)