Verpackungsgesetz: Mehrwegpflicht für die Gastronomie

Mehrwegbecher
Mehrwegangebote sollen den Verpackungsmüll in Deutschland reduzieren, doch es sind auch Ausnahmen vorgesehen. (Quelle: imago images / Cavan Images)

Restaurants, Bistros und Cafés sollen künftig dazu verpflichtet werden, Mehrwegbehälter für ihre Produkte zum Mitnehmen anzubieten. Das geht aus einer Änderung des Verpackungsgesetzes hervor, die das Bundeskabinett am Mittwoch auf Vorschlag von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) auf den Weg gebracht hat. Die Gesetzesnovelle muss jetzt noch vom Bundestag verabschiedet werden.

“Noch ist Wegwerfplastik in vielen Restaurants, Imbissen und Cafés die Regel. Mein Ziel ist, dass Mehrwegboxen und Mehrwegbecher für unterwegs der neue Standard werden”, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Mittwoch. Mit der Gesetzesänderung will die Bundesregierung eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2019 in nationales Recht umsetzen.

Wenn Restaurants oder Cafés Essen zum Mitnehmen verkaufen, werden sie ab 2023 dazu verpflichtet, Mehrwegbehälter anzubieten. Die Mehrwegvariante darf dabei nicht teurer sein als Produkte in Einwegverpackungen. Darüber hinaus werden sie dazu verpflichtet, für alle erhältlichen Größen von To-Go-Getränken entsprechende Mehrwegbecher anzubieten.

Allerdings sind auch Ausnahmen vorgesehen: Betriebe mit weniger als 80 Quadratmeter Fläche und maximal fünf Mitarbeitern müssen keine Mehrwegverpackungen anbieten. Sie müssen Speisen und Getränke auf Wunsch aber in von Kunden mitgebrachte Behälter abfüllen.

Ausnahmen beim Pfand

Ab 2022 soll zudem das Pfand auf Einweg-Getränkeflaschen aus Plastik und alle Getränkedosen ausgeweitet werden. Damit beende man die bisherigen Ausnahmeregelungen für bestimmte Getränke in Plastikflaschen und Dosen, heißt es dazu vom Bundesumweltministerium. Tatsächlich fallen die bisherigen Ausnahmen, beispielsweise für Fruchtsäfte ohne Kohlensäure, weg. Dennoch gibt es weiterhin eine Ausnahme: Milch und Milcherzeugnisse bleiben bis zum Jahr 2024 pfandfrei.

Das NDR-Magazin Panorama schreibt zu der Ausnahme: “Der Gesetzesprozess ist ein Lehrstück, wie Lobbyismus funktioniert.” Laut Panorama hatte ein vorheriger Gesetzentwurf noch eine sofortige Pfandpflicht für Milch in Plastikflaschen vorgesehen, dies sei jedoch vom Milchindustrie-Verband verhindert worden. Der Verband wollte auch die Pfandpflicht ab 2024 noch abwehren.

Neben der Pfandpflicht ist eine Mindestquote von 25 Prozent für den Rezyklat-Anteil von PET-Getränkeflaschen vorgesehen. Gemeint ist damit der Anteil an neuem Plastik aus gebrauchtem Kunststoff. Die Mindestquote soll jedoch erst ab 2025 gelten, ab 2030 wird sie auf 30 Prozent erhöht.

BUND fordert höhere Quoten

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßte die Rezyklat-Regel grundsätzlich, allerdings würden schon heute mindestens 25 Prozent Rezyklate bei PET-Flaschen eingesetzt. Eine Quote von 40 Prozent sei durchaus realistisch, diese könne ab dem Jahr 2030 auf bis zu 60 Prozent angehoben werden, heißt es in einer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf. Der BUND bemängelt darin außerdem, die vorgenommenen Anpassungen an dem Gesetz erscheinen “angesichts der Dringlichkeit in Hinblick auf das stetig wachsende Aufkommen an Einwegkunststoffverpackungen zu wenig ambitioniert”.

Viola Wohlgemuth, Konsum-Expertin bei Greenpeace, kritisierte den Gesetzentwurf ebenfalls: “Ministerin Schulze springt mit ihrem Entwurf zu kurz. Statt allein die Plastikfluten aus Schnellrestaurants und Bäckereiketten einzudämmen, muss die Ministerin Mehrweg zum Standard in ganz Deutschland machen. Es ist nicht verständlich, warum Svenja Schulze jetzt nicht auch Lieferdienste und Onlinehandel in die Mehrwegpflicht nimmt. Nur mit einem Paradigmenwechsel weg von Wegwerf-Verpackungen hin zu verbindlichen Mehrweglösungen und mehr Unverpacktangeboten lässt sich die Plastikflut bremsen.” Sollte es in Zukunft überhaupt noch Wegwerf-Plastikverpackungen geben, so müssten diese aus recycelten Kunststoffen aus dem gelben Sack hergestellt werden, so Wohlgemuth.

Gesetz “nicht ambitioniert genug”

Auch die Deutsche Umwelthilfe findet den Entwurf nicht ambitioniert genug. Sie fordert eine zusätzliche Lenkungsabgabe von mindestens 20 Cent für To-Go-Becher und Essensboxen aus Einwegplastik, die zur Förderung von Mehrwegsystemen eingesetzt werden soll. Außerdem müsse es auch Pfand auf Getränkekartons geben, da von ihnen viele achtlos in der Umwelt entsorgt und zu wenige recycelt würden, schreibt der Verband in einer Stellungnahme.

Die Menge an Verpackungsmüll nimmt in Deutschland jährlich zu, im Jahr 2018 erreichte sie nach Angaben des Umweltbundesamtes ein Rekordhoch von 18,9 Millionen Tonnen. Demnach sinkt die Mehrweg-Quote bei abgefüllten Getränken seit Jahren und lag 2018 nur noch bei 41,2 Prozent – das seit 2019 gültige Verpackungsgesetz sieht 70 Prozent vor.

Laut dem 2019 von der Heinrich-Böll-Stiftung und dem BUND veröffentlichten “Plastikatlas” wurde von den in Deutschland im Jahr 2017 angefallenen 5,2 Millionen Tonnen Kunststoffabfällen jedoch nur ein Bruchteil recycelt: 3,15 Millionen Tonnen wurden demnach verbrannt. Der Rest wurde teilweise wiederverwertet, darunter fällt allerdings auch der Export ins Ausland. Zudem sortieren die Recyclinganlagen weiter aus und verbrennen Abfälle. Letztlich entstanden nur 0,81 Millionen Tonnen Rezyklat.

Natur- und Umweltschutzorganisationen fordern deshalb effektivere Maßnahmen, beispielsweise eine Ausweitung des Pfandsystems, um die Menge an Verpackungen zu reduzieren. (dpa / js)