Verbraucherschützer mahnen Meta wegen Training mit Nutzerdaten ab
Die Verbraucherzentrale NRW hat den Meta-Konzern abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert, um bevorstehende Änderungen der Datenschutzrichtlinie zu verhindern. Diese sehen vor, dass Meta künftig Inhalte der Nutzerinnen und Nutzer zum maschinellen Lernen verwenden kann. Auch Datenschützer beschäftigen sich schon mit den bevorstehenden Änderungen.
Meta informiert derzeit Nutzerinnen und Nutzer von Facebook, Instagram und Threads, dass ab dem 26. Juni eine neue Datenschutzrichtlinie für die Dienste gilt. Das Unternehmen entwickelt ein System, das Texte und Bilder erzeugen können soll. Das wird auch als “genverative künstliche Intelligenz” bezeichnet. Um dem System Sprachkenntnisse beizubringen, wird die Software mit großen Mengen Daten “trainiert” – wie Texten von menschlichen Nutzern. Bei Meta heißt es, es würden beispielsweise “Beiträge, Fotos oder Bildunterschriften” verwendet. Privatnachrichten hingegen verarbeite der Konzern nicht. Laut den Verbraucherschützern können aber auch Beiträge von privaten Profilen betroffen sein.
Wer nicht möchte, dass die eigenen Beiträge auf diese Art verwendet werden, kann widersprechen. Die Verbraucherschützer kritisieren jedoch, das Widerspruchsverfahren sei sehr umständlich und wenig nutzerfreundlich. Dabei sollte das Vorgehen ihrer Ansicht nach andersrum sein: Nutzerinnen und Nutzer sollten einwilligen, wenn sie ihre Daten zur Verfügung stellen wollen.
Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW, kritisierte: “Meta macht es sich hier zu einfach.” Aus Sicht der Verbraucherzentrale sei klar, dass die Daten nicht ohne Einwilligung verwendet werden dürfen. Denn zum einen könnten die Daten “sehr schutzwürdig sein” und zum anderen hätten die Nutzer in der Vergangenheit nicht absehen können, dass ihre Beiträge in der Zukunft “einmal für das Training von KI genutzt werden könnten”.
Widerspruch soll begründet werden
Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte Thomas Fuchs erklärte am Mittwoch, er habe in den vergangenen Tagen bereits zahlreiche Anfragen und mehrere Beschwerden in Bezug auf die neue Datenschutzrichtlinie erhalten.
Fuchs empfiehlt, vor dem 26. Juni Widerspruch einzulegen, wenn Nutzerinnen und Nutzer nicht möchten, dass ihre Daten zum Training der Algorithmen verwendet werden. Wenn ein solches System mit personenbezogenen Daten trainiert wurde, lasse sich dies nicht mehr rückgängig machen.
Nutzerinnen und Nutzer können in den Einstellungen auf der Profil-Seite unter dem Punkt Datenschutzrichtlinie Widerspruch gegen die Datenverarbeitung einlegen. Auch über ein Formular bei Facebook und Instagram funktioniert das – in jedem Fall muss man dafür eingeloggt sein. Meta verlangt, dass der Widerspruch begründet wird. Die Verbraucherzentrale gibt auf ihrer Internetseite Tipps dazu. Man könne etwa eintragen: “Ich fühle mich allgemein unwohl beim Gedanken an KI.”
Der Hamburgische Datenschutzbeauftragte weist außerdem darauf hin, dass auch Personen, die keinen Account bei einem Meta-Dienst haben, von der Datenverarbeitung betroffen sein können. Denn Meta kaufe auch Daten bei Drittanbietern ein. Meta bietet auch hierzu ein Widerspruchsformular an.
Datenschutzbehörden stimmen sich ab
Für die Datenverarbeitung braucht Meta eine Rechtsgrundlage gemäß der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Der Konzern beruft sich auf ein “berechtigtes Interesse”. Ob das ausreicht und nicht stattdessen eine Einwilligung der Betroffenen erforderlich wäre, wird nach Angaben des Datenschutzbeauftragten gerade seitens der europäischen Datenschutzaufsichtsbehörden geklärt. Die Hamburgische Datenschutzbehörde stehe mit der federführenden Aufsichtsbehörde in Irland bereits in Verbindung – dort hat Meta seinen europäischen Hauptsitz.
Weil es Millionen Betroffene in der EU gebe, sei eine europaweit einheitliche Bewertung der Verarbeitung personenbezogener Daten zum KI-Training bei Meta dringend geboten.
Die österreichische Organisation Noyb hatte in der vergangenen Woche in elf europäischen Ländern Datenschutzbeschwerden gegen die geplante Datenverarbeitung eingelegt – in Deutschland bei der Behörde in Hamburg. Auch nach Einschätzung von Noyb müsste Meta Betroffene explizit um Einwilligung bitten. Die Organisation bemängelt zudem weitere DSGVO-Verstöße. Meta versuche etwa, Betroffene davon abzuhalten, von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen.
Vorschlagsfunkion in Facebook-App
Die Verbraucherzentrale NRW fordert von Meta zudem wegen einer neuen Funktion in der Facebook-App für Smartphones eine Unterlassungserklärung. Sie war den Verbraucherschützern im Mai erstmals aufgefallen. Die Funktion untersucht im Hintergrund auf dem Smartphone der Nutzer gespeicherte Fotos und Videos und unterbreitet Vorschläge, welche davon auf der Plattform geteilt werden könnten.
Weil die Funktion standardmäßig aktiviert ist, kritisieren die Verbraucherschützer, es handle sich um einen klaren Verstoß gegen das in der DSGVO verankerte Prinzip der datenschutzfreundlichen Voreinstellung (“privacy by default”). “Der Zugriff auf die Metadaten der Fotos und Videos sollte standardmäßig deaktiviert sein”, so Schuldzinski.
In den Privatsphäre-Einstellungen der App lässt sich die Funktion abschalten. Wie das unter Android und iOS genau funktioniert, erklärt die Verbraucherzentrale NRW auf ihrer Internetseite. Auch wie sich der Zugriff der App auf gespeicherte Fotos und Videos komplett abschalten lässt, erläutern die Verbraucherschützer.
Der Konzern hat nach der Abmahnung durch die Verbraucherzentrale NRW bis zum 19. Juni 2024 Zeit, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Sollte Meta die Frist ungenutzt verstreichen lassen, steht den Verbraucherschützern der Klageweg offen. (dpa / js)